Liebe Trudi,
wo bist Du nur, Trudi?
Wer außer uns erinnert sich noch an Dich, Trudi?
Klar. Einige mögen sie schon fast vergessen haben. Heidi und ich beinahe auch!
Doch vor einigen Wochen, die Coronalangeweile auf einem der vielen neuen Höhepunkte, fragt Heidi unvermittelt: Was ist eigentlich aus Trudi geworden?

Echt gute Frage. Nach dem Ende unserer langen Reise, Mitte 2016 bist Du kurz bevor der STORMVOGEL zur Beauty Farm geschickt wurde, einfach abgemustert. Nach über 20.000 Seemeilen einfach sang und klanglos verschwunden.

Mal überlegen. Wo könntest Du wohl stecken?
An Bord des STORMVOGELS kannst Du ja nicht mehr sein. Da hätten wir Dich ja zum Beispiel im letzten Jahr auf der Ostsee sehen müssen. Auf der Werft wirst Du ja wohl auch nicht mehr herum lungern. So groß wie Du bist, hättest Du ja wohl auffallen müssen. Außerdem ist es dort kalt, nass und hier und da strolchen finstere Hafengestalten herum.

Kein guter Ort für Dich, Trudi!
Nun, vielleicht bist Du ja auch still und heimlich in unsere Garage gezogen? Auf unserer ganzen Reise warst Du immer klaglos anspruchslos. Kein Wort von Dir. Täglich im Dienst. Alleine. Draußen, bei Wind und Wetter. Aber wir haben Dir wirklich auch lange Ruhephasen erlaubt. Das musste sein. Das hattest Du Dir verdient! Dennoch warst Du auch in dieser Zeit immer an Deck und unser weithin sichtbares tapferes drittes Crewmitglied.

Anfangs passten wir noch nicht wirklich zusammen. Wie so häufig: Wir kannten uns schlicht noch nicht. Als wir dann heraus fanden, das Du, obwohl schon seit Monaten an Bord, keinen richtigen Namen hattest, haben wir Dich feierlich auf den schönen Namen Trudi getauft. Abgleitet von „Über den Kurs trudeln“. Oder so.
Nach etwas suchen finden wir Dich tatsächlich in einem Hochbett in der Garage. Hast Dich einfach schön nach oben in eine Ecke verkrümelt, Dich lang gemacht und die lange Reise entspannt hinter Dir gelassen. Hätten wir uns ja auch denken können.

Doch ach, Trudi! Wie siehst Du bloß aus? Verwahrlost ist wohl noch der schmeichelhafteste Ausdruck. Deinem messerscharf geschnittenen Beinchen haftet noch das Salz der Ozeane an, Deinem filegranen Körperbau sieht man Sonne, Wind und Meere der vergangenen Jahre auf dem ersten Blick an.
Fast schon mitleidserregend! Fast schon traurig!
Ach Trudi, was machen wir bloß mit Dir so traurig aussehendem Geschöpf?
Du warst uns an Bord immer so treu, so hilfreich, so unverzichtbar!
Es ist wohl an der Zeit, Dir etwas zurück zu geben. Tatenlose Liebe hast Du ja wohl durch uns genug erfahren, aber wie wäre es jetzt zur Abwechselung mal mit etwas tatkräftiger Pflege?

Waschen, legen, fönen?
Gerne, unsere liebste Trudi. Gerne verbringen wir auch an Land, in diesen wahrlich bescheuerten Coronazeiten, in unserer Garage viel Zeit mit Dir und helfen Dir zurück zu altem Glanz. Zu alter Strahlkraft. Zu dem wohl längst vergangenem Selbstbewusstsein, jederzeit unseren stolzen STORMVOGEL wieder über die Weltmeere steuern zu können.

Alles hat seine Zeit.
Trudi, jetzt bist Du dran!
Deine dich liebenden Mitsegler Heidi und Peter.
P.S.1: Kurzgeschichte
So eine Windsteuerung ist ja eine tolle Sache. Steuert auf offener See zuverlässig den Dampfer und frisst dabei kein Brot. Ein wenig Liebe, manchmal etwas WD40 und das wars. In Deutschland ist wohl der WINDPILOT von Peter Förthmann aus Hamburg recht bekannt. Unsere HYDROVANE stammt ursprünglich aus England, ist aber nach Kanada umgezogen. Auf unserer langen Reise haben wir die HYROVANE auf den Namen TRUDI getauft. Seit dem sind wir beste Freunde.

Nur einmal, auf dem Weg von TONGA nach NEUSEELAND gab es ein größeres Malheur: Zwei Schraubbolzen der unteren Halterung sind auf See unter Belastung abgescheert und wir mussten das gefühlt 100 KG schwere Teil auf See bergen. In Neuseeland haben wir dann die untere Halterung durch eine kleine Aluminiumkonstruktion so geändert, das die Kräfte auf einer größeren Fläche übertragen werden. Seit dem keine Probleme mehr damit gehabt.

P.S.2: Gesagt, getan:
Erst mal alle Beschläge der Haltertung komplett demontiert. Dabei zwei Dinge fest gestellt: Ganz schön mitgenommen die Teile! Also bürsten und malen. Einige Schrauben der Halterungen sind verzogen – unglaublich, welche Kräfte da wirken.


Alle Edelstahlteile gereinigt und poliert. Das untere Gleitlager (weiße Hülse) erneuert. Ebenso im Getriebe die Kunststoffhülse des Mittelfingers. Die beiden massiven Edelstahlbolzen haben auf der inneren Laufseite kleine Abnutzungserscheinungen – kann man aber einfach drehen und damit wieder eine schiere Laufflächen erreichen.




Eine neue Bespannung für die Windfahne und schicke Persenninge für die Fahne und die Mechanik.


Nun ist sie wieder hübsch und geschmeidig, unsere liebe Trudi. Bereit für neue Taten!
