Die Führung in PARANAL ist so gegen 1600 vorbei und wir wollen, wir müssen Strecke machen. Denn wir haben uns für den Abend des 5. März 2023 in SAN PEDRO DE ATACAMA mit neuen Freunden verabredet.
Ja, das gibt es tatsächlich. Neue Freunde. Aber nur wen man reist. Wenn man zu Hause auf dem Sofa sitzt, bleibt man wohl nur im ewig gestrigen verhaftet.
Das sind knapp fünfhundert Kilometer. In einem Rutsch nicht vernünftig zu schaffen. Wie wählt man einen Übernachtungsplatz aus, wenn es eigentlich gar keine vernünftige Auswahl entlang der Stecke gibt?

Genau! Man wählt das vermeintlich kleinste Übel, fährt am Abend noch eine Teilstrecke und landet in SIERRA GORDA. Einem staubigen Kaff entlang einer viel befahrenen Bundesstraße. Für uns ist ja immer wichtig, im Hellen anzukommen. Das klappt auch gerade so. Der als Picknick Platz geführte Übernachtungsplatz ist schnell gefunden und auf den ersten Blick viel besser, als gedacht. Selbst die in iOVERLANDER erwähnte hungrige Katze ist da, wo sie sein soll.
Wir sind völlig alleine, kochen, füttern die Katze, spülen und gehen ins Bett. Gegen Mitternacht geht mal wieder eine Open Air Disko gleich neben an los. Ohne das wir es im Schlaf bemerkt haben sind ein paar hundert Meter weiter zwei, drei Autos mit Leuten gekommen, die in dieser Samstag Nacht mal so richtig feiern wollen. Da hilft nix, außer vielleicht Ohrenstöpsel?
Schon klar, wo soll auch sonst die Jungend von SIERRA GORDA sehr laute Musik hören und mal einen drauf machen?
Gegen 0500 ist der Spuk vorbei, gegen 0900 verlassen wir den wieder menschenleeren Platz und die hungrige Katze.

Die Fahrt führt durch die regionale Großstadt CALAMA, der örtliche LIDER Supermarkt entpuppt sich als wahre Leckerbissen-Oase mit echt guten Sonderangeboten für kleine metallische Zylinder und roten Traubensaft.
Ein paar Bilder auf der staubigen Strecke, aber im Wesentlichen einfach nur Kilometer machen.
Als wir das Buschcamp im Süden von SAN PEDRO DE ATACAMA erreichen sind die neuen Freunde schon da, großes HALLO, einrichten, schnacken und so ganz nebenbei in fast schon vertrauter Gemeinsamkeit ein festliches Abendessen bereiten. Schließlich muss etwas gefeiert werden, das eigentlich keiner Feier bedarf. Meint jedenfalls der ehemalige Fahrer.
Als dieser dann auch noch feierlich ein echtes Geschenk von den neuen Freunden überreicht bekommt, wird er, der ansonsten mürrische alte Mann doch recht sentimental. Es ist das Unerwartete, das uns glücklich macht.
Das Buschcamp ist so ganz nach dem Geschmack der kleinen Reisegruppe. Gute Stellplätze, Schatten, Wasser, etwas Abseits der touristischen Ziele und natürlich eine Waschmaschine. Der Betreiber weiß ganz offenbar, wie er Camper glücklich machen kann.

Und ganz so wie damals in AUSTRALIEN verwenden wir dieses Buschcamp im Norden von CHILE als Basislager für Ausflüge in das „Dorf“ SAN PEDRO DE ATACAMA, zum Baden in der Salzlagune von CEJAR und für Spaziergänge in der VALLE DE LA LUNA.
In der Reihenfolge der Besuche:

SAN PEDRO DE ATACAMA:
Ganz klar ein wüstes Wüstendorf, staubig, in den Außenbezirken durchaus arm wirkend, im Zentrum vor Touristen überquellend. Anfangs vermeiden wir, mit dem eigenen Auto in das Dorf zu fahren, ein Taxi ist durchaus erschwinglich und erscheint einfacher, vielleicht auch sicherer.
Ein größerer Supermarkt in Randlage ist permanent geschlossen. Tatsächlich finden wir einen kleinen, aber erstaunlich gut sortierten und organisierten Supermarkt am Rande der zentralen Flaniermeile. Erstaunlich. Denn ansonsten gibt es dort nur Touranbieter (um die Sehenswürdigkeiten der Umgebung „begleitet“ zu erkunden) und Souvenirläden, in denen mal wieder alle das gleiche Sortiment anbieten. Ab und zu weht eine Staubwolke durch die enge Gasse. Das ist gut und schlecht zugleich. Zum einen knirscht der Sand hier und da, zum anderen bringt der Wind eine willkommene Abkühlung.
Für das Protokoll: Das Dorf ist ganz OK, muss aber nicht noch mal im Leben besucht werden.

Salzlagune CEJAR:
Die Lagune (was der Unterschied zu einem See sein soll wird nicht klar) kann man nur besuchen, wenn man die Tour zuvor online gebucht hat. Also da, wo man noch Internet hat. An der Lagune selbst gibt es natürlich kein Internet und auch keine Automaten. Dafür aber strenge Parkranger, die sogar darauf achten, das wirklich alle Besucher in der richtigen Richtung den kleinen Rundweg durchlaufen und nicht etwa eine Abkürzung nehmen.
Das Ding mit der Salzlagune ist, das da so viel Salz im Wasser ist, das man trotz aller Anstrengungen keine korrekte Schwimmhaltung einnehmen kann. Beine und Arme schwimmen einfach so auf, das sie über dem Wasser sind, nicht wie es sich gehört, darin.
Nur so sind die schick planschenden, aber hilflosen Posen der kleinen Reisegruppe zu erklären. Mit ungefähr 26°C ist das Wasser angenehm erfrischend, obwohl man den Kopf tunlichst nicht in das Salzwasser tunken sollte. So die strengen Parkranger. Nach dem Bade im Salze kann man das dann doch im trockenen Zustand lästige Kristall unter einer eiskalten Frischwasserdusche wieder von der Haut spülen. Spätestens hier wird klar, das das Eintrittsgeld sein muss. Denn das Frischwasser muss natürlich mit Lastwagen hierher gebracht werden.
Obwohl der Vormittag offiziell für Einzelreisende reserviert ist und erst am Nachmittag Reisegruppen zugelassen sind, erkennt man doch an vielen völlig identischen cremfarbenen Bademänteln eben solche.
Für das Protokoll: Cremefarbene Bademäntel gehören in der Öffentlichkeit im übrigen verboten.

VALLE DE LA LUNA:
Tal des Mondes. Guter Marketingname für eine ganz besondere Landschaftsformation. Auch hier muss man den Besuch online buchen. Über eine Buchungsmaschine, die auch Konzertkarten verkauft. Der ehemalige Fahrer, sicher nicht unerfahren im Umgang mit „dem Internet“ braucht nur eine gute Stunde am Computer, um an die Tickets zu kommen. Die Fahrerin nimmt von diesen Anstrengungen keine Notiz. Leider. Bücher sind interessanter.
Vor Ort ist dann fest zu stellen, das die da mittlerweile auch einen Ticketautomaten im Büro stehen haben. Aber wer will schon ermessen, wie lange der ehemalige Fahrer davor gestanden hätte?
Mit dem eigenen Auto fährt man elf Kilometer hin und elf Kilometer auf gleicher Strecke zurück. Entlang des Weges gibt es Parkplätze, von denen man zu Fuß zu verschiedenen Aussichtspunkten gelangen kann. All das erläutert ein freundlicher Ranger am Eingang und man bekommt sogar eine kleine Landkarte zur Orientierung. Viele junge Touristen erkunden das VALLE DE LA LUNA mit dem Leihfahrrad, bei brütender Hitze.
Wie schön das KNAUSi eine funktionierende Klimaanlage hat und wir zwischen den aufheizenden Spaziergängen eine kleine Abkühlung bekommen können! Im Park darf man weder Essen noch Trinken. Vielleicht auch nur, um das Problem der entstehenden Müllentsorgung gar nicht erst lösen zu müssen?
Einige Felsen, einige Farben hat man so sicher noch nicht gesehen, aber es ist auch nicht der einzelne Eindruck, der diesen Besuch besonders macht. Es ist eher das Gesamtbild, das VALLE DE LA LUNA in aller Stille, in aller Unbewegtheit der jahrtausenden alten Felsen liefert.
Im Eintrittspreis enthalten wäre der abendliche Besuch eines besonderen Aussichtspunktes um den Sonnenuntergang über das Tal des Mondes zu bewundern. Ist wohl immer sehr voll dort. Ganze Buslandungen voller Menschen werden zu diesem allabendlichen Ereignis angekarrt.
Für das Protokoll: Ach ja, Sonnenuntergänge. Immer schön, aber wohl jetzt auch nicht wirklich notwendig.

Wir bekommen, durch reinen Zufall natürlich, in unserem Buschcamp eines Abends ein ganz besonderes Naturschauspiel frei Haus, direkt vor das Auto geliefert: Sonnenuntergang mit Gewitter über der Wüste. Krachender Donner, wild zuckende Blitze und sogar messbaren Regen. Der ist natürlich viel zu wenig, um wirklich etwas für die karge Vegetation zu ändern. Der Geruch der Luft, die einen umgebenden Farben und die Stille nach dem Donner sorgen an diesem Abend für einen bleibenden Eindruck.
Während unserer Zeit wird der Campingplatz von Jessy verwaltet. Der Gründer und Eigentümer ist für einige Tage nach SANTIAGO DE CHILE gereist. Dort wohnt Jessy eigentlich auch und das sieht man der hübschen jungen Frau auch jeden Tag an: Sie muss mit einem sehr großen Koffer voller Klamotten angereist sein. So richtig authentisch mag man sie in ihren Großstadtklamotten in dem Buschcamp vielleicht nicht wahrnehmen, aber das macht sie mit ihrem Charme und recht gutem Englisch leicht wieder weg. Sie macht ihren Job wirklich gut!
Mal ist der Strom weg. Dann sucht sie nach einem Verbraucher, der in der Dunkelheit den entfernt brummenden Generator in die Knie zwingt. Tagsüber läuft der ganze Platz tatsächlich über große Solarpaneele.
Ein anderes mal ist das Brauchwasser weg. Das ist relativ salzig und wird für die Toilettenspülung, die Duschen und das Spülbecken verwendet. Dann muss sie zusehen, wie sie am Abend einen Mechaniker heran bringt, der die Anlage schnell wieder in Gang bekommt.
Trinkwasser für den täglichen Verbrauch gibt es aus einem Wasserspender, der durch die bekannten blauen 20 Liter Wassercontainer gespeist wird. Wenn der Vorrat zur Neige geht, muss sie rechtzeitig den Lieferanten anrufen. Der kommt dann quasi sofort mit seinem kleinen Pritschenlastwagen angebraust und tauscht die Wassercontainer.
Wenn Wohnmobile mehr Trinkwasser für ihre großen Tanks haben wollen, muss Jessy eine Osmoseanlage anschmeißen und durchlaufen lassen, bis salzfreies Wasser aus der Maschine heraus kommt. Für achtzig Liter sind 3.000 chilenische Pesos zu berappen, mithin 3,50 Euro. Sie achtet recht genau darauf, das die verabredete Menge auch eingehalten wird. Der Betrieb dieser Anlage ist wohl recht aufwendig. Nur mit diesem Wasser werden die Pflanzen auf dem ganzen Buschcamp bewässert. Was für ein Aufwand für einfaches Wasser! Kann man mal wieder lernen, das unsere heimatlichen Selbstverständlichkeiten längst nicht überall selbstverständlich sind.

Neben den Wohnmobilen und Zelten der Camper gibt es ein paar Cabanas (Ferienwohnungen) und einen großen Gemeinschaftsraum. An einem Abend kommen ungefähr zehn roten PickUps einer Minengesellschaft und bringen deutsche Studenten, die hier an diesem Abend das Ende ihrer Studienreise in CHILE feiern. Dann ist Jessy natürlich in ihrer Rolle die weltgewandte Gastgeberin aus der Großstadt gefragt.
Hinterher fragt sie uns allerdings ganz verdaddert, ob in dem kleinen DEUTSCHLAND wirklich mehr als 80 Millionen Menschen leben würden? Ja, das ist wohl so und daher ist DEUTSCHLAND auch ein so ganz anderes Land als CHILE mit seinen knapp 20 Millionen Einwohnern.
Auf dem Platz treffen wir die sehr zurück haltende Irmi, die zusammen mit ihrem Mann Peter schon länger in Südamerika unterwegs ist. Der ehemalige Fahrer nutzt ihr Wissen und ihre Einschätzung selbstverständlich schamlos aus, als er mit ihr über mögliche weitere Reiserouten spricht. Denn irgendwie fehlen der kleinen Reisegruppe im Moment sinnvolle Ziele. Das kann bei einer „on the road“ Reiseplanung schon mal passieren.
Von SAN PEDRO DE ATACAMA aus starten tägliche drei-, oder viertages Touren nach BOLIVIEN, zum größten Salzsee der Welt bei UYUNI. Die Touren haben einen schlechten Ruf, weil man wohl in völlig überfüllten Jeeps auf üblen Pisten in einem Tag dorthin gekarrt wird, einen Tag den SALAR UYUNI erkundet und dann wieder zurück gebracht wird.
OK, das könnte ja unser neues Ziel sein. Zumal der Motorradfahrer in CALETA CIFUNCHO ja auch gesagt hat, das BOLIVIEN sicher sei und er sich nie unwohl gefühlt hat. Das meint Irmi auch. Ihr Rat für uns: Fahrt da mit dem eigenen Auto hin, das lohnt sich auf jeden Fall. Aber fahrt nicht mit dem eignen Auto auf dem Salzsee, sondern bucht vor Ort eine Tagestour. Soll sich doch der Touroperator mit dem Salz am und im Auto vergnügen!
Und so findet sich mal wieder wie ganz von selbst zum Abschluss einer knappen Woche im Buschcamp von SAN PEDRO DE ATACAMA der weitere Weg der kleinen Reisegruppe.
BOLIVIEN!
Wer hätte das gedacht?
Peter.