Tag 3: Marstal

Ursprünglich haben wir uns über Pfingsten mit Segelfreunden auf LYÖ verabredet. Doch der Wetterbericht verheißt nichts gutes. Regen und starker Südwind – das macht dann keine wirkliche Freude auf Anker. Wenn es sein müsste, dann würde es wohl gehen, aber es muss ja nicht sein.

Sonne in Sicht

Ausweichtreffpunkt ist MARSTAL. Da kann man bei jedem Wetter im Ort rumstrolchen, gemütlich an Bord im Hafen Bücher lesen oder auch mal angespültes am Strand suchen.

Aufbruch um 0730, der Himmel wolkenverhangen, keine 10°C. Vom Westwind ist hier dicht unter Land noch nichts zu spüren, aber der kommt schon noch. Bei dem Himmel. Auf der ganzen Kieler Förde sehen wir nur drei andere Sportboote. Könnte wohl auch November sein?

Kiel Leuchtturm achteraus

Querab von STRANDE setzen wir Vollzeug. Ganz in Ruhe, denn nach dem Anschlagen der Segel ist es ja das erste Mal in dieser Saison, das diese „white flappy things“ wieder am Mast hängen. Und siehe da, nach dem auch das große Yankee draußen ist laufen wir gute 6 Knoten. Brüllaffe aus, es wird gesegelt!

So läuft es eine Weile, irgendwann sind wie bei 7+ Knoten, die Welle ist OK und dem ersten Törn der Saison durchaus angemessen.

Aus dem Ei gepellt, gell?

Kommt ein Schmetterlingssegler von Backbord. Wie doof. Wer muss denn nun wem ausweichen? Äh, noch mal kurz ins Buch schauen. Könnten wohl wir selbst sein? Ach nö, keine Lust, läuft doch so gut. Also Stand-By hinterm Ruder im zugigen Wind, jederzeit bereit in den Wind zu schießen, sollte es doch zu knapp werden. Aber dank einer kräftigen Böe sind wir gut 300 Meter vor ihm rüber.

Keiner da

Knapp zwei Stunden später wird die Sache mit dem Ausweichmannöver größer. Ein riesiger Saugbagger stiehlt offenbar Sand von einer 6 Meter Untiefe in der Marstal Bucht. Heimlich, still und Leise. Schon ganz gut abgeladen, das Arbeitsschiff. Kaum sind wir in der Nähe, macht sich der vermeintliche Dieb auf nach Süden. Wie gut, das wir ihn Windwärts passieren und so mehr als genügend Abstand behalten.

Noch eine Stunde später erreichen wir die Ansteuerung des Marstal-Fahrwassers, bergen in aller Seelenruhe die Segel, schmeißen den Brüllaffen an und gehen wie gewohnt in den gebaggerten Kanal.

Keine schlechte Fahrt…

Wie gewohnt?

Irgendwas ist anders, stellt der Skipper mit einem Male verdutzt fest.

Wieso steht ER, der Skipper, nicht am Ruder?

Wieso posiert da angeberisch mit beiden Beinen auf beiden Backskisten abgestemmt stehend die Mannschaft herum und steuert den STORMVOGEL?

Na ja, denkt sich still der Skipper: Hat sich wohl so ergeben und die paar Fender und Leinen kann er ja auch mal selbst klar machen. Durch die Bewegung wird ihm bestimmt auch wieder warm. Der Mannschaft wird noch mollig warm sein, hat sie doch während der Passage ein paar hundert Seiten eines neuen Buches im Deckssalon verschlungen und dem Skipper so das Gefühl vermittelt, er sei Einhand unterwegs.

Kurz vor der Hafeneinfahrt regt der Skipper vorsichtig an, etwas Fahrt heraus zu nehmen, damit der 90° Backbord-Abzweig nicht zu schwungvoll genommen wird. Kurz darauf möchte die Mannschaft aus unerfindlichen Gründen dann doch lieber das Ruder abgeben und will wissen, wie wir denn heute genau fest machen.

Immer diese Fragen.

Woher soll ein Skipper so was wissen?

Es ist einfach.

Der STORMVOGEL ist das schönste Segelboot im Gasthafen und darf sich daher den Liegeplatz auch frei aussuchen.

Oder liegt beides schlicht daran, das kein anders (gar kein anderes!) Boot da ist?

Ein jeder, der MARSTAL ein wenig kennt und den Kalender im Kopf hat, bekommt wohl das kalte Grausen. Der Hafen ist um diese Jahreszeit immer voll, an Wochenenden dann übervoll. Jetzt also das Gegenteil von voll.

Aha, endlich mal wieder ein echtes Schiff!

Der böige Seitenwind macht den Anleger schwieriger als eigentlich nötig, klappt aber doch ganz gut und trotz der äußeren Leere fühlen wir uns innerlich schon mal sehr erfüllt. Gute erste Passage 2021 beendet, die Sonne kommt raus, Erbeertörtchen und Fischbrötchen im Ort warten schon bestimmt auf uns.

Schauen wir mal, was die kommenden Tage außer Regen und Wind noch so bringen.

Peter.

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