SA2223: Buenos Aires

Nun denn, wir sind in BUENOS AIRES!

Mit dem Auto!

Unpassender Weise gibt es keinen vernünftigen, sprich offiziellen Stellplatz für Wohnmobile in dieser MEGACITY auf der Südhalbkugel. Das ist schon fast tragisch. Zwei Tage vor Erreichen der Stadt haben wir daher beschlossen, das Auto auf einem 24-Stunden bewachten Parkplatz (für viel Geld) zu parken und uns in ein Hotel (für noch viel mehr Geld) einzunisten. Blöderweise sind über BOOKING.COM kaum noch freie Hotelzimmer in der Innenstadt zu finden und daher landen wir in den MAYFLOWER SUITES. In der Planung passt alles gut zueinader: Innenstadt, Parkplatz und Hotel. Fußläufig, ohne Probleme.

Buenos Aires 1982

Doch der Parkplatzwächter will nicht nur Geld, er verlangt auch nach dem Autoschlüssel! Mal wieder einer scharf auf den Schlüssel von dem, der den Schlüssel bewacht? Sachlich verständlich: Das Auto muss rangiert werden, wenn es eng auf dem Platz wird. Inhaltlich Mist. Was alles an Wertgegenständen im Auto bleiben muss – reicht wohl für ein paar sorgenfreie Jahre auf dem Lande? Und erst das ganze Auto! Gegen Diebstahl ist es hier nicht versicherbar. Doch wer will in ARGENTINIEN schon ein FIAT DUCATO Wohnmobil stehlen? Dürfte so einmalig sein, das es eher unverkäuflich ist. Vielleicht als Ersatzteile?

KNAUSi´s Parkplatz im Herzen von BUENOS AIRES

Die MAYFLOWER SUITES hatten bestimmt mal gute Jahre, aber jetzt, 2022 sind die so herunter gekommen, das der Fahrer, der gerade schon wieder seinen Schlüssel abgeben musste, für diesen Sonntag Nachmittag endgültig bedient ist. Erst findet die Rezeption die Buchung nicht, dann weigert sie sich für einen guten Dollarkurs die Bezahlung mit Kreditkarte zu ermöglichen womit wir in der Folge einen unteren sechsstelligen (!) Betrag in Pesos in mehr als 100 Scheinen auf den Tresen blättern müssen und unsere schönen Pesos-Vorräte so dramatisch geschmältert werden, das wir ernsthaft über Nachschub nachdenken müssen.
Obwohl die Klimaanlage aus ist, leckt sie stark Kondenswasser und der Boden darunter ist entsprechend Wasserdurchtränkt. Die vier Stühle im Raum sind so wackelig, das sie unbenutzbar sind. Das Bett ist so weich, das es wirklich ungemütlich ist.

Dachterrasse der MAYFLOWER SUITES

Und wie so oft ist es die Beifahrerin, die dann doch das Gute im Schlechten findet:
Die Bettwäsche ist sauber und gebügelt, die Handtücher sind frisch und fast neu. Da stören die Wasserflecken an der Decke und der Schimmelrand um die Badewanne kaum noch.

Natürlich versucht der aufgebrachte Fahrer an der Rezeption die Situation zu verbessern, doch der aalglatte Kerl dort macht einen auf doof und irgendwann gibt der Fahrer einfach auf.

Es ist wie es ist und meckern hilft nie wirklich.

Und am Ende ist es der Fahrer, diesmal in seiner Eigenschaft als Reiseleiter, ja auch selbst schuld. Hätte er den Parkplatz/Hotel Plan vielleicht mal eher auf die Welt gesetzt, wäre das nicht so eine knappe Last-Minute Nummer geworden und die Hotelauswahl wäre deutlich größer gewesen.

Bier beruhigt, Essen auch, beides gibt es in der Stadt reichlich und der Tag war ja schließlich auch lang.

Gemüselieferant in BUENOS AIRES

Weil wir uns zwei volle Tage in BUENOS AIRES gönnen wollen, buchen wir beim gelben (!) BUENOS AIRES BUS für beide Tage ein Hopp-On/Hopp Off Ticket und lassen uns erst mal zur Orientierung im Oberdeck des Doppeldeckers durch die Stadt kutschieren. Obwohl der Verkehr an diesem Montag echt gut läuft, dauert die Tour fast drei Stunden und wir sehen schon mal eine Menge.

Für den Abend besorgen wir uns Theaterkarten zu einer lupenreinen Tangoshow. Zum Glück „mit ohne“ Tanzkurs. Hätte man auch haben können, aber irgendwie hat der Fahrer dieses Angebot geschickt überspielen können.

Das TANGO PORTENO hat einen Dresscode: Keine Badelatschen und keine kurzen Hosen!

Buenos Aires 2022

Also in Badelatschen sind wir sowieso gerade nicht unterwegs, aber die Geschichte mit der Hose ist durchaus ein Problemchen. Noch mal zum Auto zurück und eine lange Hose besorgen. Der Parkplatzwärter feixt sich einen. Nicht, das die Tango Aktion in so einem Desaster wie 2012 auf GRAN CANARIA endet. Die Beifahrerin wäre doch sehr enttäuscht.
An der Mauer, die den Parkplatz umgibt hockt ein offensichtlich Obdachloser auf seinem kleinen Bündel Habseligkeiten. Wie die leider doch vielen anderen Wohnungslosen spricht auch er uns nicht an. Überhaupt werden wir in der ganzen Zeit in der Stadt von niemanden angebettelt. Doch dieser Mann, durchaus noch gut gekleidet, etwas älter als wir, sieht so traurig und hoffnungslos aus, das uns sein Anblick doch berührt. Also verschwinden wir um die nächste Ecke, kramen in Ruhe alles Kleingeld (hier gibt es nur Scheine) zusammen, gehen kurz zurück und drücken ihm ein kleines Bündel Geld in die Hand. Nicht viel, reicht vielleicht für ein oder zwei Mahlzeiten.
Da springt der Mann überraschend beweglich freudig auf und bedankt sich überschwenglich, geradezu glücklich bei uns. Es war ganz offensichtlich die Geste, die zählte. Nicht der Betrag.

TANGO PORTENO Show in BUENS AIRES

So vorbereitet und entsprechend aufgebrezelt gehen wir kurz nach acht zu Fuß zum Theater, speisen zunächst wirklich erstklassig in drei Gängen im Theateraal und folgen dann gespannt einer gute Stunde der tollen Show von namenlosen Tänzern, Musikern und dem Sänger auf der Bühne. Denn ihre Namen werden leider an keiner Stelle erwähnt.
Wirklich alles an diesem Abend ist erstklassig, professionell und die Show emotional berührend.

Extrem erstaunlich, mit welcher scheinbaren Leichtigkeit sich die Beine der Tänzer umeinander, miteinander verschlingen ohne das es zu einem unlösbaren Knoten kommt. Würde die Reisegruppe auch nur ansatzweise ähnliches versuchen, wären die Spezialisten der Spezialisten der Chirurgischen Universitätsklinik von BUENOS AIRES gefordert, stümperhafte Tanzfehler zu korrigieren.

Zwei Teams bestehend aus einem Tangotanzpaar und einem Fotografen sind an den Tischen unterwegs und machen Andenkenfotos. Geschickt, geschickt. Später kommen dann zwei fröhliche Menschen mit einem iPAD bewaffnet und verkaufen die zuvor gemachten Fotos noch viel geschickter.

Geht doch.

Showfoto im TANGO PORTENO, ohne explizite Erlaubnis, aber sicher mit Wohlwollen ungenügend repliziert

Vor Mitternacht gehen wir recht zügig zurück zum Hotel. Man liest ja zu viel Mist, aber die Straßen sind jetzt wirklich leer und wenig Vertrauenerweckend. Nichts passiert, natürlich nicht.

Für den kommenden Tag haben wir wieder den Bus vorgesehen, diesmal wollen wir im Stadteil LA BOCA aussteigen und das Viertel mit den vielen bunten Häusern ein wenig erkunden. Wir brauchen fast zwei Stunden, bis wir da sind. Der Verkehr in der Innenstadt ist aufgrund einer Demonstration völlig zusammen gebrochen. Alles hupt, flucht und wartet.

Das bunte Stadtviertel LA BOCA in BUENOS AIRES

LA BOCA steht ganz offensichtlich bei LONLY PLANET oder wo auch immer ganz oben. So viele junge Menschen wie hier herum turnen und vor bunter Kulisse posen, was das Zeug hält? Dabei gibt es in den vielen kleinen Läden wirklich fast nur Touri-Ramsch zu kaufen. Fast nur, weil die Beifahrerin einen kleinen Stand findet, der schöne Räucherstäbchenhalter aus Glas anbietet. Können wir gut gebrauchen, denn Mücken mögen keinen Räucherstäbchenqualm und wer will so ein Teil schon die ganze Zeit in der Hand halten?

Am frühen Abend noch ein Feierabendbier an einer sehr belebten Kreuzung in der Nähe des Hotels. Auch hier könnte der Fahrer länger, und auch viele Tage mehr sitzen und das Treiben der Menschen beobachten. Schon irre, wie das Zusammenleben von Abermillionen von Menschen auf engstem Raum so funktioniert. Die Polizei ist allgegenwärtig und jederzeit sichtbar. Das gibt ein Gefühl von Sicherheit.

Die „Hafencity“ von BUENOS AIRES, das neue Getto der Reichen

Das Thema Armut in ARGENTINIEN nehmen wir bisher nur hier, in BUENOS AIRES wirklich wahr. Das ging schon am Sonntag los, als wir über die Stadtautobahn in die Innenstadt fuhren. Unmittelbar (wirklich unmittelbar!) neben der Autobahn stehen zwar keine Wellblechhütten, aber grobschlächtig aus roten Ziegelsteinen hingeworfene Behausungen, die mit Sicherheit keiner argentinischen Norm entsprechen und schlimmste Verhältnisse erwarten lassen.
Aber ist ja auch klar. Irgendwo müssen all die vielen unsichtbaren Helfer der Wohlstandsbewohner, selbstverständlich auch der Touristen ja „wohnen“.

Was die wohl denken?

Wie lange so was wohl noch gut geht?

Peter.

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