Das Problem mit Rückreisen ist ja immer, das man weiß, dass das Ende naht.
So auch dieses mal. Stramm nach Süden, wenn es das Wetter zulässt.
Der Schlag von Samsö nach Middelfahrt gelingt zwar bis zur Ansteuerung des Kleinen Belts unter Segeln, doch es ist nasskalt, trübe und trostlos.
Rückreisewetter.
Je näher wir dem Festland kommen, um so weniger wird der Wind. Welle ist schon lange keine mehr vorhanden. Dafür jede Menge Segelboote um uns herum und auch wieder Schiffsverkehr, der beachtet werden will.

Eigentlich wollen wir den alten Stadthafen von Middelfart ausprobieren, nach dem wir 2017 bereits länger in der Marina herum lungerten. Doch die kurze Inspektion ergibt: Ganz schön klein hier, jede Menge Holzkutter an denen geschraubt und gemalt wird und Abends wird es bestimmt rappel voll mit Charterbooten sein. Unser Bedarf ist gedeckt! Also einmal ganz rum um die Halbinsel und wieder in die Marina Middelfart, die so elendig weit ab vom Schuss liegt.

Alles so trostlos, wie wir es in Erinnerung haben. Kein guter Ort, um ein paar Tage auf besseren Wind zu warten, aber was soll das Jammern? Ein langer Spaziergang in die überraschend schöne und aktive Innenstadt von Middelfart, ein paar Einkäufe und natürlich ein paar Bootjobs.
Zwei Tage später, am Tag 63 geht es weiter nach Süden. Eigentlich haben wir gar keine Lust mehr auf Häfen und streben daher an, nach Lyö auf Anker zu gehen. Der Südwestwind ist Anfangs sehr gut segelbar, bis zu engen Passage von Bägö überhaupt keine Welle. Danach wird es erst mal unangenehm.

Logisch:
Wenn es tagelang ordentlich aus Süd weht, steht erst mal eine alte Wellte in den kleinen Belt. Aber der Stormvogel läuft und erst als wir kurz vor Lyö stehen und die Nordansteuerung nehmen wollen, wird es wirklich doof. Zum einen lässt der Wind nach und dreht weiter zu Ost, zum anderen ist die Welle mittlerweile völlig chaotisch und es setzt Nordstrom.
Mit anderen Worten: Es läuft gar nicht mehr.
Brüllaffe im Keller an, Vorsegel weg und die letzten paar Meilen bis zum Ankerplatz unter Diesel. Was solls?
Herrlich, diese Ruhe! Herrliche diese unkomplizierte Art des Übernachtens. Wenn der Ort stimmt. Wo könnte er mehr stimmen, als auf Lyö? Das sehen schätzungsweise 15 andere Boote an diesem Abend auch so. Kein Problem, die Bucht hat Platz für 100.
Mit der Erinnerung der doofen Welle vom Vortag und der Windvorhersage, die einen Mittags einschlafenden Wind prophezeit, entscheidet sich der Skipper am Folgetag, durch das Marstal Fahrwasser nach Süden zu gehen. Das eröffnet die Gelegenheit auf einen Abbruch in Marstal, verspricht ruhigeres Fahrwasser und ist nur knapp 8 Seemeilen länger.
Früh´ am Morgen geht es los, trüb, aber tolle leichte Ostbriese, die uns für zwei, drei Stunden gute Fahrt beschert. Die Mannschaft will lieber direkt nach Wendtorf durchfahren, jetzt tickt doch irgendwo die Uhr und die Luft ist raus. Einziges Gegenmittel wäre wohl ein echter Sommertag, doch der ist nicht in Sicht. Es ist gefühlt trübster Herbst.
So passieren wir ohne Halt unter Groß und Maschine Marstal, eine Reihe von Booten läuft gerade aus und verstreut sich auf alle möglichen Südkurse. Nur wenige nehmen Kurs auf die Kieler Förde. Wir versuchen erst gar nicht zu segeln. Der Wind steht jetzt auf Süd-Süd-West mit 8 Knoten. Klar, echte Segler würden jetzt aufwendig kreuzen und den Tag auf See genießen. Auch im Regen.
Doch wir fahren einen Holländer mit großen Dieseltanks und top-fitter Maschine. Also stellen wir den Brüllaffen erst ab, als wir bei nun völliger Windstille in Wendtorf fest machen.

Hier endet nach 64 guten Tagen unsere Ostseereise 2020.

Der Dampfer bleibt in der ewigen Baurunine der sogenannten „Marina Wendtorf“ für zwei Wochen, dann bringen wir ihn in einer grandiosen Kanalfahrt in nur einem Tag bis nach Glückstadt. Grandios, weil wir bei beiden Schleusen keine Wartezeit hatten und die 12 Seemeilen auf der Elbe in knapp 1,5 Stunden bei auflaufend Wasser zurück legen konnten. Wir rechnen fest damit, das wir das Sperrwerk in Glückstadt noch passieren können. Doch bei Ankunft werden gerade die Tore geschlossen, gut 45 Minuten vor der offiziellen Zeit. Angeblich wegen aktuellem Wetter…oder war nicht Sonntag Abend?
Ende gut, alles gut.
War eine gute Zeit.
Viele alte Segelfreunde getroffen, kaum neue gemacht.
Viel Zeit zusammen verbracht und die Lust am Segeln nicht verloren.
Peter.
P.S. 1
Zitat von der Website www.marina-wendtorf.de:
„Die Marina Wendtorf ist seit 2015 ein moderner familienfreundlicher Hafen mit neuen, gut ausgerüsteten Echtholzstegen und einer neuen modernen Sanitärausstattung.“
Was für ein Schmarrn!
Der Hafen verkommt immer weiter, der Eigentümer und Betreiber Ship Shape Deutschland GmbH verschachert immer mehr Land an die Ferienhausbude Planethaus und bringt die Anlage um einen entscheidenden Vorteil: Das Parken von Autos direkt am Steg. Keine Ahnung, wie die sich das vorstellen, wenn da erst mal überall Ferienhäuser stehen. Und die Autos der Bewohner.
„neue, gut ausgerüstete Echtholzstege“ – kein Kommentar.
„modernen Sanitärausstattung“ – Klar, die von Amateuren selbst umgebauten Container auf dem schmuddeligen Industrieponton sind neuer als das mittlerweile abgerissene Sanitärgebäude. Abgerissen, weil man den Platz wohl auch verkauft hat.
Es ist noch nicht einmal problemlos möglich, seine Hafengebühren zu bezahlen. Die so genannten Hafenmeister sind kaum da, der Automat funktioniert nur manchmal. Und das ist wirklich bezeichnend. Denn es ist ein aus Dänemark und Schweden bekannter BEAS Automat, die wirklich überall tadellos funktionieren. Nur die Kiste in Wendtorf kann weder Karten noch Scheine. Da hilft auch das Schild nichts, das der Automat manchmal nicht funktioniere und man bitte warten möge, bis das Hafenbüro mal besetzt ist.
Wäre mal eine Geschichte für einen ambitionierten Lokaljournalisten: Was geht da eigentlich seit über 10 Jahren wirklich ab?
P.S.2
Die Charmeoffensive des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) geht offenbar weit über die neuerdings kostenlose Benutzung hinaus. Wartete man „früher“ gerne mal in Kiel 4 bis 6 Stunden auf eine Sportbootschleusung, geht es jetzt „sofort“: In Kiel wartet bereits ein Boot, als wir ankommen. Kaum sind wir zu zweit, wird die große Kammer aufgemacht und wir Zwerge verlieren uns in der riesigen Schleuesenkammer.
In Brunsbüttel sind wir gar alleine. Die Schleuse wartet sogar schon auf uns, Null Minuten Wartezeit.
Nicht, das wir das darüber beschweren würden.