T22+23: PATRAS Gauner

Wie immer bei anstehenden Fährfahrten kommen wir auch diesmal viel zu früh´ am Hafen von PATRAS an. Kurzer Check-In und dabei die neue Erkenntnis, das auch ITALIEN neuerdings nach einem PLF, einem PASSAGNER LOCATOR FORM, auszufüllen VOR der Einreise nach ITALIEN, verlangt.

Pünktliche Ankunft der Fähre ZEUS PALACE der Reederei MINOAN in PATRAS / PELEPONNES / GRIECHENLAND

Also geschwind den Blechaffen angeschmissen und das überraschend umfangreiche Online-Formular ausgefüllt. Mann (ich!) könnte jetzt ca. 10.000 Wörter über den dort getriebenen Nonsens verlieren und darüber herumheulen, wie viel Geld in dieses saublöde System geflossen sein wird. Doch wozu? Das Problem sitzt immer nur vor dem Computer. Auch bei der Erststellung von mit heißer Nadel gestrickter Weichware („Software„).

Pünktliche Ankunft der Fähre ZEUS PALACE der Reederei MINOAN in PATRAS / PELEPONNES / GRIECHENLAND

Die wahre zu erzählende Geschichte dieses Tages ist eine andere.

Viel spannender.

OK, wichtig vorweg zu erwähnen:
Ein guter Teil der folgenden kleinen Geschichte besteht aus Mutmaßungen. Genau wissen tun wir eigentlich nix. Aber es sind durchaus begründete Mutmaßungen, schließlich waren wir ja mitten drin und live dabei 😉

Nun denn.

Pünktliche Ankunft der Fähre ZEUS PALACE der Reederei MINOAN in PATRAS / PELEPONNES / GRIECHENLAND

Nach dem Check-In haben wir noch gut drei Stunden, bis wir an die Verladepier in den Hafen dürfen. Also parken wir unser Wohnmobil in der Nähe einer kleinen Grünanlage im öffentlichen Bereich des Hafengebiets. Frühstücken mit Hafenblick. Außerdem will der Fahrer später noch den Kofferraum aufklaren. Dort wird in ANCONA Platz benötigt, MORETTI Bier und MORODER Rotwein sollen am Sonntag nach Ankunft im OASI Supermarkt gebunkert werden.

Auf der Pier zu lesen: „ZP“ – genau an der Markierung muss das Heck der ZEUS PALACE liegen, damit die großen Laderampen richtig auf der Pier zu liegen kommen

Der Hafen von PATRAS („NEW PORT OF PATRAS„) besteht aus zwei riesigen Flächen:
Über eine gesonderte Zufahrtsstraße zum Hafengebiet gelangt man von der Stadt in den öffentlichen Bereich des Hafens. Hier sind moderne Bürogebäude, Toiletten, kleine Grünflächen und ein Kiosk mit Minimarkt zu finden. In einem der Bürogebäude befinden sich die Check-In Schalter der verschiedenen Reedereien. In diesem öffentlichen Bereich gibt es sehr großzügige Parkplatzflächen.

Unmittelbar nach Festmachen verlassen die ersten LKW´s die ZEUS PALACE

Hat man seine Papiere vollständig beisammen, fährt man zur Vorgegebenen Uhrzeit zum Security-Check: Hier wird geprüft ob ein gültiger Fahrschein vorliegt und das Fahrzeug wird anschließend kurz inspiziert. Bei unserem Wohnmobil wird im Kofferraum und im Waschraum nachgesehen, ob ein blinder Passagier an Bord ist. Mehr nicht.
Danach ist man im inneren, im gesicherten Hafenbereich auf der riesigen Verladepier.

Viel Betrieb auf der Laderampe

Der öffentliche Hafenbereich wird von der Stadt PATRAS mit einem ca. 2,5 Meter hohen Zaun, der wohl auch Sicht- und Lärmschutz liefern soll, getrennt. Der innere, gesicherte Hafenbereich wird durch einen deutlich aufwendigeren Zaun (größer 3 Meter?) mit Stacheldraht an der Oberkante vom öffentlichen Bereich getrennt. Der innere Bereich kann tatsächlich nur über das Security-Gate mit acht Fahrspuren erreicht werden.

Viel Betrieb auf der Laderampe

Wir sitzen da also bei offenen Fenstern und Schiebetür im Besten Sonnenschein beim Frühstück im öffentlichen Bereich des Hafens von PATRAS. Da sehen wir einen jungen Mann, ganz in schwarz mit Kapuzenpulli gekleidet, natürlich aufgezogener Kapuze und Handschuhen, an uns vorbei rennen. Rennen ist eigentlich untertrieben, man müsste eher von im sauseschritt düsen sprechen, so schnell lief er.

Viel Betrieb auf der Laderampe

Hä, was war das denn für einer?

Oh, sieh mal, da kommt ja auch ein Streifenwagen hinterher gefahren. Hat der jetzt in wildem Zick-Zack laufende junge Mann wohl was ausgefressen?

Was denn bloß?

Ein Polizist steigt aus dem Streifenwagen aus und geht in die eine Richtung, der im Streifenwagen verbliebene Polizist wendet das als Polizeiauto weithin erkennbare Fahrzeug und fährt in die andere Richtung. Offenbar will man dem jungen Mann in schwarz den Weg abschneiden. Klarer Fall von Verfolgungsjagd, aber bei Leibe nicht so wie in einem der anständigen amerikanischen Actionfilme. Eher wie ein gemächliches Räuber Hotzenplotz Schauspiel.

Auch Schiffe müssen mal tanken…Bunkerboot

Der im gemächlichen Schritttempo zu Fuß unterwegs befindliche Polizist verpasst erstaunlicher Weise nur knapp den vom Streifenwagen vor sich her getriebenen jungen Mann in schwarz. Dieser überwindet mühelos den 2,5 Meter hohen Zaun und rettet sich ins Gewühl der Stadt. Der ist damit erst mal weg. Der Streifenwagen pickt den mittlerweile schlendernden Polizisten auf und fährt im spritsparendem Schritttempo auch weg.

Innerhalb einer Stunde verlassen an diesem Abend drei Fähren PATRAS mit Kurs NORD

Tolle Show, aber was zum Teufel war denn das?

Im weiteren Verlauf des Frühstücks passieren nun zwei Dinge:
Zum einen werden um uns herum Trailer mit Containern abgestellt, die wohl erst später verladen werden sollen. Also die Teile „mit ohne“ eigener Zugmaschine. Nur der Trailer (Anhänger) und ein Container darauf.
Zum anderen tauchen immer mehr junge schwarz gekleidete Männer auf, die alle an uns vorbei rennen. Alle tragen Handschuhe, viele haben Kapuzen über dem Kopf.

Abgestellte Trailer ohne eingene Zugmaschine im öffentlichen Bereich des Hafens von PATRAS

Keiner interessiert sich für uns.

Aber so richtig wohl fühlen wir uns jetzt nicht mehr auf unserem zuvor einsamen Parkplatz.

Was ist hier los?

Wenn das Straßenräuber wären, hätten die uns schon längst überfallen können. Der Fahrer lehnt jede auch noch so kleine Sorge aus Prinzip ab. Wir sind hier in Europa, am helllichten Tage am Hafen von PATRAS. Da wird man nicht überfallen.

Aber was sind das bloß für Typen?

Auf Wiedersehen, PATRAS

Die Beifahrerin erkennt, das die mittlerweile 20 (oder so) jungen Männer in schwarz immer wieder wie die Hasen im Zick-Zack über das Gelände rennen und sich dann unbehelligt auf einem Dach (jawohl, DACH!) eines Hafenbürogebäudes treffen.

So viele Fragezeichen bei einem eigentlich als beschaulich geplanten letzten Frühstücks in GRIECHENLAND.

Doch als auf einmal zwei junge Männer in schwarz in unserer unmittelbaren Nähe unter die Hinterachsen eines Trailers kriechen und dort an irgendwas in vielleicht zwei bis drei Minuten herum fummeln dämmert es.

Die verstecken da was!

Die schmuggeln da was!

Bei dem WAS kann es sich ja wohl nur um wirklich verwerfliches Rauschgift handeln. Alles andere wird sich nicht lohnen.

Aber wie cool ist denn dieses Geschäftsmodell?

Abendstimmung im Hafen von PATRAS

Statt einen eigenen Kurier auf die Fähre zu schicken, deponieren sie ihr Transportgut an den Trailern, die ohne eigene Zugmaschine verladen werden. Das spart vermutlich gewaltig Transportkosten (…gute Kuriere sind bestimmt nicht besonders günstig zu haben) und wenn die Drogen doch irgendwie entdeckt werden, kann keiner plaudern. Der Trailer wird nichts sagen. Der Container auch nicht.

Also fast könnte man ja denken, das die vielleicht jetzt fünf, sechs oder sieben Trailer, die in unserer Nähe geparkt wurden, nur deshalb dort im öffentlichen Bereich geparkt wurden, damit die schwarz gekleideten jungen Männer ihre Verladechance bekommen.
Wieso wurden die Trailer nicht direkt im gesicherten Hafenbereich nach dem Security-Check geparkt? Wäre doch viel effizienter, jedes An- und Abkuppeln der Trailer kostet schließlich auch Zeit?

Während der Fahrer des einsam herum stehenden Wohnmobils in aller Seelenruhe mit dem Aufräumen des Kofferraums beschäftigt ist, beobachtet die Beifahrerin, das die jungen Männer in schwarz nun nur noch auf dem Dach des Bürogebäudes sitzen und den Trailer in unserer unmittelbaren Nähe ganz offenbar nicht mehr aus den Augen lassen. Keiner läuft mehr rum. Bis der Trailer schließlich abgeholt wird. Dann sind auf einmal alle (!) vom Dach verschwunden.

Im gesicherten Bereich des Hafens von PATRAS

So viel ist klar:
Das ist eine Gang. Während zwei, drei von den jungen Männern in schwarz vielleicht die Schmuggelware verstecken, lenken die anderen mit ihren irren Laufmannövern nur ab. Lockvögel. Doch wozu? Schließlich sehen wir schon länger keine Polizei mehr. Hütchenspiel für die Videoüberwachung?

Erst viel später, auf der Verladepier im gesicherten Hafenbereich, sehen wir einen (!) Menschen (nicht uniformiert) mit einem Drogenhund an der Leine, der durch die langen LKW Reihen läuft. Beim Security-Check ist pro Fahrspur nur ein Mitarbeiter je Fahrspur, ohne Hund.

Doch wie blöd sollten solche Schmuggler sein?

Wenn sie die Schmuggelware an einem der wartenden LKW mit eigener Zugmaschine anbringen würden, hätten sie immer das Problem das der Fahrer (…und wohl auch die anderen Fahrer der umstehenden LKW´s) das mit bekommen würden. Genauso wie wir selbst an unserem Wohnmobil.
Außerdem hätten ihre Kollegen in ANCONA kaum eine Chance an die Schmuggelware zu kommen. Von der Fähre geht es für diese LKW´s direkt runter, durch die Security und rauf auf die Autobahn. Da müssten sie lange hinterher fahren, bis der LKW mal wieder hält.

Die Nummer mit den Trailern ist da doch viel geschickter. Die werden von den Hafenzugmaschinen von der Fähre geholt, ein paar mal umgeparkt, vermutlich auch außerhalb des Sicherheitsbereiches des Hafens in ANCONA. Recht simpel, das ganze.

Stellt sich die Frage:
Haben wir den Vorfall der Polizei gemeldet?

Nein, haben wir nicht.

Dieses Geschäft ist ganz offensichtlich schon länger etabliert, denn auch im letzten Jahr hatten wir einmal eine Horde junger Männer in schwarz durch den Hafen von PATRAS rennen sehen. Nur konnten wir das damals nicht zuordnen. Die Polizei wird genau wissen, was & wie das da läuft.

Dann stellt sich nur eine weitere Frage:
Warum wird so was überhaupt geduldet?

Kleinkriminalität ist das mit Sicherheit nicht mehr.

So eine Horde muss bezahlt werden.

In beiden Häfen, in PATRAS und in ANCONA.

Nicht gut.

Gar nicht gut.

Peter.

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