Oh wie peinlich.
Über „Gewicht(e)“ zu schreiben.
Denkt man doch als erstes nicht unwillkürlich an das eigene Körpergewicht? In der Regel wird es wohl zu groß sein. Bei einigen einfach nur zu groß, bei anderen viel zu groß. Bei einigen wenigen, hier in keinem Fall näher zu bezeichnenden Personen, viel, viel, viel zu groß. Sozusagen kurz vor gigantisch groß.
Das bei der Betrachtung des Gesamtgewichtes eines Wohnmobils das tatsächliche Lebendgewicht des Fahrers eine wesentliche Rolle spielen kann, verdrängen viele. Weil sie vielleicht zur ersten Gruppe von Fahrern gehören, deren Körpergewicht OK oder gerade so OK ist? Oder stammen die Verdränger eher aus der Gruppe der letzteren?

Wohnmobile im im allgemeinen neigen dazu von ihren Fahrern überladen zu werden. Stauraum ist üppig vorhanden, die modernen Motoren ziehen auch am Berg ordentlich durch. Wer denkt da an Gewichte?
Eine magische Grenze ist das zulässige Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen für Wohnmobile. Bleibt man unterhalb dieser Grenze, gilt man als PKW, egal wie groß das Gefährt tatsächlich ist. Darüber wird es schwierig. Unzulässig verallgemeinert ist ein Wohnmobil über 3,5 Tonnen erst mal ein LKW ähnliches Gerät mit vielen besonderen dafür aber unterschiedlichen Regelungen in Europa.
Nun denn.
KNAUSi als Kastenwagen auf Basis des FIAT DUCATO Transporters positioniert sich als maximal 3.500 Kilogramm schweres Fahrzeug. Das Leergewicht gibt der Hersteller KNAUS für unseren BOXSTAR 630 mit 3.050 KG an. Da ist (angeblich) ein Fahrer, ein voller Dieseltank (120 Liter ~ 120 KG) und ein voller Wassertank (100 Liter ~ 100 KG) bereits enthalten. Haben wir damals bei Fahrzeugübernahme leider nicht nachgewogen und wissen daher nicht, ob das jemals so war.
Im letzten Jahr sind wir tatsächlich auf die Waage gefahren. Da standen dann (mal eben, leider) glatt 3.200 KG auf der Digitalanzeige. Voller Dieseltank, ansonsten aber leer. Kein Fahrer, kein Beifahrer, kein Wasser, keine Ausrüstung und keine Matratzen.
Man ahnt, wohin das führt, es droht:
!!!!ÜBERGEWICHT!!!
oder, wie man es bei dinglichen Fahrzeugen eher nennt:
!!!ÜBERLADUNG!!!

Erklärungsversuche:
OK, wir haben seit der ersten Fahrzeugaufrüstung Monsterfelgen mit Monsterreife am Fahrgestell, wir haben einen Unterfahrschutz am Motor, wir haben den neuen Außengrill und wir haben Solarpaneele auf dem Dach. Das war vorher nichto so. Und wir haben (eigentlich nur um das Fahrzeug höher zu legen) KNAUSi mit neuen Fahrwerksfedern aufgelastet. Würde man diese Auflastung auf 4.200 KG in die Fahrzeugpapiere eintragen lassen, wäre formal eine mögliche Überladung des Wohnmobils wohl vom Tisch. Allerdings reißt man damit auch offiziell die 3.500 KG Grenze. Neben einem regelrechten Gewusel von europäischen Strassenverkehrsvorschriften für (pseudo) LKW gibt es das (für uns) Hauptproblem, das unsere Kinder das WoMo nicht mehr fahren dürften. Standardführerscheine jüngeren Datums erlauben nur PKW bis 3,5 Tonnen. Laut Werkstatt muss man die vorgenommene Auflastung nicht in die Fahrzeugpapiere eintragen lassen.
Halten wir also fest:
Technisch (und damit auch sicherheitstechnisch) taugt das Auto für 4.200 KG. Nur auf den Fahrzeugpapieren nicht. Da gelten für KNAUSi also weiterhin die 3.500 KG, für uns jedenfalls!
Und schon schreibt (nicht nur) der ADAC in großen Lettern „Wohnmobil nicht überladen! Bußgeld droht!“
Oh Schreck, oh Schreck!
Mit der auch im normalen Leben angebrachten Gelassenheit eines Campers kann man ja mal in Ruhe die Bußgeldtabellen lesen und zum Beispiel feststellen, das man in Deutschland bei 10% Überladung (also immerhin satte 350 KG) gerade mal 30 € Bußgeld zahlt. Im Ausland wird es teurer, aber die „Experten“, die auf ihren Wohnmobilseiten reißerisch von 5.000 € in Österreich faseln, wollen natürlich nur Aufmerksamkeit (=Clicks) erhaschen. Wer sein Fahrzeug dermaßen überlädt, das die Maximalstrafen fällig werden, hat sowieso nicht alle Tassen im Schrank und auf öffentlichen Straßen nichts zu suchen.

OK, wenn es also ums Geld geht, wird es Ernst! Überall auf der Welt. Auf allen Straßen der Welt. Und wenn es um viel Geld geht, wird es sogar richtig Ernst!
Was könnte man bloß alles so mit einem gesparten Bußgeld anfangen?
Zum Beispiel schön Essen gehen! Und ein (…oder zwei, oder drei) schöne Biere zu sich nehmen!
Äh, hallo?
Hatten wir das nicht schon?
Das sich durch das viele leckere Essen vermutlich erhöhende Gewicht des Fahrers (genau genommen aller Fahrzeuginsassen!) zählt natürlich auch während der Reise zum Gesamtgewicht eines Wohnmobils. Mit anderen Worten: Wer nach jeder Tagesetappe das „ersparte“ (weil nicht ertappt) Bußgeld verfuttert, riskiert bei einer Gewichtskontrolle ein noch höheres Bußgeld.
Natürlich könnte man das erwartete, aber nicht gezahlte, höhere Bußgeld auch gleich in noch mehr leckeres Essen und Bier investieren.
Wo soll das nur hinführen?
Eine endlose Spirale der Gewichtszunahme aller Reisenden!
Nun, vergessen wir doch einmal die Bußgelder und das eigene Körpergewicht. Wenden wir uns doch einfach anderen Gewichtsfaktoren an Bord eines Wohnmobils zu. Da gibt es ja doch eine ganze Reihe.
Schwachsinnige Plattheiten wie die Empfehlung, gedruckte Bücher zu Hause zu lassen und statt dessen ein eBook mit zu nehmen darf man im folgenden bitte nicht erwarten. Das ist so ähnlich wie die Idee, alle Akkus vor Fahrtantritt zu entladen, um Gewicht zu sparen.
Man nehme also eine schlichte Personenwage aus dem Haushalt, wiege die gesamte Ausrüstung einzeln ab und erstelle so eine Gewichtstabelle. Zum einen wird man bei Nutzung eines Tabellenkalkulationsprogramms wie üblich überrascht sein, wie die vielen kleinen Einzelgewichte zu einer riesigen, unerwarteten Summe addiert werden. Zum anderen erhält man so die Antwort auf die Frage, wieso genau man eigentlich zum Teufel tatsächlich überladen durch die Gegend kurvt.
Einfache Behauptung, ohne Beweisführung:
So viel ist ja wohl klar: Alle 3,5 Tonnen Wohnmobile fahren überladen, wenn sie länger als ein Wochenende unterwegs sind.

Nun, in der hiermit öffentlich gemachten Gewichtstabelle unseres Wohnmobils KNAUSi fehlt klar erkennbar das Gewicht der Besatzung, sprich Fahrer und Beifahrer, sprich Reisegruppe. Das bleibt geheim. Streng geheim, genau genommen. So geheim, das wir beide es nicht mal selbst wissen (wollen).
Unschwer zu erkennen. Es ist unmöglich, das Wohnmobil nicht zu überladen.
Doch kann man durchaus den Ehrgeiz entwickeln, unter 10% Übergewicht zu bleiben. Nicht nur wegen eines möglichen Bußgeldes, auch wegen Dieselverbrauch und Fahr-, insbesondere Bremsverhalten. Bummelig 8% Übergewicht hört sich doch machbar an. Ein mögliches Bußgeld in der Schweiz oder Spanien kann dann einem zwar immer noch den Tag verderben, ruiniert aber nicht.

Auf allen Wohnmobilreisen die wir bisher in der Welt unternommen haben, wurden unsere (teilweise gemieteten) Wohnmobile nie, betone NIE gewogen. In der Türkei wurden wir zwar regelmäßig zum Wiegen heraus gewunken, doch jedes mal, als die freundlichen Polizisten erkannten, das in dem gemieteten Wohnmobil mit türkischem Nummernschild zwei deutsche Touristen hockten, sollten wir immer sofort weiter fahren. Bloß keinen Ärger machen.
Wenn das Wohnmobil von außen sichtbar schwer überladen ist, in dem zum Beispiel das Heck deutlich tiefer hängt als das Vorderteil, dann mag ein Verkehrspolizist einen sehr begründeten Überladungs-Verdacht in den Kopf bekommen und einen zum Wiegen schicken. Aber wenn alles Tippi-Toppi aussieht?
So oder so. Das wird also nix mit dem ersparten Bußgeld, das verfuttert werden kann.
Schade.
Obwohl, wo war noch mal das ewig positive (?), das spart doch Körpergewicht!
Peter.
Zur Frage „Was kann man mit den Bußgeldern so alles anfangen?“ kann ich etwas beisteuern:
Es gibt einen Bußgeldfonds, über den Bußgelder, die zu gemeinnützigen Zwecken bestimmt wurden (also wohl eher nicht die für solche Ordnungswidrigkeiten, aber sei’s drum) verteilt werden können. Dort kann man als gemeinnütziger Verein Anträge stellen. Und so hat mein Verein (www.welcome-werkstatt.de) kürzlich eine neue Drechselbank für etwas mehr als 1300 € bekommen. Da geht also mehr als 2 – 3 Biere…
P.S.:
Der Wasserkanister ist ja schön und gut, aber Ihr wollt damit ja keine Luft transportieren. Da gehören also noch 5 l = 5 kg Inhalt dazu. Nenn mich Erbsenzähler, aber wer hat damit angefangen?
P.P.S:
So eine Aufstellung sollte ich für mein Motorrad samt Reisegeraffel wohl auch mal machen, vielen Dank für die Anregung!
Super Artikel, ich selber habe zu Beginn eine entsprechende (noch viel Detailliertere) Liste erstellt und wende diese bei jeder Reise an. Mit „0“ oder „1“ kann ich zusammenhängende Sachen wie z.B. EBike, Ladegeräte und was dazu gehört je nach Reise deaktivieren, alle details lassen sich mit der Menge steuern, im weiteren schliesse ich auch die Füllmengen mit ein, fahre gewisse Gebiete oder Strecken absichtlich mit weniger Treibstoff (Liter/Temperatur=Gewicht), das gleiche mit Gas, erlaubt mir auf der Rückreise was mitzunehmen, einmal erstellt Hilft die Tabelle jedesmal und zeigt sehr schnell wo „einfach so was Zusätzliches“ hinführt.
Was ich nebst den Bussen vermisst habe ist ein Hinweis auf die zulässige Achslast, hier wird es beim Überschreiten schwieriger.