Name: Peter Wiedekamm
Planet: Mars
Ort: Krater Jezero
Eine Zeitlang war mir nicht zum schreiben zumute. Und wenn man nix zu sagen hat, einfach mal die Fresse halten. Ach, wie still wäre es in der Welt? Kaum wechselt man den Planeten, kann man das am eigenen Leibe spüren. Hier auf dem Mars sabbelt wirklich keiner. Und das obwohl ich hier auf engstem Raum eingepfercht mit 11 Millionen anderen Namen auf meinen kleinen Siliziumchip hoch über dem NASA Rover Perseverance throne und sprachlos die fantastische Aussicht genießen kann. Ja, ja, ich weiß: Als körperloser Name haben ich ja sowieso kein Sprechorgan, aber es gab da tatsächlich nichts zu sagen.
Die Landung war anstrengend und eine Zeitlang fürchtete ich um mein bescheidenes Dasein. Während der Reise war es saukalt, dann war es für kurze Zeit irre heiß, die wenige Minuten währende Brausefahrt schwebend am Fallschirm war vom Gefühl her klasse, auch wenn ich noch nichts sehen konnte. Doch der Touchdown war echt ruppig, da müssen die Damen und Herren von der NASA bitte noch mal nachlegen.
Die technische Funkverbindung zur Erde steht zwar, ist aber völlig überlastet mit der Übermittlung von Bildern, Videos und Tonaufnahmen unserer Umgebung. Da bleibt keine Kapazität zum Gedankenaustausch mit meinem irdischen Körper über.
Doch auch im Universum gilt die alte Universal-Regel, das Liebe jede Distanz überwinden kann. Jede. Eigenliebe sogar schneller.
Und so konnte ich von meinem irdischen Körper erfahren, das er tatsächlich wie geplant meine Landung im NASA Livestream auf Youtube im Original verfolgt hat. Vermutlich hat er sich bei einem coolen Drink wie üblich völlig ungepflegt auf dem Sofa herum gelümmelt und bar jeder Gefahr mein Abenteuer auf 75 Zoll UHD verfolgt. Völlig erstaunt war er wohl, wie viele Frauen bei der NASA arbeiten und das nicht etwa am Empfang, sondern in den Projektteams als Ingenieure. Noch während der Liveübertragung hat er natürlich über diese seine wichtige Beobachtung mit seiner lebenslangen Begleiterin gesprochen und sich prompt einen Sexismus-Rüffel eingefangen…und fortan einfach den Mund gehalten. War aber offenbar eine tolle Show – perfekte Öffentlichkeitsarbeit für eine technische Meisterleistung der ganz besonderen Art.
Die Landeberichterstattung wurde standesgemäß mit einer sehr gelungenen Darbietung von David Bowies „Life on Mars“ abgeschlossen. Da Herr Bowie leider, leider schon gestorben ist, musste diesen Job ein anderer übernehmen. Die Wahl fiel auf den jungen Musiker Yungblud – gut gemacht! Da hatte einer in den siebzigern des vergangenen Jahrhunderts eine coole Idee, erlangte nicht nur deshalb Weltruhm und stirbt dann einfach viel zu früh. Sollte mich nicht wundern, wenn die Hymne der ersten Marskolonie von David Bowie stammen würde. Sollte sie jedenfalls!
So wird er ewig weiter leben.
Ganz so wie ich hier oben auf dem Mars auf meinem kleinen fahrbaren Mikrochip.
Na ja.
Jedenfalls so lange kein Meteorit auf meinem Fahrzeug einschlägt, mein Chip der Strahlung widersteht und kein Löschbefehl von der Erde kommt.
Das sind ja Aussichten!
Peter´s Name. Derzeit Mars.
