ANTARKTIS Was es noch zu sagen gibt

Teil 3

Exakt unter der SEABREEZE LOUNGE auf Deck fünf befindet sich auf Deck vier das einzige Bordrestaurant. Es ist etwas breiter, da es auf Deck vier keine äußeren Laufgänge gibt. Sehr schick eingerichtet. Hier treffen sich die passagierenden Expediteure zum Frühstück, Mittag- und Abendessen. Morgens und Mittags gibt es Buffet, da muss man sich in der Regel in einer kurzen Schlange anstellen. Abend wird das köstliche vier Gänge Menü am Platz serviert.

Antarktis

Die Vielfalt des Frühstücks ist nicht zu übertreffen. Full English Breakfast, Wurst, Schinken, Käse. Räucherfisch, Lachs, Hering und Matjes. Achtundzwanzig Obstsorten. Vierundzwanzig Bortsorten. Butter, Marmeladen, Jogurt, Müsli und Porridge. Und bestimmt noch viel mehr, hätte jemand Buch geführt. Beim Frühstück muss man aufpassen. Je nach Tagesprogramm wird es gerne auch mal zeitlich vorverlegt. Spätestens jedoch beim Weckruf über die Bordlautsprecher wird man sich dessen bewusst.  

Das Buffet am Mittag wechselt jeden Tag komplett. Keine Wiederholungen. Fisch, Fleisch, Salat, gebackenes, gekochtes, Gemüse. Wer hier nichts passendes findet, der findet nie was.

Quelle: POLAR LATITUDES

Aber als ob diese beiden üppigen Mahlzeiten nicht genug wären, wird jeden Tag um 1830 das Abendessen serviert. Freie Platzwahl an den festlich voll eingedeckten Tischen. Auf jedem Platz befindet sich ein großes Blatt Papier mit den für den heutigen Abend vorbereiteten Speisen. Wer die Wahl hat, der hat die Qual. Auszuwählen ist aus drei Vorspeisen, zwei Suppen, vier Hauptgerichten und vier Nachspeisen. Jeden Abend! Auch hier wiederholt sich kein einziges Gericht. Was die fünf philippinischen Köche da jeden Tag in ihrer Kombüse leisten ist nichts weniger als echte Spitzenklasse.

Getränke nach Wunsch. Für jeden Tag gibt es eine besondere Weinempfehlung der man am Besten blind folgt. Durch das ALL INCLUSIVE MADE IN USA Prinzip kann jeder trinken bis zum Umfallen. Macht aber niemand. Jedenfalls soweit beobachtet. Auch mal gut zu erleben.

Pinguin in der ANTARKTIS

Der vollständige Hotelbetrieb wird von einer jungen Frau aus HAMBURG, DEUTSCHLAND verantwortet und geleitet. Neben uns ist sie ist die einzige Deutsche an Bord. Obwohl, genau genommen ist die SEAVENTURE natürlich zumindest zur Hälfte auch eine deutsche. Gebaut in JAPAN, fuhr sie jahrelang als BREMEN für HAPAG LLOYD CRUISES. Wie gut, das der Schreiberling die durchaus sehr bewegte Geschichte dieses Dampfers erst jetzt bei der Recherche gelesen hat.

Ein jeder zieht sich zu den Mahlzeiten an, wie er möchte. Es gibt keinen Dresscode und wer gerade durchgefroren von Deck kommt behält vielleicht sogar die wärmende SHACKELTON Jacke von POLAR LATITUDES beim Essen an. Diese hochwertige rote Jacke ist Teil der Reisebuchung und man darf sie behalten. Gutes Marketing, denn in USHUAIA sieht man einige davon auf der Straße.

Wahlflosse in der ANTARKTIS

Wie es sich auf einem vernünftigen Dampfer gehört, wird zur Halbzeit an Deck gegrillt. Passend dazu atemberaubend blauer Himmel, Arschkalt. Muss man halt schneller Essen. Immerhin sehr windgeschützt auf dem Pooldeck sieben, fast ganz oben auf dem Schiff. Die Berge von köstlichem über Holzkohle zubereitetem Fleisch sind nicht zu schaffen.
Danach geht es in der Abenddämmerung noch mal mit prall gefülltem Magen an Land. Die Campingleute lassen wir dort zurück. Sie haben es ja so gewollt.

Fast die komplette Schiffsführung stammt aus KROATIEN. Um Kapitän Ivo wird ein angemessenes Bohai veranstaltet. Bei seinem ersten Auftritt in der SEABREEZE LOUNGE erscheint er als Dritter Offizier verkleidet nur im weißen Hemd und gibt an, der Kapitän könne nicht kommen. Zum einen sei er Seekrank und zum anderen benötige seinen Schönheitsschlaf. Am Abend dann Auftritt in voller Uniform und vollem Ernst.
Bemerkenswert: Zusätzlich zur normalen Schiffsführung gibt es einen speziellen Eiskapitän an Bord. Der stammt aus den USA. Würde einen nicht wundern, wenn dieser ergraute Schiffsführer direkt auf der Gehaltsliste des Veranstalters POLAR LATITUDES stünde und dessen Interessen an Bord vertreten würde.

Kleiner Eisberg in der ANTAKRTIS

Danny der Expeditionsleiter bedankt sich zum Ende der Reise jedenfalls überschwänglich bei Kapitän Ivo für die Ermöglichung der vielen Landgänge. An der Formulierung erkennt man, das es mit Sicherheit oft eine Diskussion über die Machbarkeit der Landgänge gegeben hat. Geteilte Verantwortung endet schnell in Unverantwortlichkeit. Keine Ahnung, wie zwischen Expeditionsleiter, Kapitän und Eiskapitän tatsächlich die Verantwortung geregelt wird. Am Ende wohl nur der Kapitän. Und das wäre ja auch gut so.

Das Programm während der beiden DRAKE PASSAGEN besteht tagsüber aus Vorträgen und praktischen Übungen wie zum Beispiel Vogel- und Wolkenkunde. Die meisten Vorträge werden im Panoramaraum auf Deck sieben gehalten. Schlecht geheizt, da oben. Dafür werden diese Vorträge im Bord-TV übertragen. Für diejenigen, die ob der Schiffsbewegungen lieber auf der Kajüte bleiben. Das Expeditionsteam der SEAVENTURE nimmt an verschiedenen öffentlichen & freiwilligen Forschungsprogrammen teil und möchte jeden ermuntern, das ebenfalls zu tun. Im Kern geht es bei CITIZEN SCIENCE darum, professionelle Forscher in ihrer Arbeit durch viele, sehr viele Beobachtungen von freiwilligen zu unterstützen.

Auf der Rückreise gibt es gleich zwei besondere Veranstaltungen:

Zunächst wird gegen 2130 die Bühne der SEEBREEZE LOUNGE frei geräumt und Randy hat einen freien Abend. Die CREW SHOW ist eine bunte Mischung aus Musik und Tanz, dargeboten ausschließlich von talentierten Hotelteam Mitgliedern. Den Männertanz kann, muss man aber nicht mögen. Doch die Gesangseinlagen sind wirklich mitreißend. Alle feiern mit und sind begeistert ob der ungeahnten künstlerischen Fähigkeiten der Menschen, die einen den ganzen Tag umsorgen.

Für einen Moment nur treibt den Fahrer die Frage um, ob diese (vermutlich) sehr schlecht bezahlten Menschen sich hier nur verdingen um auf lustige Art an das bald fällige Trinkgeld zu erinnern?

MS FRITJOF NANSEN der HURTIG RUTEN im LEMAIRE CHANNEL in der ANTARKTIS

Tags darauf wird am Nachmittag echtes Geld umgesetzt. Viel Geld sogar. Für wohltätige Zwecke, selbstverständlich. Bedacht werden soll mit der großen AUKTION eine Wahlschutzorganisation (HAPPYWHALE.COM) und eine Sozialprojekt (?) für Seeleute.
Versteigert wird allerlei. Bücher und Uhren aus dem Bordshop, Seekarten und Gemälde von Expeditionsteammitgliedern. Nun liegt der Wert von solchen Gegenständen immer nur im Auge des Betrachters. Aber als völlig banale Gegenstände ohne wirklichen Bezug zur Reise die Marke von 1.000 US$ drängt sich nicht nur die kleine Reisegruppe, ob wirklich noch alle im Raum ihre Tassen im Schrank haben?
OK, es dient einem guten Zweck. OK, der Sekt (im englischen Champagner) fließt in Strömen und OK, es bieten vermutlich keine Arme. Aber als schließlich das Namensrecht für die Erstsichtung einer Walflosse (lt. HAPPYWHALE) auf dieser Reise für über 1.500 US$ ersteigert wird, bleiben einige Münder einfach nur noch offen stehen. 

Nochmal Pinguine in der ANTARKTIS

Bleibt zum Schluss die Frage, ob die ANTAKRTIS Reise ihr Geld wert war?

Ja, für uns auf jeden Fall!

Am Ende muss wie immer jeder selbst entscheiden, wie viel einem etwas wert ist. Die Meisten Menschen, mit denen wir an Bord gesprochen haben, haben sich Jahrelang auf diese Reise vorbereitet und genau überlegt, mit welchem Veranstalter sie auf diese Reise gehen. Denn da gibt es schon große Unterschiede. Die großen Kreuzfahrer, die mit mehr als 1.000 Gästen in die ANTARKTIS schippern machen gar keine Landausflüge. Andere nur einen am Tag. Als Faustformel wohl das: Je mehr man erleben möchte, um so weniger Passagiere sollten an Bord sein.
Für die SEAVENTURE gibt POLAR LATITUDES maximal 139 passagierende Expedituere an obwohl es Platz für 160 Gäste gibt. Vermutlich braucht man aber auch Platz für das ansonsten ja nicht vorhandene Expeditionsteam? 140 zahlende Gäste in guten Kajüten mit eigenem Bad fühlte sich richtig gut an.

Wer nicht gerade sowieso in USHUIA ist kann kaum LAST MINUTE buchen. Denn es ist schon recht aufwendig, mit dem Flugzeug anzureisen. Durch die vielen Anschlussflüge kommt es leicht zu Verspätungen und es bietet sich an, ein, zwei Tage vorher in USHUAIA einzutreffen. Oft werden die Reisen dann auch genau so angeboten: 13 Reisetage, die ersten beiden davon im Hotel in USHUAIA, damit auch wirklich alle rechtzeitig eintreffen. Denn der Dampfer wird nicht warten.

Neben den reinen Reisekosten gibt es (jedenfalls bei ALL INCLUSIVE MADE IN USA) nur zwei weitere Kostenblöcke:

Zum einen braucht man eine Reisekrankenversicherung, in der auch das Abbergen aus der ANTARKTIS enthalten ist. Ob das in unserer UKV Langzeitauslandskrankenversicherung enthalten gewesen wäre haben wir gar nicht erst geprüft sondern direkt bei WORLD NOMANDS eine 11-Tages Versicherung zusätzlich abgeschlossen.

Zum anderen kommt dann noch das Trinkgeld. Alle betonen, dieses sei rein freiwillig zu zahlen. Der Reiseveranstalter schlägt 13 US$ je Tag und Gast vor. Mit einem unbekannten Verteilungsschlüssel geht das zentral per Kreditkarte eingesammelte Trinkgeld ausschließlich an das Hotelteam. Die Schiffsbesatzung bekommt nie etwas, das Expeditionsteam nach eigenem Ermessen.

Gruppenbild mit fast allen! (Quelle: POLAR LATITUDES)

Damals in INDONESIEN lernten wir, das amerikanische Agenturen erfahrene Köche für 700 US$ / Monat per Zeitungsinserat anheuern wollten. Wir haben dem Hotelteam mehr als empfohlen gegeben und unserem Roommate (dem bemerkenswert zurückhaltenden Mann aus INDONESIEN, der jeden Tag mit dem gleichen Eifer unsere Kammer hübsch hergerichtet hat) als einzigem Bargeld.
Das Expeditionsteam hat im Vergleich sehr wenig von uns bekommen, eher ein Art Anerkenntnis. Die rein aus westlichen Ländern stammenden Mitglieder werden schon selbst dafür sorgen können, das sie über die Runden kommen.

ENDE.

Peter.


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