Ruhetag, Waltour, Inseltour.
Drei volle Tage auf der riesigen Halbinsel VALDES. Die ist vollständig unter Naturschutz gestellt und nur über eine Zufahrt zu erreichen. Entsprechend klug hat man dort den Eintritt zum Nationalpark hin gesetzt und kassiert 2.800 Pesos, also in etwa 10 € pro Person. 20 Kilometer weiter gibt es ein Besuchszentrum mit kühnem Aussichtsturm.
Allerdings, so über die platte Halbinsel mit ihrer kargen Vegetation hinweg gibt es eigentlich nichts zu sehen. Jedenfalls landschaftlich nicht. Tiere, zu Land, in der Luft und zu Wasser schon, doch die wollen allesamt erst mal entdeckt werden.

Früher, ja früher, da konnte man überall auf der Insel einfach so campen, das ist jetzt strengstens untersagt. Nur auf dem Campingplatz in PUERTO PIRAMIDES, dem einzigen Ort auf der Halbinsel, darf man noch mit Wohnmobil, Zelt oder Wohnwagen stehen. Wenn man 2.500 Pesos pro Nacht dafür bezahlt. Bis 1600 oder 1700 pulsiert das Leben in den zwei kleinen Straßen von PUERTO PIRAMIDES, dann sind die vielen Touristengruppen, die von PUERTO MADRYN mit großen Reisebussen herüber gebracht werden, wieder weg.

Die Bustouristen kommen einzig zu dem Zweck, mit mehr oder weniger kleinen Booten zu den Walen in der Bucht gefahren zu werden. Whalewatching, neudeutsch. Wale gucken, verständlich.
Es gibt geschätzt 12 Touranbieter auf engstem Raum, die ihre Boote in Ermanglung eines echten Hafens mit großen Trailern über den breiten Strand ins tiefe Wasser schieben müssen. Wir wählen den Anbieter PEKE SOSA, weil dieser bei iOVERLANDER gute Bewertungen erhalten hat.
Der nachmittagliche Bootsausflug verläuft jedoch leider recht enttäuschend.
Das Boot ist darauf ausgelegt, so viel wie möglich Menschen mitnehmen zu können und wäre daher wohl auch geeignet, im Mittelmeer Flüchtlinge zu transportieren. So fühlen wir uns denn auch eng zusammen gepfercht in unseren Rettungswesten, die ihren Namen nicht verdienen. Dann braust das Boot eine halbe Stunde ins Walgebiet, bleibt dort eine halbe Stunde und fährt dann den gleichen Weg wieder zurück.
In der halben Walstunde versuchen dann geschätzt 90 Personen ihre ultimativen Walbilder zu machen, am liebsten natürlich in der Selfievariante. Entsprechend ist das Gedränge um die Beste Plätze groß und die Frau Tourguide muss immer wieder ermahnend einschreiten, damit nicht alle auf eine Bootsseite stürzen. Der Fahrer, hier in seiner Eigenschaft als verhinderter Walfotograf ist schnell genervt und gibt relativ schnell einfach auf. Das fällt im leicht, hat er doch im Leben schon bessere Walbegegnungen (oder hier) erleben dürfen.
Die kleine Reisegruppe einigt sich schnell darauf, das man das Geld für die Tour auch anders hätten verbrennen können und verdrängt dieses Erlebnis recht schnell.

Am nächsten Tag ist die Erkundung der Insel mit dem Auto angesagt!
Im Touristenbüro von PUERTO PIRAMIDES erfahren wir, das man zum Hochwasser am Aussichtspunkt PUNTA CANTOR sein sollte, wolle man ORCA´s sehen. Das örtliche Hochwasser ist für 1400 angesagt. Die gut 70 Kilometer dorthin sind ausschließlich Piste, wie im übrigen alle „Straßen“ auf der Insel. Nur die Straße vom Festland nach PUERTO PIRAMIDES ist geteert, damit dir großen Touristenbusse schneller durch kommen.
Damit es diesmal kein Drama mit der Besten Fotografenposition gibt, steht der ORCA Jäger bereits um 1200 auf seinem Posten am PUNTA CANTOR. Eine offenbar aus den USA stammende Parkranger(in) erklärt, das in den letzten Tagen immer ORCAS zu sehen waren und die bestimmt auch heute kommen würden.

Diese Raubwale kommen allerdings nur, um den ein oder anderen am Strand herumlungernden Seelöwen zu vernaschen. Also zur Futtersuche. Damit wirklich auch jeder ORCA gezählt wird, verteilen sich die Parkranger über die Küstenabschnitte und melden ihre Erkenntnisse per Funk.
Seelöwen werden so einige fotografiert, doch als gegen 1430 immer noch Walflaute herrscht, brechen wir auf. Und wie es so ist: Als wir los gehen behaupten die Ranger, wir können noch nicht gehen, jetzt seien die ORCAS im Anmarsch! Weit draußen könne man durch die starken Ferngläser weißes Wasser erkennen.
Tolle Wurst.

Aber heute steuern sie eine andere Bucht an, an die man nicht so nahe heran kommt. Wir fahren geschwind zum nächstgelegen Aussichtspunkt und können tatsächlich durch das Super-Teleobjetiv (600mm) vier Walflossen in unmittelbarer Strandnähe erkennen, deren dazugehörige Körper ganz offenbar auf der Jagd sind. Die Parkranger sind einmal mehr im Vorteil. Erste Reihe und die dürfen hier Drohnen fliegen und somit ganz nah´ ran ans Geschehen.
Durch die ganze ORCA Jagd ist es spät geworden, wollen wir doch noch den PUNTA NORTE besuchen. Nochmal knapp 50 Kilometer Piste, direkt am Meer entlang. Die amerikanische Parkranger(in) meint, die Piste sei für ein Auto mit großer Bodenfreiheit gut zu befahren, aber man dürfe auf dieser Strecke wirklich an keiner Stelle aussteigen!
OK, machen wir uns also einmal mehr auf den Weg.

Anfangs ist die Piste wie bisher auch gut zu fahren, doch dann kommen immer mehr Abschnitte mit tiefem Kies und manchmal fängt KNAUSi regelrecht an zu schwimmen. Bloß nicht zu langsam werden. Bloß nicht stecken bleiben! Umdrehen kommt jetzt nicht mehr in Frage, schließlich sind wir ja fast da.
PUNTA NORTE ist viel, viel hübscher als PUNTA CANTOR und wir sind recht froh´ doch noch hierher gekommen zu sein. Es ist mittlerweile kurz nach 1800 Uhr, die Abendsonne beleuchtet die Kulisse in ihrem grandiosen goldgelb. Nur 20, 30 andere Touristen sind noch hier. Wie schön!

Wir machen unsere Bilder, lesen Hinweistafeln und gehen zurück zum Auto. Da ruft der Tourguide der kleinen Touristengrupper hinter uns her: Orcas, Orcas!
Während die Beifahrerin unverzüglich zurück zur Küste sprintet, hechtet der Fahrer noch kurz ins Auto um wieder das Super-Teleobjektiv an die Kamera zu schrauben. Alles andere wäre Blödsinn. Und ebenfalls hinterher!
Als ob man nur lange genug am Ball bleiben muss, um irgendwann belohnt zu werden. Endlich entstehen ein paar gute ORCA Bilder und es ist tatsächlich faszinierend zu erleben, wie nahe diese großen Tiere dem Strand kommen. Offenbar muss die Küstenlinie hier sehr schnell steil abfallen.
Doch vermutlich gehen wir ORCAS heute mit leeren Mägen zu Bett, denn die am Strand herum liegenden Seelöwen denken natürlich nicht im Traum daran, sich als Nahrungsmittel hier und jetzt her zu geben.
Wahrhaft spektakuläre ORCA Bilder kann man nur in den Ausstellungsräumen von PUNTA NORTE sehen, von einer Fotografin mit dem (Künstler?)Namen „GRETCHEN FREUD“. Aber leider findet man im Internet so gar nichts über die Dame. Doch schließlich sei auf die Seite „Península Valdés Orca Research“ verwiesen, auf der es richtig zu Sache geht. Tolle Bilder!
OK, dann packe ich mal ganz bescheiden und voller Demut meine Knipse wieder ein…
…und nehme voller Tatendrang meine Tätigkeit als Fahrer wieder auf und bringe meine Beifahrerin und mich über weitere 80 Pistenkilometer zurück nach PUERTO PIRAMIDES.
Wir sind wirklich platt von diesem Inseltag, aber auch sehr froh, ihn gemacht zu haben!

Zurück auf dem Campingplatz fällt mal wieder kurz die Kinnlade herunter. Die nächste geführte Wohnmobiltour ist da! Und obwohl der riesige Campingplatz wieder leer war, als die erste Gruppe abgereist war, stellt sich die neue Tour in Reih´ und Glied wie auf einem deutschen Parkplatz auf. Sehr ordentlich. Gut gemacht, ihr geführten!
So bleibt „unsere“ Ecke wenigstens frei.
Für uns!
Peter.