Nach sieben Tagen verlassen wir LAGUNA VERDE.
Die ehemalige Beifahrerin übernimmt das Lenkrad und wird offiziell Fahrerin. Der ehemalige Fahrer bleibt der ehemalige Fahrer. Ehemaliger Fahrer klingt alle male besser als Beifahrer. Zumal mit „Ehemals“ kennt sich der ehemaliger Fahrer sowieso perfekt aus. Was der schon alles mal war…
Die ersten einhundert Kilometer sind für die Fahrerin durchaus herausfordernd. Dichter morgendlicher Verkehr im Großstadtumfeld. Der ehemalige Fahrer beißt sich halb die Zunge ab um nichts zu sagen. Hier und da mal eine dezente Navigationshilfe, denn das TOMTOM GO muss man wirklich auch erst mal mit seinen wilden Anzeigen verstehen. Der Stimme beraubt ist das Teil schon seit MONTEVIDEO. Quatschte einfach zu viel.

Der Plan ist mal wieder einen vierhundert Kilometer Sprung zu machen um dieses Gegend zu verlassen und wieder etwas ländlicher zu werden. Südlich von LA SERENA gibt es eine große Bucht mit drei Campingplätzen am Strand und dem Ort TONGOY in der Nähe. Fahren wir mal hin und sehen nach, ob da so was wie beach life möglich ist?
Bis auf eine hektische Phase auf einem vollen Supermarktplatz entlang des Weges bleibt die Tagesreise ereignislos. Wir bleiben mal wieder auf der Autobahn, der Ruta 5, hier auch stolz „PANAMERICANA NORTE“ genannt. Das ist teuer. Insgesamt berappen wir an sieben Mautstationen gut 20 €. Na ja, dafür kommen wir auch vorwärts. Zumal die Fahrerin offenbar Freude am Gaspedal hat und KNAUSi mal so richtig durchziehen lässt.

Der in TONGOY ausgesuchte Campingplatz ist voll und der sehr junge Mensch hinter dem Tresen will sich auch nicht fest legen, wann man einen Platz bekommen könnte. Der Platz nebenan auch nicht. Aber der Dritte, CAMPING CONRADO, der zwar bei GOOGLE MAPS geführt wird, aber noch nicht in iOVERLANDER notiert ist, der hat Platz für uns. Für einen unverschämten Kurs von gut 30 € pro Nacht. Mit kalten Duschen und erst mal eine halbe Stunde Müll vom Standplatz weg räumen.
Auf der anderen Seite:
Direkt am Strand, in Laufweite zur Stadt, sehr ruhig. Am Ankunftstag noch recht voll, doch die Schulferien in CHILE enden am 3. März und jeden Tag reisen Menschen ab. In der Tat sind wir die einzigen Ausländer weit und breit. Und das einzige Wohnmobil sowieso. Von den Eingeborenen werden immer freundlich mit „Buenos“ gegrüßt und grüßen selbstverständlich auch immer freundlich zurück. Für die Folgetage verhandeln wir einen geringeren Preis, ohne Probleme. Besser heute 10.000 Pesos als Morgen vielleicht 20.000. Haben wir schließlich mal in MAROKKO gelernt.
TONGOY ist ein echtes Seebad mit unzähligen Restaurants am Strand, einem echten, richtigen Fischmarkt, einem riesigen Wochenmarkt und vielen Touristen. Jedes Restaurant hat natürlich einen Koberer vor der Tür stehen der einen auch anspricht. Aber mit einem freundlichen, „No, Gracias“ lassen sie auch alle direkt von einem ab und sprechen den nächsten an. Sehr angenehm.

Der Drink der Stunde heißt „PISCO SOUR“ und wird in jeder Bar anders zubereitet. Entsprechend schmeckt er mal astrein und mal so la la. Die genauen Hintergründe dieses Getränks werden wir ab Morgen erkunden, wenn wir ins nahegelegene PISCO Tal fahren und örtliche Destillerien in Augenschein nehmen werden. Hier in TONGOY rühren sie den Stoff auch in etwas größeren Gläsern an, was durchaus sehr hilfreich ist.
Auf dem Fischmarkt kann jeder ganz normal Fisch kaufen, obwohl unklar bleibt, wer eigentlich diese riesigen hier angebotenen Mengen überhaupt kaufen soll. Einige Fischhändler haben erkannt wie sie mehr Geld pro Kilo Fisch bekommen können und richten ihn appetitlich an. In Zitroneneinsaft gegart, mit Salz, Kräutern, Zwiebeln. Im weiteren Sinne wie Bismarckheringe, nur eindeutig viel leckerer. Für so einen kleinen Becher mit angerichtetem Fisch nehmen sie etwas über 3 €. OK, Arbeitszeit fürs Anrichten kostet auch und dem ehemaligen Fahrer schmeckt das so gut, das er gleich vier Portionen zum Sonderpreis im großen Becher mitnimmt. Wenn schon kein Fischbrötchen mit ELEFANT, dann eben eingelegter roher Fisch und BECKER GOLD. Irgendwie muss man ja als „ehemaliger“ was auch immer sehen, wo man bleibt, gell?
Riesige schwarze Pelikane haben auch Appetit auf Fisch. Die einen fangen ihn selbst direkt vor dem Strand im Wasser in dem sie aus geringer Höhe im Sturzflug unter Wasser einem Fisch seines Lebens berauben, ehe der sich versieht.
Andere lungern faul am Fischereihafen herum und geiern um die Wette mit den Möwen um die Abfälle der Fischer.
Hatten wir ja schon.
Jeder muss selbst sehen, wo er bleibt.
Peter.
P.S.: Mit einem gewissen Stolz vermelde der Schreiberling hiermit, das er, vermutlich das erste Mal auf der gesamten Reise, a Jour mit dem Blog ist. Dieser Beitrag entstand tatsächlich an unserem letzten Tag in TONGOY, am Strand, im wohlig kühlen Schatten.
Sieben Tage LAGUNA VERDE.
Fünf Tage TONGOY.
Aaaaah, es ist zum greifen nahe, das Lotterleben im Bus!