Oh, Containerschiffsegeln kenne ich!
(…unter Bezug auf den aktuellen Segelversuch der EVER GIVEN der Reederei EVERGREEN im SUEZ KANAL)
Habe ich auch schon mal gemacht!
Long ago and far away. Damals, 1983.

Als ich noch als echter Matrose auf einem Handelsschiff zur See fuhr. MS ASKANIA hieß der Dampfer. Containerzubringer im Mittelmeer. Keine Ahnung, wie viel Container wir offiziell laden durften, aber vielleicht so 200 oder 300? Zwei Lagen unter Deck im Laderaum. Auf Deck war alles für weitere zwei Lagen ausgelegt.

Aber einmal, da ist was passiert:
In irgendeinem Hafen Nordafrikas hatten wir auf einmal vier Lagen an Deck. Leere Container zwar, aber nur da, wo es wegen der beiden Deckskräne funktionierte, vier Lagen Container übereinander zu stapeln. Na ja, und dann hat halt der Wüstenwind gepustet und zunächst kamen wir gar nicht von der Pier weg, dann traute sich der Kapitän nicht ohne Schlepperhilfe durch die verwinkelte Hafeneinfahrt.
Ist ja irgendwie auch logisch, wenn die Segelfläche über Wasser viel größer als die Rumpffläche unter Wasser ist? Und Kielschwerte haben Containerschiffe ja nun auch nicht.
Mit der MS ASKANIA war ich auch zweimal im SUEZ KANAL – ja, tatsächlich: Der führte auch schon damals durch die Wüste.


Ein Jahr zuvor auf der größeren COLUMBUS AMERICA als Matrose im letzten Lehrjahr (offiziell „Leichtmatrose“) die Kistenfahrt kennen gelernt. Auch dieser Dampfer war eigentlich dafür ausgelegt, nur zwei Lagen Container an Deck zu fahren. Das lag aber wohl nur an der Größe des Bordkrans den diese Schiffe anfangs (Baujahr 1971) mitführen mussten, weil nicht alle Häfen über Containerbrücken verfügten. Irgendwann hat man dann den Bordkran abgebaut und munter hoch gestapelt.


In meiner Erinnerung gab es aber auf diesem Dampfer kein Segelabenteuer. Nur einen echten Sturm im Golf von Mexiko. Da haben wir dann doch glatt ein paar Container verloren und ein paar gingen kaputt und haben Gasflaschen an Deck verstreut. Zum großen Glück: Leere Gasflaschen!

Hat ordentlich gekracht.
Die COLUMBUS AMERICA fuhr im Liniendienst Ost-Küste USA <-> Australien und Neuseeland. Also immer schön durch den PANAMA KANAL. Und dort ist es ja meistens windgeschützt.

Damit man mal die Größenverhältnisse versteht:
Der damals große COLUMBUS AMERICA war knapp 200 Meter lang, 30 Meter breit und konnte so an die 1.400 Container mitnehmen. Mann, kam der mir groß vor. Lauf mal auf Nachtwache von achtern nach vorn und wieder zurück auf Feuerrunde! Das ist schon ein echter Fußmarsch.

Und jetzt kommen so große Pötte wie die EVER GIVEN um die Ecke. Eigentlich „nur“ doppelt so lang und doppelt so breit, aber gut die 20-fache (ca. 24.000) Menge an Containern an Bord. Und wenn man die aktuellen Bilder der EVER GIVEN aufmerksam studiert: Im Moment wirklich rappelvoll gestellt. Ob der Ladungsoffizier an Bord da wirklich noch durchblickt?
Blöd nur, das die Containerschiffe nicht in die Richtung segeln, in die man möchte.
Da braucht man doch eher ein richtiges Segelboot. Den Stormvogel zum Beispiel.
Nur, da passen keine Container drauf.
Peter.
P.S.: Weitere Bilder aus längst vergangenen Berufsseefahrts-Zeiten gibt es hier.
P.S.2: Oder hier.
P.S.3: Oder auch hier.
