Schon ganz schön bekloppt.
Da unterhält man eine ganze Stadt im tiefsten Süden der Republik ARGENTINIEN, mehr oder minder rein zu touristischen Zwecken und vergisst einen funktionierenden Campingplatz. Oder wenigstens Camperstop der seinen Namen auch verdient.
Denkt man jedenfalls, wenn man in USHUAIA mit dem Wohnmobil ankommt.

Viele der rollenden Wohnklos der zahlreichen Ausländer werden von ihren Fahrern einfach am Hafen auf einen der zahlreichen Parkplätze abgestellt. Kann man gut finden, muss man aber nicht. Die beiden „offiziellen“ Stellplätze der Stadt sind weit außerhalb (größer 8 km vom Zentrum) und völlig ohne Infrastruktur. Auch nicht nett, aber zum Übernachten deutlich besser geeignet als die Parkplätze am Hafen.
Die gut 100 Kilometer von TOLHUIN in die südlichste Stadt des Landes führen tatsächlich über einen 450 Meter „hohen“ Pass mit ein paar leichten Serpentinen. Hängt man hinter einem LKW der die Stadt oder die zahlreichen Kreuzfahrtschiffe im Hafen versorgt, hat man verloren.
So eine „am Arsch der Welt“ (oder wie es die Eingeboren vornehmer an allen Ecken und Enden zu sagen pflegen: Am Ende der Welt) Position liefert im kleinen merkwürdige Stilblüten. Mussten wir bisher immer eisern unser Leergut Bierflaschen sammeln, durch die Gegend kutschieren und schließlich abgeben, damit wir volle Flaschen kaufen durften, will hier unten keiner die leeren Flaschen haben. Soll man einfach in den Müll schmeißen. Dafür kosten volle Flaschen dann eben knapp das Doppelte. OK. Verstanden, das dient der Vereinfachung!

Die Stadt USHUAIA:
Am Ufer des BEAGLE KANALS laufen sechs (!) Autospuren. Man fragt sich unwillkürlich, wo zur Hölle die ganzen Autos wohl her kommen können? Hier ist doch sonst nichts ?! Die ganze Stadt ist in den Berg gebaut. Weiter oben, parallel zur Küstenstraße befindet sich die große Einkaufsstraße. Alles was Touristen so brauchen könnten (oder auch nicht) wird hier feil geboten. Wirklich alles. Und alles zu absoluten Mondpreisen. Wer hier etwas kauft muss ganz offensichtlich entmündigt werden.
Nun, wir sind auf einer Mission. Nicht von den vielen weihnachtlich geschmückten Schaufenstern ablenken lassen.
Nicht Wäsche waschen (lassen), nicht einkaufen, kein Werkzeug suchen.

Nein, wir wollen nun doch eine Mini-ANTARKTIS Kreuzfahrt buchen und gehen dazu in das bei iOVERLANDER in den höchsten Tönen gelobte Reisebüro FREESTYLE ADVENTURE TRAVEL. Uuuuiiii, Uuuuui, Freestyle, wenigstens im Namen, und Adventure und so…das alles in unserem Alter!
Gabriel, der Inhaber, fängt uns gleich direkt an der Tür ab und könnte sicher auch als Entertainer auf einer Bühne stehen. Ist doch eigentlich immer so. Gute Vertriebsleute sind immer gute Entertainer. In seinem schicken Einzelbüro beantwortet er geduldig und kompetent die zahlreichen Fragen der Beifahrerin und gewinnt so schnell das nicht nur ihr Vertrauen.
Ab und zu kommt eine Frau ins Büro und redet auf spanisch auf ihn ein. Wie sich heraus stellt ist das seine Frau Sarah, gebürtige Amerikanerin. Die beiden haben vor 10 Jahren in einem „Shithole“ (so Garbriel) ihr auf Last Minute ANTARKTIS Kreuzfahrten spezialisiertes Reisebüro eröffnet. Muss wohl gut gelaufen sein, so modern und ansprechend wie das aktuelle Büro daher kommt.
Am Ende ist Sarah natürlich noch viel mehr Vertriebsprofi als ihr Mann. Schließlich kommt sie aus dem Land, in dem Powersales erfunden wurde.Sie will ganz offenbar einfach nur sicher sein, das ihr Mann es nicht versaut. Der macht nämlich eher so eine Art Anti-Sales. Wir sollen ruhig noch mal über alles nachdenken und Morgen wieder kommen, wenn wir buchen wollten. Zeit sei noch genug. Machen wir aber nicht. Wir buchen gleich, denn alles was wir hören klingt glaubhaft.

Die Preise fallen in den letzten Tagen vor Auslaufen der Dampfer nicht mehr. Versprochen. Man will nicht zwei Last-Minute Preise riskieren. Die Preise machen sowieso nicht die beiden, sondern die Veranstalter. Und die sitzen, Achtung, Tusch, gar nicht in ARGENTINIEN, sondern in der Regel in den USA. Vor CORONA gab es auch mal einen Anbieter aus CHINA, der hauptsächlich an Chinesen verkaufte. Deren Last-Minute Angebote haben vor Ort aber nicht funktioniert, weil niemand „allein unter Chinesen“ reisen wollte.
Na ja, jetzt machen das wahre Geschäft also doch wieder einfach andere Ausländer. Denn man zahlt die ANTARKTIS Reise natürlich nicht in ARGENTINIEN, sondern in den USA. Ob das immer alles so richtig ist?
Egal. Irgendwann wird es auch zu viel mit dem Denken.

Die Entscheidung ist gefallen und die kleine Kreuzfahrt, hier ausdrücklich Expedition genannt, ist gebucht.
Weihnachten 2022 werden auf dem recht komfortablen Dampfer SEAVENTURE in der ANTARKTIS verbringen und uns bei der jeweils zweitägigen An- bzw. Abreise die Seele aus dem Hals kotzen. Jedenfalls der Eine, der mal Fahrer war.
Sogar einen guten Platz für KNAUSi hat das Reisebüro im Koffer: Abgeschlossener Firmenparkplatz gleich um die Ecke.
Das Geschäftliche ist geregelt und als die kleine Reisegruppe am Abend gemeinsam die Internetseite des eigentlichen Anbieters (Tour Operator) POLAR LATITUDES studiert, ist endlich auch der Fahrer voll bei der Sache. Scheint wirklich alles Hand & Fuß zu haben und kann eine sehr tolle Sache werde. Aber natürlich müssen wir unsere Erwartungshaltung auch schnell wieder ein wenig einfangen, sonst können wir nur enttäuscht sein. Kennen wir doch alles schon…
Den Folgetag verdödeln wir ganz bewusst auf dem freien „Campingplatz„ am Ende der Welt. So heißt jedenfalls die Eisenbahnstation gleich neben an. Das Wetter ist so was von durchwachsen, da würde man eher keinen Hund vor die Tür schicken. Sommer nennt sich das.
Aber wer gibt schon was auf Jahreszeiten?
Peter.