SA2223: T1 – Ankunft Montevideo

Wir sind in MONTEVIDEO, oder, wie unser in Geographie durchaus bewanderter Enkel immer zu sagen pflegt: „monteVIDEO“!

Was für eine Tortour!

Mit dem Shuttletaxi von ELMSHORN zum Flughafen HAMBURG. Kostet heutzutage ein kleines Vermögen, aber wenn der Diesel über 2 € den Liter kostet kann der Fahrer wirklich nix dafür. Kleine Frecheit, das die eigenen Kinder einfach das Haus verlassen haben, nach dem sie einen Führerschein in der Tasche hatten.

Die gesamte Erwartungshaltung bezüglich Einchecken und Gepäckaufgabe wird von der modernen Realität über den Haufen geworfen. Wir begegnen am Flughafen Hamburg nur noch Automaten und Roboter. Völlig emotionslos, völlig maschinell.

Offene Frage:
Wenn man nur noch mit Maschinen interagiert, wird man dann nicht irgendwann selbst zur Maschine?

Einchecken:
Mit Reisepass, aber der Automat hat nur zwei Bordkarten für uns auf Lager. Hamburg -> Zürich und Zürich -> Sao Paulo. Die Blechkiste meint, weiter könne er nicht und wir sollen uns an Menschen wenden.

MV Grande Sierra Leone im Hafen von MONTEVIDEO am 14. Oktober 2022

Die gibt es im Terminal 2 zu Hamburg aber nicht mehr.

Besonders spaßig wird die Gepäckaufgabe. Hier hilft zwar eine sehr freundliche Brasilianerin im Namen der Lufthansa bei der Bedienung des Roboters. Der wiegt das Aufgabegepäck (21 kg), druckt den Gepäckaufkleber, den man selber anbringen muss und dem Roboter das dann per Tasteneingabe bestätigt. Dann soll ein Fließband das Gepäck abtransportieren. Macht es aber nicht. Die Tasche bleibt genau da, wo wir sie abgestellt haben. Der Roboter merkt rein gar nichts…bleibt einfach stehen. Die Frau aus Brasilien versucht mit dem Fuß das Fließband anzuschieben, doch das Teil ist störrisch und will nicht.

Hinterhof in MONTEVIDEO

Abbrechen und sein Glück an einem anderen Roboter versuchen geht auch nicht. Schließlich haben wir an genau diesem Roboter unseren Gepäckaufkleber schon gedruckt. Doch irgendwie und irgendwann schafft es der Mensch (hier im besonderen eine Frau aus Brasilien) den bockigen Roboter zu überlisten, zu einem anderen umzuziehen und das erste Gepäckstück endlich wie gewünscht auf die lange Reise zu bringen.

Das zweite Gepäckstück funktioniert auf Anhieb, auch exakt 21kg. Wie toll ist das denn wohl gepackt. Kein Lob vom Roboter. Natürlich nicht.

Für unser Handgepäck interessiert sich NIEMAND. Wirklich niemand. Weder in HAMBURG, noch in ZÜRICH, noch in SAO PAULO.

Und genau das hat dem designierten Fahrer so viel Hirnschmalz gekostet. Tolle Wurst.

Die Schlange an der Security ist endlos, die angezeigte Wartezeit von 10 bis 20 Minuten eine glatte Lüge (tatsächlich 50 Minuten). Wie zum Hohn tragen alle (wirklich ausnahmslos ALLE) Security-Mitarbeiter keine Maske, während alle paar Minuten eine freundliche auf Frau getrimmte Roboterstimme per Lautsprecher darauf hinweist, das man bitte eine Maske trage möge. Machen wir, wie vielleicht 20 andere auch unter den tausenden Ignoranten.

Haus in MONTEVIDEO

Alle drei Flieger sind rappelvoll. Der Langstreckenflug von ZÜRICH nach SAO PAULO mit knapp 12 Stunden Flugzeit ist eine einzige Folter und daher nur einmal im Kalenderjahr zu ertragen. Der Blick in die sichtbare PREMIUM ECONOMY CLASS macht nicht besonders neidisch. Dafür gut 1.000 € mehr pro Person? Nö, dann lieber quälen lassen! Hurra!

In ZÜRICH können sie uns auch nicht für den letzten Flugabschnitt einchecken. Das klappt erst in SAO PAULO, ist aber erst dann völlig schmerzfrei, als wir nach dem Aussteigen eine Lufthansa Mitarbeiterin (neudeutsch „GROUND STAFF“) finden, die uns durch die erneute Security schleust. Ohne Bordkarte kommt man da normalerweise nicht durch.

Immer wieder erstaunlich, wozu Menschen gut sind.

Obwohl Hauptstadtflughafen ist der in MONTEVIDEO eher klein, sogar sehr, sehr klein. Unser Gepäck ist bereits da, nach dem wir durch die Grenzkontrolle sind. Der designierte Fahrer erträgt würdevoll einen Einreiseroboter und sein Portrait in dessen Kamera. Soch wer ist bloß dieser Typ auf dem Bildschirm?

VW Käfer in MONTEVIDEO

Die Beifahrerin behandelt den voll automatisierten Grenzbeamten offenbar völlig respektlos, dieser weist sie entsprechend konsequent ab und sie muss sich einem Menschen stellen!

Und wie ungerecht es zugehen kann:
Sie, die Roboterignorantin bekommt einen schicken Einreisestempel von URUGUAY in den Reisepass.
Er, der folgsame, hinterlässt nur digitale Einreisespuren auf irgendwelchen Festplatten in irgendwelchen Rechenzentren.
Das mit dem Stempel, das wird noch relevant…

Die übliche Verarsche mit Geld wechseln am Flughafen zu völlig absurd schlechten Kursen und Taxis, die den Weg nicht finden und dafür aber ordentlich Geld verlangen lassen wir nahezu klaglos über uns ergehen. Das muss so sein. Dafür, und nur dafür sind wir Touristen da.

Endlich im Hotel angekommen werden wir belohnt!

Das FAUNA zu MONTEVIDEO ist zu schön um wahr zu sein! Wirklich klasse! Irgendwo zwischen Zimmervermietung und Hotel anzusiedeln, aber die schönsten Zimmer ever.

Weil es gerade erst Mittagszeit ist, stellen wir nur schnell unser Gepäck ins Zimmer und gehen sofort los, um KNAUSi aus dem Hafen zu befreien! Der Laufzettel vom Transporteur SEABRIDGE gibt die Reihenfolge vor.

Erst zur IMIGRATION und dort einen Zettel besorgen.

800 Meter Fußweg.

Man stelle sich eine offene Halle vor, links die 10 offen sichtbaren Arbeitsplätze der Sachbearbeiter, davor ein paar Bänke voller wartender Menschen. In der Mitte eine stehende Menschenschlange, die zu einem Empfangstresen führt, rechts eine besonders gesicherte Kasse. Zwei Securityleute am Eingang. Nach dem wir am Empfang unser Anliegen geschildert haben grinsen die beiden Frauen nur wissend, zeigen auf eine eigene Kopie unseres Laufzettels und nehmen uns die Reisepässe ab. Wir sollen uns setzen und warten.

Das mit dem Sitzen klappt nicht auf Anhieb. Zu viele Menschen wollen am Freitagnachmittag einen Behördengang erledigen. Irgendwann landen wir sitzend neben Pablo. Der kommt zwar aus URUGUAY, spricht aber recht gut deutsch. Weil er 12 Jahre an einem MAX PLANCK Institut in Süddeutschland gearbeitet hat. Er sitzt hier mit seiner Frau, weil er schriftlich und vor den Behördenmitarbeitern erklären muss, das er nichts dagegen hat, das seine Frau und seine beiden minderjährigen Töchter das Land ohne ihn verlassen.
Die drei wollen nächste Woche mal kurz rüber nach BUENOS AIRES, zum COLDPLAY Konzert.

Strasse in MONTEVIDEO

Merke:
Kein Elternteil darf in URUGUAY gemeinsame Kinder ohne die Einverständniserklärung des anderen Elternteils außer Landes bringen. Auch nicht, wenn es um COLDPLAY geht..

Die Zeit vergeht dank des Plausches mit Pablo recht schnell und fast überhören wir, das eine Sachbearbeiterin den Namen „Heidi“ ausruft.

Ah´, das sind wir!

Wir werden zu einem durch Plexiglas getrennten Schreibtisch geleitet und die Sachbearbeiterin merkt schnell, das wir der spanischen Sprache nicht mächtig sind. Pablo gesellt sich dazu und bietet seine Hilfe an…und verhandelt direkt mit, das er sein Anliegen unmittelbar im Anschluss an uns bei der gleichen Sachbearbeiterin vorbringen darf.

Chinchi for Chinchi könnte man mal sagen.

Wir gut das die designierte Beifahrerin einen frischen Einreisestempel in ihrem Pass hatte. So als Fahrzeughalterin. Nach zwei Minuten sind alle Angaben gemacht, nach weiteren drei Minuten haben wir 303 Pesos (ca. 8 €) an der gesicherten Kasse bezahlt und bekommen unser wozu auch immer notwendiges Papier.

Wirklich verschlossene Tür in MONTEVIDEO

Als nächstes zum Spediteur im neunten Stock eines Protzbaus am Hafen. 700 Meter Fußmarsch. Hier wird in US-Dollar bezahlt und das nicht zu knapp. Vermutlich noch nie so viel Geld in 2 Minuten für ein Stück Papier bezahlt. Das soll bezeugen, das das Auto das unsere ist.
Doch wir bekommen das Originalpapier gar nicht. Die „BILL OF LADING“ könne noch gar nicht ausgestellt werden, weil die „GRANDE SIERRA LEONE“ noch in „Operations“ sei. Stimmt, der Dampfer liegt immer noch im Hafen von MONTEVIDEO und die Kräne bewegen sich.
Man werde, hoch & heilig versprochen, das Dokument der Begierde gleich am Montag Morgen an den Zollagenten schicken. Immerhin bekommen wir eine schicke Quittung für das viele Geld.

Und zum Dritten zum Zollagenten, der sich um die dortigen Formalitäten wissend kümmern wird. 500 Meter. Aber der ist nicht da. Zücken wir also unser Telefon, bereits mit einer lokalen ANTEL SIM Karte ausgerüstet und rufen zum Ortstarif an. Ja, sagt Eduardo, er sei nicht da und arbeite im Hafen. Aber um 16:00 Uhr könnten wir uns treffen. OK, jetzt ist es 14:30 Uhr Ortszeit und vielleicht ist es wirklich an der Zeit für eine Pause. Nach 32 Stunden Reise…

Viele Liebesschlösser an einem Brunnen in MONTEVIDEO

Mit Speis & Trank zu vergleichbar deutschen Preisen gestärkt pilgern wir zurück zu Eduardo dem Zollagenten, aber unser Klingeln wird immer noch nicht erhört. 10 Minuten später rennt ein gestresst wirkender Mensch auf uns zu, schließt die Tür auf und erklärt uns bereits auf der Treppe völlig abgehetzt, das er eigentlich gar keine Zeit für uns habe. Er müsse nun unverzüglich nach Hause, weil sein jüngster Sohn heute mit bestandenem Abitur feierlich aus der Schule verabschiedet werde und er müsse unbedingt dabei sein. Sage seine Frau, jedenfalls.

In Rekordzeit werden sämtliche Dokumente fotokopiert, aber den Vertrag und die Vollmacht für ihn, den machen wir nicht mehr. Das sollen wir lieber Montagmorgen machen, am Wochenende passiere sowie nichts.
Tja, dann hätten wir uns genau genommen jetzt ja auch nicht mehr treffen brauchen und er hätte genug Zeit für seine Familie.

Aber er ist halt Dienstleister.
Besser, den Kunden an den Haken zu nehmen, wenn er gerade vorbei schwimmt. Nicht, das er, der Kunde auf den Gedanken kommt, ohne ihn das Auto aus dem Zoll zu bekommen. Soll ja schließlich auch irgendwie gehen.

Anyhow.

Mittlerweile ist 17:00 Uhr, wir sind mittlerweile völlig platt und wackeln entschlossen zurück zum Hotel.

Eigentlich wollen wir nur kurz mal Pause machen, duschen, uns ausstrecken und später schön Essen gehen.

Das fällt dann aber doch aus.

Als wir das erst mal wieder wach werden ist es 04:00 Uhr…

…wir drehen uns einfach noch mal um.

Wie schön!

Peter.

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