Die Fähre!
Die Fähre in Norditalien die uns nach Südgriechenland bringen soll!
Ganz anders als die Fähren in Deutschland, Australien, Dänemark, Schweden und Norwegen (…Angeber!). Statt einfach mit dem Auto an einem Schalter vorzufahren und sein Ticket und die Bordinglane auf dem Warteparkplatz an der Verladestation in Empfang zu nehmen, muss man in Ancona (Italien) erst mal ganz schnöde ins Büro. Das ist zwar auch irgendwo im Hafen, aber eben nicht da, wo die Fähren sind. Nun denn, Büro gefunden, mit Maske das Gebäude betreten und nach 20 Minuten Tickets erhalten und der Schnitzeljagd folgend, das nächste Ziel im Hafen in Angriff nehmend: Die Pier.

Wir fahren also wie befohlen zur Pier 16, da gibt es keine nummerierten Wartereihen, sondern einen Typen der meint: Stellt euch mal da hin. Das machen wir auch so, nur damit viel später andere Typen kommen, die meinen, wir stehen da falsch, wir sollten da und da hin. Wohlgemerkt immer noch an Pier 16.

Als unsere Fähre, die Helenic Spirit der Anek Line, am Nachmittag in Ancona ankommt, bekommt der eigentlich im Winterlager befindliche Skipper nicht genug zu sehen! Coole Hafenmanöver von einem schnittig großen Dampfer, völlig ohne Schlepperunterstützung. So entstehen ungestört viele Bilder aus nächster Nähe, bis einem Hafenmann auffällt, das da ein Tourist wie doof Fotos direkt an der Pier macht. Der soll da bloß mal ganz schnell verschwinden…ja, ja, schon klar!




Was dann folgt wirkt auf den Außenstehenden wie eine gehobene Form des absoluten Chaos. Die beiden Laderampen öffnen sich und spucken jede Menge große 30-Tonner LKW´s aus. Sie entkommen dem großen Schiffsbauch Vorwärts, Rückwärts, auf der Pier wendent, nur Meter vom nächsten rückwärts fahrenden Truck. Noch haben wir ja keine Ahnung, was im inneren dieses Schiffes gerade abgeht. Dock spätestens als über die eine Laderampe bereits LKW´s an Bord fahren während auf der anderen immer noch die Trucks aus dem Schiff heraus quellen wird klar: Das hat System! Welches ist unklar, aber es hat ein System! Es muss ein System haben!



Wir stehen immer noch auf unserer neuen Warteposition, die meisten der zu verladenen LKW´s sind schon an Bord. Irgendwann kommt ein uniformierter und meint, „to the ship, to the ship!“. Ja ja, schon klar, wir wollen zum Schiff, aber sollen wir jetzt im Ernst in diesem Getümmel etwa los fahren? Ja, sollen wir.
Über die linke Rampe in den Laderaum. Es dröhnen die LKW Motoren, Geschrei aus allen Richtungen, Abgase dringen in die Nase. War es eben noch gleißend Hell in der prallen Nachmittagssonne von Ancona, wird es mit einem Male schummrig dunkel. Wir sollen im Laderaum über eine dort befindliche weitere Rampe ein Deck höher in Richtung Bug fahren.Für uns anspruchsvoll, doch wenn die großen Lastwagen da rauf und runter kommen, werden wir das ja wohl auch hin bekommen. Oben angekommen geht es wieder zurück in Richtung Heck. Zwei laut schreiende Einweiser bugsieren die ankommenden Fahrzeuge in ihre endgültige Parkposition. Laut schreien müssen sie auch. Denn es ist unglaublich laut! Beide Ladedecks sind eigentlich nur rechteckige Schuhkartons die in der Mitte längsschiff durch Treppenhäuser und Versorgungsleitungen getrennt sind. Wir sollen wenden und rückwärts vor einen LKW. Kein Problem, doch jetzt wird es sehr eng und stählerne, gelb gestrichene Stützen die das darüber liegende Deck tragen tauchen unvermittelt im Rückspiegel auf. Die ob der Mannöver arg geforderten LKW Motoren und das Geschrei in allen Sprachen dieser Welt ist ohrenbetäubend. Als es um die Feinarbeit geht vernehmen wir mit einem male Deutsch: Rechts, Links, Weiter, weiter, weiter und schließlich Stop!
Knapp 10 Zentimeter kommen wir vor dem Führerhaus eines LKW´s zu stehen, zu beiden Seiten ist der Abstand etwas größer, aber von einem dieser gelben Stahlträger trennen unsere noch makellose Fahrzeugaußenhaut vielleicht 5 Zentimeter. Derweil kommen weitere LKW´s, die meisten parken nun vorwärts ein. Das heißt, sie müssen bei Ankunft rückwärts wieder raus bugsiert werden.
Unsere Sachen sind schon längst gepackt. Klamotten für eine Nacht, Waschzeug, Computer und Kamera gegriffen, Auto abgeschlossen und sich das Heck von Deck 6 als Parkposition gemerkt. Über das erste erreichbare Treppenhaus nach oben. Komisch, das hier jetzt so gar nichts beschriftet ist? Wohl nicht für Passagiere gedacht. Nicht ein Hinweisschild findet sich und so kommen wir auf Deck 10 heraus und müssen uns erst mal zurecht finden. Mittschiffs ist ja immer gut, zwei Decks runter und schon sind wir da, wo wir sein sollten: An der Rezeption!
Seit dem wir das Auto verlassen haben tragen wir unsere Masken, das wird an Bord auch so verlangt. Wir bekommen unsere Kabinenkarten und ein Page bringt uns mit dem Aufzug zurück auf Deck 10. Welch Luxus!
Die Kajüte ist OK und ähnelt sehr denen auf den Fähren im Norden. Zwei Einzelbetten, Nasszelle und ein leerer Kühlschrank. Eigentlich sind diese Fähren wohl auch gar nicht auf Passagiere ausgelegt, sondern auf den Transport von LKW´s. Die Fahrer sind dann eher Beiwerk. Keine Ahnung, wo die unter kommen. Würde mich nicht wundern, wenn die Fahrer einen Urlaubstag für die gut 20 stündige Passage einreichen müssten und ihr Essen an Bord selbst bezahlen sollten. Bier, so finden wir heraus, bekommen die LKW Fahrer zum halben Preis. Wir nicht. Wir sind halt schnöde Touristen.
Obwohl die beiden Laderäume sehr voll wirkten, laufen auf dem „Vergnügungsdeck“ kaum Menschen herum. Schade ist, das man nur achtern nach draußen kann und keinen freien Außenblick nach voraus bekommt. Aber so verfolgen wir am Heck aufmerksam das Ablegemanöver und wundern uns noch immer darüber, das es beim Ent- und Beladen keine Unfälle gegeben hat.


Nach passieren der Hafeneinfahrt gehen wir auf dem Vergnügungsdeck 8 nach vorne in die leere Mythos Bar und genießen den Blick auf eine völlig ruhige Adria. Wir können uns nicht erinnern, jemals ein so ruhiges Meer gesehen zu haben.
Derweil hat unser Gastdampfer nun Reisegeschwindigkeit erreicht und selbst ganz vorne ist die Vibration der Maschinen noch sehr wohltuend zu spüren.

Für den Abend haben wir uns ein Picknick aus dem Auto mitgebracht. Die wie unsere Kajüte auf Deck 10 befindliche Disco ist Coronabedingt geschlossen und so wird das mit dem sowieso nicht vorgehabten Tanzen auch spontan nichts. So eine leicht schwankende und vibrierende Koje ist ja zur Abwechselung auch nicht schlecht.
Bei Sonnenaufgang passieren wir an der Backbordseite Albanien und an der Steuerbordseite Corfu. Tatsächlich waren wir 2015 mit dem STORMVOGEL genau in diesem Revier auf Nordwestkurs, jetzt in die Gegenrichtung und halt ein paar Nummern größer.
Die Handys stellen wir lieber auf Flugmodus, loggen sie sich doch immer wieder in das Mobilfunknetz von Albanien ein – das ist immer noch richtiges Ausland! Nix EU Rooming.
Wir nähern uns dem planmäßigen Zwischenstopp Igoumenitsa in Griechenland und sind gespannt, wie das Hafenmanöver gefahren wird. Gutes Wetter, aber ordentlich ablandiger Wind. Unser Dampfer geht mit dem Heck zu Pier, keine Landverbindung zu beiden Seiten, kurz mal zwei Heckleinen rüber, dann offenbar Maschine langsam voraus und in einem Affenzahn verlassen ungefähr 50 Trucks und ein paar PKW´s das Schiff. Keine 30 Minuten später sind wir wieder unterwegs. Dolle Sache das!





Im Prinzip kann man die Küste immer gut erkennen und wir verbringen den Nachmittag auf dem Achterdeck. Direkter Kurs auf Patras, der großen Stadt im Norden des Peloponnes, gleich neben der riesigen Rio Andirrio Brücke, die wir 2015 auf Heimatkurs mit dem eigenen Boot passiert haben.

Gegen 15:00 Uhr ist der Dampfer angebunden und wir sitzen schon seit 20 Minuten startklar in unserem Auto. Doch vor uns stehen viele, sehr viele LKW´s und die müssen alle die schmale eine Rampe runter. So mancher LKW Fahrer macht seine Sache sehr gut, andere brauchen viel Unterstützung von den Einweisern. Die ihre Sache wirklich sehr gut, aber auch sehr riskant machen. Oft sind weniger als 10 Zentimeter Abstand zwischen den Fahrzeugen, das ist eng. Das ist sehr eng. Die Einweiser turnen und wuseln nur so um die LKW´s herum, ein falsches Manöver und sie würden eingequetscht. Spätestens wenn die Trucks dann die Rampe runter fahren wird es noch enger, denn die Außenspiegel sind jetzt ausgeklappt und schleifen manchmal am Geländer. Aber da steht kein Einweiser mehr. Gegen 16:30 Uhr sind wir frei geparkt und wir dürfen los. Endlich!

Wir verlassen das schwimmende Parkhaus ohne Blessuren am Fahrzeug über die innere und äußere Rampe und sind froh´, die Anreise nach Griechenland hinter uns gebracht zu haben.




Nun wird es jedoch noch mal spannend. Wie von Griechenland gefordert, haben wir im Vorfeld der Reise online ein PLF (Passenger Locator Form) ausgefüllt und wie von Griechenland versprochen, haben wir tatsächlich in der Nacht eine eMail mit einem Barcode von der Griechischen Regierung bekommen. Dieser Barcode ist für eine Einreise in Coronazeiten zwingend notwendig. Und, tärä, wir werden tatsächlich angehalten und müssen das PLF Dokument (als eMail Anhang PDF) mit dem Barcode vorweisen. Ein Scan, ein Blick, alles klar.
Nun aber wirklich: Willkommen in Griechenland, willkommen in Patras!
Die Verkehrsführung will uns zügig auf die Autobahn leiten, das wollen wir aber nicht. Ein Supermarkt wäre jetzt nicht schlecht und dank Herrn GOOGLE finden wir auch einen. Auf dem Weg dahin tanken wir das Auto voll mit Diesel. Für 1,019 € je Liter. Sensationell günstig. Jedoch, so denken wir später, irgendetwas stimmt mit dem Stoff nicht. Keine andere Tankstelle ist so günstig (eher 1,109 €) und die Verbrauchsnadel bewegt sich relativ schnell gen leer.

„Voll“ getankt und frisch versorgt machen wir uns auf den Weg zu unserem ersten Übernachtungsplatz. Mal wieder mit PARK4NIGHT ausgekundschaftet. 60 Kilometer in der Abenddämmerung gen Osten, nach Egialia, ins PLO Beach Cafe. Angenehm warm. Und aufregend fremd die Fahrt durch die Straßen. Definitiv Mittelmeer, fast schon ein wenig eine arabische Anmutung. Vielleicht auch Einbildung.

Den Platz bei Egialia zu finden ist trotz Navi gar nicht so leicht, aber natürlich gelingt es doch. Um diese Jahreszeit sind wir zunächst die einzigen Gäste und der geschäftstüchtige, aber durchaus sehr freundliche Besitzer überzeugt uns schnell, bei ihm zu Essen. Sein Geschäftsmodell: Wenn man 30 € für Essen und Trinken in seiner kleinen Taverne bei ihm lässt, braucht man für den Standplatz nichts zu bezahlen. Das bekommen wir hin, natürlich.

Später am Abend kommt nur noch ein weiteres Auto und so bleibt sie sehr ruhig, unsere erste Nacht auf dem Peloponnes.
Nach drei Tagen unterhaltsamer Anreise, 1.700 Autokilometern und gut 20 Stunden Fährfahrt sind wir da, wo wir hin wollten.
Im warmen und sonnigen Griechenland!
Hurra!
Peter.