Warum nur ein LOCH, wenn man auch zwei LOCHe haben kann?

Auch wenn ich anderes im Schilde führte. LOCH NESS blieb völlig ereignislos. Nun also zum LOCH LOMOND. Da soll da viel schöner sein! Natürlich: Woanders ist es immer schöner. Der Landweg gen Süden auf der A82 führt uns erst mal durch FORT AUGUSTUS und bietet somit die glorreiche Möglichkeit, Sportboote beim Schleusen im CALEDONIAN CANAL zu beobachten ohne selbst schleusen zu müssen. Die hier anzutreffenden Schleusen haben eine sehr große Ähnlichkeit mit denen im GÖTA KANAL – liegt wohl daran, dass Herr Telford beide Kanäle gebaut hat. Erst in Schottland und dann in Schweden. Beiden Kanälen ist ferner gemein, dass sie nie so genutzt wurden, wie ursprünglich erdacht und geplant. Statt Frachtschiffen schippern jede Menge Sportboote darauf. Ist ja auch OK.

Die Zeit, die wir morgens als lässige Schleusenzuschauer in FORT AUGUSTUS vertrödeln fehlt uns später am Tag. Zum einen bietet die A82 auf dem Streckenabschnitt GLENCOE bis TYNDRUM spektakuläre Ansichten. Wenn man denn einen freien Parkplatz in einer der zahlreich vorhandenen Haltezonen ergattern würde. Brechend voll, die ganzen 50 Kilometer. A82 in den Sommerferien ist wohl nicht so schlau. Kann man machen nix.

Zum anderen ist noch später am Tag, auf Höhe TARBET die Straße auf einmal gesperrt. Nach einer halben Stunde erreichen wir den sperrenden Polizisten und erfahren, dass die Straße kurz vor LUSS, unserem heutigen Zielort, aufgrund eines schweren Verkehrsunfall auf unbestimmte Zeit voll gesperrt sei. Wenn wir wollten, könnten wir da hin fahren und hoffen, dass die Einfahrt zum Campingplatz vor der Unfallstelle liege.
Dann mal los.

Die A82 ist eigentlich die Hauptschlagader aus dem Norden und führt nach GLASGOW. Doch jetzt haben wir die Straße für uns alleine. Keine anderen Autos. Verdächtig. Die Unfallstelle liegt natürlich VOR dem Campingplatz, ungefähr 1,4 Kilometer. Was für ein Drama!
So stand es in meinem Entwurf. „Drama“. Bei der Recherche zum Unfall habe ich fest gestellt, das dort ein Mensch mit einem Motorrad tödlich verunglückt ist. Das ist wohl eher ein Drama. Und traurig auch. Im Stau stehen wohl eher nicht.
Es ist ausgeschlossen, das wir irgendwie passieren können. Keine Aus-/Ansage über die Dauer der Sperrung. Nach einer halben Stunde Wartezeit drehen wir um und planen nach Studium der Karte, das wir einfach auf ein paar kleinen Straßen 40 Kilometer fahren müssen, um zur anderen Seite der Unfallstelle zu gelangen.

Doch diese naive Idee haben an diesem Sonntagnachmittag ca. 1 Millionen andere Autos auch. Bei Einfahrt in die kleine A814 in ARROCHAR weist ein großes Hinweisschild freundlich darauf hin, dass diese Straße für HGV´s (Heavy Goods Vehicles) nicht geeignet sei. Nur „nicht geeignet“ – nicht gesperrt. Nun, das betrifft uns ja ganz gewiss nicht. Unser Auto gilt mit max. 3,5 Tonnen noch als PKW. Und bisher hatten wir mit der Größe unseres Gefährtes ja auch keine Probleme.
Bereits nach 10 Minuten stehen wir. Absoluter Stillstand. Motor aus. Die Straße ist so eng, an Umdrehen ist gar nicht zu denken.
Nach einer Stunde kommt ein Polizist.
Zu Fuß.
Er grüßt uns freundlich und bittet darum, egal was passiere, das wir hier an Ort und Stelle genau stehen bleiben, bis er wieder komme. Man müsse erst den Gegenverkehr ableiten und brauche auf unserer Spur Stillstand. Im Scherz sage ich noch, OK, nach drei Tagen würde ich aber schon weiter fahren wollen. Auch wenn er nicht wieder komme. Gelächter.
Nun denn, man ahnt es schon. Er kommt nicht wieder.

Es dämmert. Nieselregen. Absolute Stille am Rande des LOCH LONG. Eigentlich kein See, eher ein riesiger Fjord mit Seewasser drin. Wieso heißt es also LOCH? Ab und an kommen ebenfalls im Stau stehende Eingeborene vorbei und führen ihre Hunde Gassi. An Bord unseres Wohnmobils haben wir alles erdenkliche mit dabei. Auch ein Klo. Es geht einfach nicht weiter. Ab und zu kommen Fahrzeuge in Kolonnen auf der Gegenspur. Aber dann auch mal lange wieder nix. Wir haben beim Campingplatz angerufen und mitgeteilt, dass wir wohl sehr spät kommen – kein Problem, andere Gäste stünden auch im absoluten Stillstand und sie würden auf alle warten. Wie schön!
Im letzten Restlicht geht es vor uns mit einem male weiter. Nach weiteren zwei Stunden. Oh je. Die drei Tage sind noch nicht wirklich vergangen. Jetzt auf die angekündigte Rückkehr des Polizisten warten oder entgegen seiner klaren Anweisung weiter fahren?
Es scheint uns sehr unwahrscheinlich, dass der junge Mann noch mal hier vorbei kommt. Also tuckern wir mit all den anderen Autos im Schritttempo weiter…
…und gelangen endlich zum Kern des Problems: Ein LKW und ein BUS stehen sich unpassierbar gegenüber. Beides ganz klar HGV´s. Klarer geht’s wohl nicht! Beide Fahrer sind offenbar ganz schlaue Eingeborene. Der Sattelschlepper steht schon halb im Graben, da kommen wir noch gut vorbei. Der Reisebus hingegen kann nicht dichter an den Rand, da gibt es Felsüberhänge. Zurücksetzten kann er auch nicht, denn hinter ihm stehen doch DREI weitere Reisebusse. Ganz prima! Die hier reichlich vertretene Polizei meint, wir müssten am Bus vorbei kommen und ich denke das auch. Es wird knapper als gedacht und gelingt schließlich doch.

Im Schritttempo an den anderen Bussen vorbei und dann so schnell es geht auf der kleinen, nun völlig leeren Straße weiter nach Süden. Immerhin hat die Polizei die A814 nun auch Richtung Norden gesperrt und wir haben freie Bahn. Als wir später die Endlos-Schlange von wartenden Autos auf der Gegenfahrbahn passieren sind wir nur froh´, das wir nach jetzt gut vier Stunden des absoluten Stillstandes endlich weiter kommen.
Um 21:30 Uhr kommen wir nach etwas Suchen auf dem Campingplatz an haben wirklich keine Lust mehr.
160 Kilometer in 9 Stunden.
Schneckenrekord.

Am nächsten Tag wird gewandert. Auf einen kahlen Berg dessen Namen wir nicht kennen, mal wieder. Aber toll. Das trübe Wetter nehmen wir gar nicht mehr zur Kenntnis, die Regenjacke ist schon länger unser bester Freund. Landschaftlich ist LOCH LOMOND tatsächlich um Längen schöner als LOCH NESS – aber touristisch auch viel ausgelutschter. Im sehr kleinen Ort Schicki-Micki Läden, ein Märchenpfad für die Kleinen, Ausflugsboot und Kneipe. Nun, wir haben den Berg, dessen Namen wir nie erfahren werden und immerhin ein Fast-Gipfel-Gefühl, denn bis ganz oben haben wir es nicht geschafft 😉
Peter.