Es gibt einige Grenzübergänge zwischen David und Goliath. Wie genau die Rollenverteilung aber eigentlich ist erschließt sich uns nicht. Sicher, rein von der Fläche her ist URUGUAY in der Rolle des David zu vermuten. Auf der anderen Seite: URUGUAY ist ein funktionierender Staat. ARGENTINIEN wohl eher nicht. Also alles eine Frage des Maßstabs auch wenn wir alle wissen: Size doesn´t matter.
Denken jedenfalls Männer. In der Regel.

Nun denn. Bis zur Grenze ist es ganz schön weit und wir haben uns den Naherholungspark BALNEARIO IPORA in der Nähe der Stadt Tacuarembó als Übernachtungsplatz ausgesucht. Laut iOVERLANDER ein guter Ort. Das stimmt auch so, allerdings sind die nicht wirklich auf Typen wie uns eingestellt. Eher auf Zelte in der Hochsaison. Nach einiger Diskussion dürfen wir uns hinstellen wo wir wollen, aber bitte auf keinem Fall am See!
Alles ist gut, bis etwa gegen 2300 Uhr. Da fahren dann doch viele Autos und Motorräder durch den Park und rauben uns den Schlaf. Richtig wach werden wir, als 50 Meter neben uns ein Motorradfahrer mit Anhänger in absoluter Dunkelheit einen Holzstapel sauber zerlegt und diesen mit Sicherheit unerlaubt in seinem Anhänger mitgehen lässt. Schon klar: Auch die Menschen auf der Südhalbkugel müssen heizen. Irgendwie.

Fazit für diesen Platz: Teuer und in der Nähe einer Großstadt braucht man auch im URUGUAY nix zu erwarten.
Am Freitagmorgen brechen wir ausnahmsweise schon gegen 0800 auf, damit wir rechtzeitig in der argentinischen Stadt CONCORDIA eintreffen. Denn so ein Grenzgang ist immer mit den gleichen Aufgaben versehen: Lokales Geld, Telefon und Lebensmittel besorgen. Und Gas vielleicht auch.
Die Fahrt auf der kleinen Straße N31 ist relativ eintönig. Bis auf wenige Orte offenbart sich URUGUAY uns nicht als Schönheit. Eher eintönige, gar langweilige Landschaften. War wohl früher, ganz früher, alles bewaldet. Bäume sind jetzt allerdings eher Mangelware hier.
Nun, irgendwann erreichen wir den Grenzübergang von SALTO (URUGUAY) nach CONCORIDA (ARGENTINIEN). Der führt über einen riesigen Staudamm, denn an dieser Stelle wird die Wasserkraft des RIO URUGUAY zur Stromerzeugung verwendet. Doch ganz geheuer ist uns die Sache nicht. Sehr industriell, aber erst mal keine Kontrollstellen. Erst als wir ganz auf der anderen Seite des Dammes sind, wird es offiziell.
Doch wieso halten alle Fahrzeuge an? Alle Insassen steigen aus und gehen in ein Gebäude?
Hm. Machen wir wohl besser auch mal.

Warum auch immer werden wir sofort als Touristas erkannt und entsprechend bedient. Einer nimmt uns schon mal unser wertvolles Zolldokument für unser Auto aus URUGUAY ab. Natürlich ohne das wir dafür eine Quittung bekommen. Also haben wir KNAUSi vermutlich schon mal aus URUGUAY sauber ausgeführt.
Ein anderer Grenzer nimmt uns die Pässe ab, klimpert ein wenig auf dem Computer herum und gibt uns die Pässe ungestempelt wieder.
Fertig, ihr könnt fahren!
Ach, wie prima. Wie einfach. Ab ins Auto und zum Übergang. Doch die Herren dort lassen uns nicht durch. Ob wir denn schon unser Dokument für unser Auto vom argentinischen Zoll hätten?
Nö, natürlich nicht. Also noch mal schnell in ein anderes Büro. Auch der Herr dort klimpert auf dem Computer herum und übernimmt Daten aus unserem deutschen Fahrzeugschein. Am Ende bekommen wir ein DIN A4 Papier aus dem Drucker, das besagt, das wir KNAUSi genau drei Monate in ARGENTINIEN lassen dürfen. OK, immerhin weiß das Auto woran es ist.

Im ersten Anlauf finden wir den CLUB PESCA, den Angelclub von CONCORIDA nicht. Dafür ein Fußballfeld direkt am Fluss. Das ist ja das tolle an Straßennavigationssystemen. Die können einen nur da hin führen, wo auch eine ihnen bekannte Straße hin führt.
Ach, was war das Navigieren an Bord des STORMVOGEL doch einfach: Dessen NAVI hat sich weder für Untiefen, noch für Inseln oder gar Kontinente interessiert. Kurs setzten und los gehts! So im nach hinein: Durchaus erstaunlich, das wir unseren Weg selbst zu den kleinsten Atollen im PAZIFIK gefunden haben. Im Allgemeinen jedenfalls. Unfassbar!
Also einfach mal zurück, eine Straße weiter rein und schon ist da der gesuchte Angelverein. Die Beifahrerin weiß einfach nicht zu schätzen, das ein „Ausreichend“ in der Navigationsabschlussklausur der Hochschule für Nautik zu Bremen tatsächlich AUSREICHEND (!) ist, um sich auf den Straßen dieser Welt als Fahrer zurecht zu finden.
Auto geparkt und dem Platzwart aufwendig erklärt, das wir kein Geld haben um jetzt wie gewünscht zu bezahlen. Jedenfalls keine argentinischen Pesos. Die will er aber. Ein Grund mehr, direkt in Stadt zu wandern (20 Minuten) um an frisches lokales Geld zu kommen. Doch es ist noch Siesta, offenbar landesweit von 1200 bis 1600. Immerhin ist ein Geldautomat so freundlich und spuckt uns für 6,50 € Gebühren den Gegenwert von etwa 60 € in Pesos aus. Mehr gibt es nicht. Jedenfalls nicht in einem Rutsch. Will man (wir!) auch gar nicht, denn im Automaten gilt mit ziemlicher Sicherheit der offizielle Wechselkurs von 1 € = ca. 150 Pesos. Das machen nur Deppen während der Siesta, denn der Straßenkurs liegt bei 1 € = 280 Pesos. Also fast das Doppelte! Setzt allerdings voraus, das man genügend Bargeld in Form von US-Dollars dabei hat.
Haben wir, noch.
Irgendwann muss sich der Fahrer wohl mal mit dem wundersamen Geldverschicken via WESTERN UNION beschäftigen, um an Nachschub zu kommen. Denn die eingeborenen Automaten werden bei so einem schlechten Wechselkurs mit Sicherheit nicht unsere Freunde. Von den Gebühren im Gegenwert von zwei Flaschen Bier (je 1 Liter wohlgemerkt!) ganz zu schweigen.

Und für den Fall das es einen (es reicht tatsächlich eine/einer) wissenden unter den wenigen Lesern dieses Blogs gibt:
Wir funktioniert das? Wieso kann der offizielle Wechselkurs so unter dem Straßenkurs liegen? Wo bleibt denn dann das Geld? Kann uns doch keiner erzählen, das die Banken nicht daran verdienen? Klar, Schwarzmärkte machen ihre eigenen Regeln.
Aber so schwarz sind die Wechselmärkte hier gar nicht. 100 US$ tauschen wir auf der Straße bei einem Mann, der da einfach so mit einer dicken Brusttasche herum steht und meint, er würde Geld tauschen. 1:280. In einer Bar das erste argentinische Bier, weitere 100 US$ für 1:285 getauscht. In einer offiziellen Wechselstube gleich um die Ecke weitere 200 US$ für 1:280. Immer das gleiche Prinzip: Bargeld gegen Bargeld.
Nur die Kollegen aus der Bank, die Bargeld gegen Plastik heraus rücken und dafür 6,50 € Gebühren nehmen liefern grauenvolle 1:150 ???
Wie zum Teufel funktioniert das?
Sitzt da ein Banker im Automaten und lacht sich tot?
Wie auch immer. Teil eins des Beutezugs erledigt.
Die Nummer mit der SIM Karte kürze ich hier mal ab: Katastrophal. Nach gefühlt zwei Stunden haben wir eine (!) SIM Karte, registriert auf fremden Namen mit 3 GB Daten für 7 Tage. Irre. So irre, das das noch einen eigenen Beitrag dazu geben muss ;-(
Auf dem Rückweg zum Auto noch schnell ein paar Flaschen kaltes Bier aus einem Kiosk mit nehmen. Geht auch nicht. Haste kein Leergut, kriegste auch keine vollen Flaschen. Auch für Geld nicht. Tolle Wurst.
OK, das Bier aus URUGUAY reicht noch und vielleicht war der Tag einfach auch zu lang. Heiß alle male.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf gen Norden, finden noch zufällig einen Laden mit Gasflaschen am Straßenrand. Und Leuten, die nun mal wirklich hilfsbereit sind. So basteln wir zusammen auf der Straße einen Gasadapter und haben jetzt also auch erst mal ausreichend Gas an Bord.
Da der kleine Laden eigentlich alles hat, was man jemals im ganzen Leben (kein Schnack!) brauchen könnte, kaufen wir noch ein zweites Warndreieck, einen 3 kg Feuerlöscher und einen Engländer. Die ersten beiden Dinge braucht man auf den Straßen von ARGENTINIEN, will man nicht von der Polizei zur Kasse gebeten werden. Den Engländer brauchen wir damit wir unsere Anhängerkupplung auf einem Supermarktparkplatz abschrauben können. Denn auch die ist (angeblich) nicht erlaubt.
Um es mal so zu sagen:
ARGENTINIEN macht es einem nicht einfach. Liebe auf den Ersten Blick ist das hier sicher nicht.
Peter.