Weltweites Internet via Satellit

Als kleiner Internet-Junkie ist mir natürlich ein weltweiter Internetzugang wichtig. Gar nicht mal zum surfen – aber eMAIL muss ja wohl sein. Diese Seite sammelt alle meine Erkenntnisse und Entscheidungen zu diesem Thema und kondensiert so ungefähr eine 40 Stunden Internet-Recherche:

1) Satelliten-Systeme
2) Hardware
3) Tarife (Airtime)
4) Datenübertragung / Datenminimierung
5) Software

1) Satelliten Systeme:
Grundsätzlich stehen mehrere Satelliten-Systeme zur Auswahl. Die Anbieter (=Systembetreiber) heißen IRIDIUM, INMARSAT und THURAYA – innerhalb dieser Netze gibt es dann verschiedene Dienste die unterschiedliche Merkmale haben. Aus meiner Sicht hat nur INMARSAT den Schritt in ein echtes Breitband-Internetsystem bereits umgesetzt. Dieser Artikel bei WIKIPEDIA beschreibt das ganz gut. Wir werden den INMARSAT FleetBroadBand (FBB) Service nutzen. Dieser wird auch von der professionellen Berufsschiffahrt genutzt – dann allerdings je nach Schiffsgröße mit anderen Endgeräten.

 

2) Hardware
Als Erdfunkstation haben wir uns für eine SAILOR 150 entschieden. Der Systempreis liegt bei ca. 7.000 €. Die theoretische maximale Datenrate wird mit 150/150 kbps (up/down) angegeben – das sind dann also:

  • 150 kilo bit pro sekunde (kbps)
  • 18,75 KB/s (Kilobyte pro Sekunde)
  • 0,019 MB/s (Megabyte pro Sekunde)
  • 1,125 MB/min (Mega-Byte pro Minute)

Die Formulierung „theoretisch“ ist wichtig: Es handelt sich um „shared-bandwidth“ (also um mit anderen Anwendern geteilte Leitungskapazitäten) und man darf gespannt sein, welche Raten tatsächlich erreicht werden.

Und nur mal so zum Vergleich: Zu Hause haben wir gemessene (mehr als) 11.000 kbps im downstream und (mehr als) 880 kbps im Uplink – also mehr als die 70-fache Bandbreite. Mal sehen, ob ich mich wieder an die Akustik-Koppler Zeiten erinnern werde.

Mehr Leistung (=Bandbreite = 250 oder 500 kbps) geht mit anderen Geäten, die kosten dann immer so 2-4 tausend Euro mehr. Bei der Montage an Bord muss man auf freie Sicht auf die Satelliten achten – und auf Nähe / Einstrahlwinkel von anderen Antennen – insbesondere der Radarantenne.

INMARSAT als Systembetreiber stellt spezielle Anforderungen an die Endgeräte-Hersteller und so ist es nicht verwunderlich das die Endgeräte sehr, sehr ähnlich aussehen und auch benannt werden:

Daneben gibt es offenbar auch OEM Versionen – aus meiner Sicht nur eine vorgegaukelte Systemvielfalt da alle Systeme gleich arbeiten müssen.

Das tolle an so einer Einheit ist die Antennensteuerung. Dadurch das man verschiedene INMARSAT Satelliten anpeilen muss (…und man sich selbst ja auch bewegt) ist eine permanente Positionierung der Antenne notwendig. Das geht GPS gestützt und innerhalb der Antenne gibt es Schrittmotoren, die die Antenne permant ausrichten.

Einzige echte Alternative wäre das INMARSAT mini-VSAT Netz gewesen. Die Tarife sind Faktor 10 (!!!) günstiger als beim FBB, allerdings kosten die passenden TracPhone Endgeräte glatt mehr als das doppelte. Also muss man ganz gut seinen Bedarf einschätzen und EXCEL quälen. Da wir ja in erster Linie segeln wollen und nicht „surfen“ wollen haben wir uns für die „sparsame“ Variante entschieden.

Die mit Abstand beste Anbieter-Website zu diesem Thema ist www.kvh.com – obgleich dieser Komplettanbieter wohl auch der teuerste ist…aber dazu später mehr. Dort findet man jede Menge Dokumente und Unterlagen.

An ein solches Endgerät hängt man dann per Ethernet einfach seinen PC oder Notebook und das war es dann von der Hardware-Seite. Neben der Antenne und dem Handset gibt es die „below the deck unit“ die in wirklichkeit ein kleiner PC ist. Dort läuft die Antennensteuerung und der lokale TCP/IP Stack incl. einem lokalen Webserver zur Konfiguration. So weit – so einfach.

 

3) Tarife (Airtimes)
Das viel größere Problem ist die Auswahl des Nutzungstarifs. Hier spricht man von der sogenannten AIRTIME – wenn man also nach Tarifen googelt, dann nach AIRTIME suchen.

Hier meine aktuelle (04/2012) Übersicht im Entry-Level Segment:

Faktisch variieren die Tarife von Anbieter zu Anbieter – aber es ist wie im Handy-Netz: Verdienen wollen sie alle, es gibt nichts umsonst und das alles ist in einem Tarifjungle sondergleichen getarnt. Wenn man bei dem einen Anbieter denkt, er sei günstig, dann stellt man bei genauer Untersuchung fest das es wieder Einschränkungen oder notwendige Zusatzservices gibt.

Dreh- und Angelpunkt ist beim FBB die tatsächliche Datenübertragungsmenge – nicht die Übertragungszeit. Bei Kosten von 12-20 US-Dollar pro Megabyte ist der Preis je MB auf den ersten Blick entscheidend.

Einige AIRTIME Anbieter haben Bundles: Für einen festen Betrag im Monat gibt es neben der Bandbreite / Volumen dann noch Gesprächsminuten und/oder SMS.

4) Datenübertragung / Datenminimierung
Alle Provider rechnen natürlich mal eben vor das eine eMAIL ohne Bilder ja nur ein paar Kilobyte habe…aber das ist natürlich nur pures Marketing! Der Protokoll-Overhead (insbesondere bei „wackligen Funkverbindungen) wird in der Regel ebenso verschwiegen wie „unbemerkter IP Traffic“.

Die Minimierung des Datenvolumens muss daher das Ziel sein!

Findige Anbieter liefern also („marktführende“) Komprimierungstools als kostenpflichtige Zusatzservices. Da eMAILs im Internet grundsätzlich unkomprimiert übertragen werden (ein kleiner Geburtsfehler…) scheiden somit alle Standard-Server und Clients aus. Wenn man als Anbieter also komprimieren will, dann muss man an beide Seiten ran: Auf Serverseite bedeutet das für den Kunden das man dort erst mal einen eMAIL Account braucht. Kostet so 10-20 € im Monat. Dafür gibt es dann noch ein Stück PC Software die man installieren muss. Nach meinem Verständnis ist das dann so eine Art eMAIL Proxy der vor dem eMAIL Client sitzt. Durch dieses Verfahren sollen dann komprimnierte eMAILs übertragen werden und so die Datenmenge reduziert werden – an die Protokolle (TCP/IP, POP, IMAP, SMTP) gehen diese Verfahren aber nicht ran.

Für das Surfen via Browser gibt es dann spezielle Proxys der Anbieter die versuchen die Datenübertragung zu minimieren (z.B. grundsätzlich keine Bilder ausliefern, Werbung und Pop-Up´s verhindern etc.). Eine Komprimierung der übertragenen Daten wird nicht viel bringen: Schon seit Jahren ist das HTTP Standard und nur wenige Webserver-Betreiber sind nicht in der Lage, ihre Server entsprechend zu konfigurieren.

Alles im allem recht tricky – so richtig gefällt mir das nicht!

Bei dem teuersten AIRTIME Provider KVH (www.kvh.com) ist das aber anders. Die bieten eine „weltweit einmalige“ KVH VELOCITY Software an – schweigen sich aber auf der eigenen Website darüber aus wie die eigentlich wirkt.

Im „KVH Velocity Acceleration Quick Start Guide“ (2- Seiter der auf der KVH Website nur gegen Registierung geladen werden kann – auf anderen Servern aber frei verfügbar ist) dann der entscheidende Hinweis: Die Software stammt gar nicht von KVH, sondern von Venturi Wireless. Deren Technologie kommt eigentlich aus den Handy-Netzen und setzt auf Protokollebene auf. Das TCP/IP Protokoll war ja nie für „wacklige Funkverbindungen“ gedacht. Hier setzt offenbar Venturi Wireless an und optimiert zunächst den gesamten (!) Protokollstack – also bei eMAILs auch POP, IMAP oder SMPT! Oberhalb dieser Schicht wird dann wie bei den „einfachen“ Anbietern auch zusätzlich komprimiert.

Gegenüber den reinen „komprimierren“ verspricht Venturi 20-50% schnellere Übertragungen. Nun bedeutet schneller ja nicht gleich „weniger Datenmenge“ aber das hängt vermutlich kausal miteinander zusammen.

Neben der Clientsoftware (die tatsächlich als lokaler Proxy fungiert) sind dann in den Sendestellen spezielle Venuturi Boxen notwendig. Nach meinem Verständnis müsste dann KVH eine eigene Server-Infrastruktur betreiben und sämtlichen Traffic darüber routen – oder „ihre“ Venturi Boxen in den INMARSAT Rechenzentren untergebracht haben. Für mich noch undurchsichtig – aber ich werde mal bei KVH nachfragen…

Nun stellt sich folgende Frage: Ist die KVH Optimierung so viel leistungsfähiger das sich dadurch der höhere Preis pro Megabyte rechtfertigt oder ist das am Ende nur wieder ein Nullsummen-Spiel?

 

5) Software
Größte Sorge bereitet mir der unbemerkte IP Traffic. Zu Hause haben wir im Downstream eine reale Bandbreite von mehr als 10 MB/s und natürlich eine Flat-Rate. Da merkt man gar nicht wenn was über die Leitung geht.

Eigentlich ist es eine Unsitte das viele Programme default-mäßig überprüfen ob eine neue Version vorliegt und die sogar ungefragt herunter laden. Das kann man dann zwar irgendwo/irgendwie abstellen, aber man muss erst mal darauf kommen.

Wichtigstes Tool ist NetLimiter. Die Version 2 ist zwar alt – man kann sie aber kostenfrei und ohne Registierung nutzen. Dort gibt es eine Statistikfunktion die stundenweise je Programm/Thread den inbound/outbound Traffic protokolliert. Als ich ein normal aufgesetztes Notebook erstmals damit überprüft habe stellte ich einen StartUp Verbrauch (innerhalb der ersten 60 Minuten) von 3,6 MB fest. Auf die AIRTIME Rates umgerechnet also 30-40 US Dollar…nur weil ich den PC angemacht habe…

Mittlerweile habe ich ihn auf ca. 50 KB herunter – aber das ist mir „nur für das anmachen“ auch noch zu viel!

Auf dem Rechner laufen folgende Programme die sich gerne selbst frisch halten wollen und denen man die Überprüfung auf eine neue Version sowie den jeweiligen Download einer eventuell neuen Version abgewöhnen kann:

  • MS WINDOWS XP
  • THUNDERBIRD (auto update und extensions!) – ferner mit lokalen Ordnern für gesendete Objekte und Entwürfe arbeiten. Und auf die Synchronisation von Kalender und Adressbuch verzichten…seufz ;-(
  • CHROME (geht wohl nur durch einfügen eines Schlüssels in der Registry)
  • ADOBE Flash Player und PDF Reader
  • DIRSYNC (options)
  • KEEPASS (settings)
  • HP Printer (HP Update Einstellungen)
  • FLV Player
  • AVIRA AntiVir Personall (Problem: man kann den Update nicht abschalten, sondern nur auf max. 22 Tage herauszögern)

Dann bin ich noch über „NETSESSION_WIN.EXE“ gestolpert – jede Stunde ein paar Kilobyte zu mir unbekannten Servern. Erster Gedanke Virus – zweiter Gedanke: GOOGLE. Das ist ein Teil von AKAMAI. Wenn man einmal größere Datenmengen über einen großen Provider bezogen hat kann es gut sein, das dieser die AKAMAI Download-Technik einsetzt. Dadurch wird dann dieses „tülchen“ installiert und bleibt für alle Ewigkeit aktiv – bis man es de-installiert.

Eine Homebankingüberweisung via POSTBANK hat mal eben 500 KB verschlungen – da muss ich auch noch dran arbeiten – obwohl ich noch gar nicht weiß, wie man das mit den SMS TAN´s machen will.

Soweit die Zusammenfassung. Mit Chance kommen dann hier noch ein paar Live-Produktionseindrücke – wenn es denn so weit ist.