Touristisch ist ARGENTINIEN schon ein spaßiges Land. Einfach mal so ein Highlight (IGUAZU Wasserfälle) ganz in den Norden zu verfrachten und ein anderes (USHUAIA) ganz in den Süden.
Will man beide Orte besuchen, muss man tausende, sogar viele tausende, laut GOOGLE MAPS exakt 4.317 Kilometer in 51 Stunden Fahrzeit abfahren.
Und wenn man aus MONTEVIDEO kommt, wird es noch länger, weil man ja erst mal nach Norden, in den von PARAGUAY und BRASILIEN umgebenen Bundestaat MISSIONES kommen muss. Aber bekanntlich ist beim Reisen ja immer der Weg das Ziel.

Wie geplant tauschen wir unterwegs in POSADAS viel Geld und machen uns dann auf der autobahnähnlich ausgebauten Nationalstraße 12 auf dem Weg nach Norden. Idealer Tag zum Fahren. Gestern noch 32°C, blauer Himmel und Sonne, jetzt nur noch 12°C (!) und sehr regnerisch. Was anderes als Autofahren würde jetzt auch überhaupt keinen Sinn machen. Kein Bild entsteht an diesem Tag. Im Auto haben wir während der Fahrt tatsächlich die Heizung an, ein ganz klein wenig.
Auf der N12 schafft man ohne Probleme einen Durchschnitt von 90 km/h und selbst wenn mal einer dieser Uralt-Trucks einen Hügel emporkriecht, kommt man locker daran vorbei. Bergauf sind es immer zwei Fahrspuren auf der N12, Bergab eine. Ab und zu kommt eine Mautstelle, wenn wir es richtig in Erinnerung haben, durften wir zwei mal 200 Pesos berappen, also irgendwas mit 1,50 €?

Die Grenzstadt im Nordwesten heißt PUERTO IGUAZU, der Nationalpark IGUAZU ist davon ca. 25 Kilometer entfernt. Und unser Campingplatz liegt genau dazwischen. Eigentlich mal wieder ein Platz mit Hütten/Ferienhäusern, aber auch Stellplätzen für Wohnmobile. Wir sind Mutterseelen alleine, doch die Wirtin ist freundlich und Dusche & WC sind sehr sauber. Und das, obwohl kein Gast da ist. Geht doch.
Am nächsten Morgen nehmen wir den Linienbus zum Eingang des Nationalparks. Es ist wohl besser, das Auto auf einem gut umsorgten Campingplatz zu lassen als es in einer Touristenhochburg zu parken? Könnte aber auch schon paranoid sein, denn wir haben bisher nicht das geringste Anzeichen von Gaunereien bemerkt.
Gleich an der Kasse am Eingang ein Schock. Die wollen hier tatsächlich Pässe sehen! Haben wir nicht mit. Was soll denn der sch…?
Aha. Ganz einfach. Der Eintrittspreis für Eingeborene beträgt weniger als die Hälfte als für uns Ausländer. Wenn man direkt „Ausländer“ und „Allemania“ sagt, will keiner einen Pass sehen. Oh Mann, muss denn so eine Aufregung sein?

Wir pilgern den Fußweg zum Upper Circuit (inder Karte der blaue Weg), zum oberen Rundgang, umgeben von wenigen anderen und fühlen uns recht wohl. Doch kaum erreichen wir den Rundgang, sind wir umringt von riesigen Reisegruppen, die alles verstopfen und versperren. Ein Führer, mit Regenschirm natürlich, führt 50, 60 oder gar 80 Gruppenmitglieder. Eine Busladung voll halt. Alle mit Sticker als Teilnehmer einer Reisegruppe erkennbar. Eine solche Menschenansammlung wäre sicher kein Problem, doch es sind mindestens 6!
Und scheinbar alle wollen unbedingt das ultimative Selfie vor spektakulärer Kulisse, während ihr Tross unweigerlich weiter zieht. Wenn man das mal genauer beobachtet kann man nur zu dem Schluss kommen, das dieser Selfiewahn, dieses kokette posieren vor der Eigenen Kamera einen unglaublichen Narzissmus in der Gesellschaft entlarvt, der irgendwann zum Untergang der Welt wie wir sie kennen führen muss. Denn wenn sich die Welt nur noch um einen selbst dreht, gibt es keine verbindende Gemeinsamkeiten mehr.
Es dauert seine Zeit, bis sich der Fahrer, heute in seiner Eigenschaft als Landschaftsfotograf mit diesen Menschenmassen abgefunden hat. Denn, so befindet er irgendwann selbst: Er ist ja auch nur hier, um Fotos von längst bekanntem zu machen.

Und zum ersten mal seit wir in ARGENTINIEN sind, sind wir wirklich vom Land beeindruckt. Zum einen von diesem gigantischen IGUAZU Wasserfall, aber auch von der argentinischen Ingenieurskunst, die dieses einmalige Naturspektakel für Touristen erlebbar gemacht hat. Wie die bloß die Brücken und Gänge in diesen tosenden Wassermassen gebaut haben? Abstellen ließ sich das Wasser während der Bauphase ja wohl nicht?
Durch den Regen der vergangenen Tage herrscht Hochwasser und um so prächtiger stürzen die Wassermassen in die Tiefe. Doch leider sind aufgrund des vielen Wassers gleich zwei Aussichtspunkte gesperrt. Einmal der obere, nur mit der Bimmelbahn zu erreichende DEVILS THROAT (in der Karte der orange Weg). Der wurde vor zwei Wochen komplett weg gespült und ist bis zum Wiederaufbau wohl länger geschlossen. Und auch auf dem unteren Rundgang (in der Karte der gelbe Weg) sind einige Abschnitte wegen Hochwassers gesperrt.
Doch wir sind zufrieden, mit dem was wir hier sehen können. Sehr zufrieden sogar!

Die IGUAZU Wasserfälle sind mit Abstand die größten und beeindruckensten, die wir je gesehen haben. Das will schon was heißen. Da kommen die eher kleinen Rinnsale in der KARIBIK oder in NEUSEELAND wirklich nicht mit. Selbst die NIAGARA FÄLLE, vom Fahrer anlässlich einer Dienstreise vor vielen Jahren besichtigt, verblassen dagegen erbärmlich.
Aber was sollen eigentlich solche Vergleiche? Ist Größe wirklich alles? Als wir damals nach drei Wochen auf dem ATLANTIK in DOMINIKA in einem (im Vergleich) kleinen Wasserfall unser erstes Süßwasserbad mitten im grünen Urwald seit Monaten nehmen konnten, war das das mit Sicherheit jemals größte erlebte!
Nun, an ein Bad am Fuße der IGUAZU Wasserfälle ist sicher nicht zu denken. Höchstwahrscheinlich tödlich. Aber man könnte sich mit einem dieser großen Motorboote den Strudeln und der wilden Strömung aussetzten. Oder auch nicht. Entweder selber Skipper oder gar nicht zur See fahren.
Nach schätzungsweise 10 gelaufenen Kilometern sind unsere Füße mal wieder platt und wir haben echt genug gesehen. Mit den Linienbus fahren wir am Campingplatz vorbei in die Stadt PUERTO IGUAZU, übersehen dabei jedoch, das wir mitten in der Siestazeit dort ankommen und sich die Stadt entsprechend tot präsentiert. Die vielen Restaurants und Hotels sprechen eine eindeutige Sprache, die langen Schlangen vor den Tankstellen mit Autos aus PARAGUAY auch. Ob sich das Tanken im Ausland wirklich lohnt? Schließlich sehen wir auch die langen Autowarteschlangen an der Grenze.
Mit dem nächsten Linienbus zurück zum Campingplatz und gut ist für den Tag.
OK, das waren die vielen Kilometer bis hierher schon mal wert!
Peter.