Direkt an unserem Campingplatz, auf dem Weg zum Strand seht ein Wegweiser.
Er zeigt Richtung Wasser, zum Horizont.
„AFRIKA 15km“ ist darauf zu lesen.

Was fehlt ist der Warnhinweis, das 14 Kilometer davon auf einer Wasserstraße zurück zu legen sind. Die ist zum einen sehr stark in OST/WEST und WEST/OST Richtung von gigantisch großen Schiffen befahren, zum anderen ohne schwimmenden Untersatz schlicht nicht zu überwinden.
Und auch wenn die politischen Zeichen der Großwetterlage zwischen SPANIEN und MAROKKO neuerdings auf Freundschaft stehen, ist unser eigenes Timing nicht besonders gut. Frühestens zum 1. April 2022 ist mit einer Entscheidung bezüglich der Einreise nach MAROKKO von Touristen mit dem eigenen PKW oder Wohnmobil mit einer Fähre zu rechnen. Fast noch eine Woche!

Eine Woche am Strand bei bestem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen könnte man sich ja noch vorstellen, doch hier unten, am beinahe südlichsten Punkt EUROPA´s ist es entweder kalt, es regnet wie bekloppt oder es herrscht Sturm, wie jetzt gerade.
OK, nicht zu viel meckern. Schon klar.


Der Regen hat zur Folge, das der RIO JARA, der dem Campingplatz seinen Namen gegeben hat, über die Ufer getreten ist und den direkten Weg zum Strand versperrt. Bisher hat man offenbar drei Straßenbrücken über den Fluß bauen müssen, die Relikte der alten beiden Brücken stehen noch in der Gegend herum. Also pilgern wir größtenteils über die viel befahrene Straße zu Fuß nach TARIFA. Immerhin knapp 6 Kilometer, one way. Von den neu erbauten Außenbezirken der kleinen Stadt soll man sich nicht täuschen lassen. Es gibt eine kleine, aber sehr sehenswerte Altstadt im inneren, mit kleinen, sehr kleinen Gassen und Wegen, Hinterhöfen und einer kleinen Markthalle mit Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch. Und Klamotten und Krims-Krams, weil das wohl in der Neuzeit mehr Kunden mitten in der Altstadt anzieht als das Lebensnotwendige.
Der tatsächlich südlichste Punkt, die Insel ISLA DE TARIFA beherbergt den örtlichen Leuchtturm und ist für Touristen derzeit unerreichbar. Das Tor zur alten Festung ist mit einem Eisengitter verrammelt. Etwas enttäuschend, MAROKKO nicht noch näher zu kommen.

Im Hafen von TARIFA liegt jedenfalls schon mal keine Fähre. Vermutlich nach ALGECIRAS, gleich um die Ecke, abgezogen. Jedenfalls so lange keine Verbindung angeboten werden darf. Uns ist es egal, ob wir von TARIFA oder ALGECIRAS nach TANGER übersetzten können – Hauptsache, wir können, besser: wir dürfen überhaupt!
Es ist nicht so, das wir unter Zeitdruck stehen, aber natürlich müssen wir nach über 30 Tagen des nutzlosen Diesel Verbrennens auch mal überlegen, wie viel Zeit wir mindestens in MAROKKO verbringen wollen. Bisher war die Lesart: Wir fahren hin und wenn es langweilig wird, fahren wir zurück. Das könnte jetzt aber langsam knapp werden. Man ahnt es schon, die beiden Reisenden verwandeln sich mal eben so in emsig Verhandelnde, die um jeden Tag feilschen. Dabei sind die arabischen Basare doch noch auf der anderen Seite der Meerenge!

Am riesigen Strand vor unserer Haustür tummeln sich jede Menge Kitesurfer und auch solche, die es werden wollen. Kiteschulen stecken ihre Fahnen in den Sand und bringen den Leuten im 1:1 Unterricht den Umgang mit den Drachen bei. An Land. Natürlich.
Völlig abgefahren sind die Kiteboards, die foilen. Diese verrückten Gefährte haben unter dem eigentlichen Brett so eine Art Tragflügel. Damit steigt das Board bei entsprechender Geschwindigkeit aus dem Wasser und das ganze Ensemble aus Drachen, Drachenlenker und Board wird noch schneller, weil der Wasserwiderstand noch geringer wird. Schneller, immer schneller!

Erscheint ein besonderer oder ein besonders großer Dampfer am Horizont der in die Straße von GIBRALTAR einläuft oder diese verlässt braucht der Fahrer nur die Kamera zu holen und mit dem 200mm Objektiv auf den Auslöser zu drücken. Die in der Regel schlechte Sicht vernebelt die Fotos zwar ein wenig, verleiht diesen aber eine ganz besondere Note. Wenn wir noch länger hier bleiben, kommt, so lange es trocken ist, bestimmt auch noch mal das ganz große Objektiv auf Stativ zum Einsatz. Dabei haben wir es ja.
Die Sache mit dem Durchblick ist sowieso so eine Sache: Mal kann man MAROKKO klar und deutlich sehen, mal ist es verschwunden. Mal kann man in der Nacht die glitzernden Lichter der Küste gut erkennen, mal ist am Horizont einfach nur Stockdunkel.

Gar nicht so einfach, wenn sich das Land der Begierde auch noch bewegt. Oder sich in Nebel, Sandstürme oder Regenwolken hüllt.
Alles hat einen Grund.
Alles ist miteinander verbunden.
Und so was kommt bekanntlich immer von so was.
Peter.