Weymouth – Brixham – Salcombe – Fowey – Falmouth

Von Yarmouth wollen wir weiter nach Portland (Freitag, 17/08/2012). Aber der Wind in Verbindung mit dem Reeds Almanach erlauben eigentlich keine Passage des Needels Channels (dem Nadelöhr auf der West-Seite der Isle of Wight). Die Sonne scheint und eigentlich steht die Stimmung auf Aufbruch. Also den Stegnachbarn (ein Engländer mit Heimathafen Eastborne) fragen.
Für unser großes Boot sei das sicher kein Problem – Wellen höchsten 1,2M gegenan für ca. 1 Seemeile. Wir kommen ins Plaudern und es stellt sich heraus, das er im nächsten Jahr auch in die Karibik will – schließlich sei er auf Trinidad geboren und das Revier sei doch deutlich freundlicher als die südenglische Küste im Sommer.

Na denn mal los…und anderthalb Stunden später die Frage nach dem Abbruch: Links und Rechts brechen die Wellen an den Sandbänken, der Strom versetzt uns in NE Richtung und die Welle gegenan hat mindestens 2,5 Meter. Heidi meint ich spinne und wir werden das kurze Stück doch wohl schaffen. Also weiter und nach einer weiteren Stunde haben wir eine „normale Dünung von 2 Metern, offene See und einen guten Am Wind Kurs. Allerdings sind wir allein auf weiter Flur. Das macht uns ja immer stutzig: Falsche Zeit? Falsche Routenführung?

Wir müssen an Anvil Point und St. Albans Head vorbei – umd bemerken erstmals in den Seekarten so komische Wellen vor diesen Kap´s. Als wir da sind, setzt das Verständnis ein: Unglaubliche Wellen, teilweise brechend, bei Sonnenschein und sage und schreibe 10,5kn Fahrt über Grund. So toll die Geschwindigkeit auch ist – am Ruder habe ich ganz schön zu kämpfen. Kaum haben wir den Zipfel passiert, geht der Wind weg. Eigentlich sollte er das nicht – Mist, Motor an und über die Sandbank Richtung Portland.

Und wie so oft, am Abend in der Nähe eines Hafens, tauchen aus allen Richtungen andere Boote auf und laufen in die gleiche Richtung. Komisch, keiner geht nach Portland – alle einen weiter nach Weymouth. Wir laufen dicht an der endloslangen Hafenmauer von Portland vorbei und können mit dem Fernglas einen Blick auf die Marina erhaschen…ach nö, da wollen wir auch nicht hin. Das ist eher eine Industriebrache mit ein paar verlassenen Partyzelten: Portland war anläßlich der olympischen Sommerspiele 2012 in London der Seehafen für die Segelwettbewerbe.
Also die 1 Meile weiter nach Weymouth und direkte Begeisterung: Sommerabend, Südfranzösisches Flair und Kulisse und ca. 1 Millionen Menschen auf den Straßen. Und drei Hafenmeister. Die rufen uns zu ob wir die Nacht bleiben wollen…äh, ja, aber wir müssen doch noch durch die Klappbrücke zur Marina? Nein – der Stadthafen liegt davor und die kommunalen Hafenmeister ziehen jeden Fisch (Dampfer) an Land, der sich nicht wehrt. Wir freuen uns und liegen dann im 3er Päckchen neben zwei Ausbildungsbooten nach 41 Seemeilen.

Irgendwie hat die Euphorie Überhand genommen – jedenfalls haben wir es versäumt, schöne Bilder zu machen. So bleibt Weymouth gut besetzt im Herzen…

Am kommenden Morgen (Samstag, 18/08/2012) dichter Nebel, aber guter Wind angesagt.

Also weiter nach Salcombe – 60 Seemeilen, aber zuvor müssen wir noch Portland Bill umrunden. Die lange Kreuz geht diesmal ohne Aufregung und besondere Welle. Der Wind kommt immer weiter rum und die ersten 2 Stunden nach Portland Bill haben wir direkten Kurs auf Salcombe anliegen. Aber dann verlässt uns der Wettergott und wir müssen immer weiter abfallen…landen aber unter Segeln und nach 52 Seemeilen glücklich in Brixham. Das Glück wähnt nur kurz: Der Hafen ist schäbig und mit 60 Pfund die Nacht mit Abstand das teuerste, was uns bisher begegnet ist.

Also bloß schnell weiter nach Salcombe. Wieder (teilweise sehr) schlechte Sicht am Morgen (Sonntag, 19/08/2012).

Hier macht sich unsere Plotter/Radarkombination bezahlt. Sobald man den Hafen verlassen hat kann man recht zuverlässig andere Fahrzeuge und Tonnen sehen, lange bevor sie in der Nebelsuppe auftauchen. Die Yachten hier im Revier haben alle Radar und Radarreflektoren – Profis!

Eine Zeitlang haben wir auf See Sonne und blauen Himmel, das Land, nur 2 Seemeilen an Steuerbord, sehen wir aber nicht. Manchmal sieht man einen Landfetzen in den Wolken – sieht fremdartig, unwirklich aus.
Die Ansteuerung von Salcombe führt uns wieder in die Nebelsuppe hinein und für einen kurzen Moment bekomme ich Panik: Was mache ich, wenn die Sicht NULL wird? Wird sie aber nicht…und so umlaufen wir die ausgedehnte Flachwasserstelle in der Mündung („The Bar“) und suchen nach den versprochenen Pontons. Finden sie nicht, dafür aber eine freie Mooringboje – an den Dingern haben alle fest gemacht. Wir also auch ran. Klappt gut und wir freuen uns die 23 Seemeilen gut über die Bühne gerbacht zu haben. Erst Recht, als der Hafenmeister die 28 Pfund abkassiert und auf das Wassertaxi hinweist. Glück gehabt – müssen wir nicht unser Dingi aufpumpen. Manchmal reicht ja auch nur die Option: Wir gehen nämlich gar nicht an Land! 😉
Die Nacht an der Mooringtonne wird anfangs unruhig: So ein urlater Holzkutter mit 10 Jugendlichen hat sich mit bei uns angebunden und seine eigene Mooringleine hängt durch – also hängt er voll an uns. Erst als ich unserer Leine mehr lose spendiere, wird es ruhig.

So eine Mooringtonne kann man sich wie einen festen Anker vorstellen an dessen Ende kein Dampfer, sondern nur eine Tonne hängt. Die hat oben eine Öse und da zieht man einfach seine Leine durch und fertig ist der Anleger. Denkt man: Die Tonnen sind in der Regel sehr flach und von unserem Supertanker muss man erst mal an das Auge kommen. Seit unserem Schweden-Urlaub mit der „novomind“ wissen wir um den Wert eines Mooringhakens – und den haben wir natürlich auch an Bord. Somit gelingt erst mal das Andocken recht gut, danach kann man dann eine Leine in RUhe einfädeln. Heidi beweist großes Geschick: Sie vertauscht ihre Stricknadeln mit dem Bootshaken, die Wolle mit dem Festmacher und schwups, ist die Leine durch das Auge…;-)

Der kommende Tag (Montag 20/08/2012) wird eine Wiederholung des Vortages: Wir wollen direkt nach Falmouth, der Wind reicht anfangs für einen „sehr hart am Wind“ Kurs, dreht dann ganz leicht und lässt aber nur noch Fowey zu. Das muss nun wieder was mit Fügung zu tun haben: Fowey ist so ähnlich wie Salcombe, nur viel besser. Und ausserdem haben die gerade „Regatta Week“ und wir laufen mit einem Teil des Feldes nach 38 Seemeilen ein. Riesiger Andrang im Mooringfeld, also an einen anderen Dampfer mit ran. Der ist verlassen und so verfahren wir nach dem „help yourselve“ Prinzip. Nun wollen wir aber an Land, rufen das Wassertaxi an, packen die Duschsachen und los geht es…
…ein ein Getümmel sondergleichen: Alle sind gut drauf, die Straßen sind voller Menschen und im Yachtclubb (dort können wir duschen) spürt man das Adrenalin der Regattamanschaften.
Heidi hat keine Lust zu kochen und so speisen wir in einem Englischen Pub, werden in ein Gesrpäch mit einem Engländer verwickelt, dessen Schwiegermutter aus Deutschland kommt und erfahren, das am Abend ein Feuerwerk gezündet wird. Das ist nach unserer Meinung größer und spektakulärer als das zum Hamburger Hafengeburtstag – aber vielleicht macht die gute Simmung alles nur größer?

Die Wettervorhersage für den kommenden Tag (Dienstag, 21/08/2012) ist nicht gut: Eigentlich nur 25 Seemeilen, aber Wind genau von vorne, Anfangs 3-4, später 5-6. Ach, das schaffen wir schon…Heidi meint hinterher, so schlecht sei es doch gar nicht gelaufen. Ich bin sehr, sehr unzufrieden. Dodman Point erreichen wir noch ganz gut, aber dann geht alles schief. Ein Reffversuch des Yankees führt zu einer unfreiwilligen Wende (das Biest bekommt man am Wind trotz Winsch kaum eingerollt – da muss schon der Druck raus!) Wir haben im Groß das zweite Reff, liegen mit voller Fock und Yankee voll auf der Backe und bekommen kaum Höhe. Machen wir das Yankee kleiner oder nehmen es weg, machen wir kaum noch Fahrt. So wurschteln wir uns irgendwie durch, kämpfen um jeden Meter Gewinn zu Falmaouth – nur um 2 Seemeilen vor der Hafeneinfahrt ganz Dicht unter Land zu gehen und den Rest unter Maschine zu laufen. Keine Lust mehr!

In Falmouth gibt es mehrere Liegemöglichkeiten, wir gehen nach 32 Seemeilen in die Falmouth Marina – in der Hoffnung andere Biskaya-Fahrer zu treffen. Bis jetzt große Enttäuschung. Der Hafen ist zwar voll, aber wenig Gäste. Zu Fuß erkunden wir die Stadt und die anderen beiden Liegemöglichkeiten. Gleiches Bild.

Nun denn – jetzt sind wir also am nordwestlichsten Punkt unserer Reise angekommen, ruhen uns ein wenig aus, klaren den Dampfer auf und warten vor allem auf das richtige Wetterfenster für unser großes Biskaja Abenteuer. Erstmals mehrere Tage (und Nächte!) allein auf See. Keine Pause am Abend nach den Strapazen des Tages…

So, wie die Dinge liegen können wir (ganz) vielleicht am Samstag Nachmittag los, sonst erst noch später.

Zur Törnplanng melden wir mit einem neuen Beitrag.

Soweit das vergangene,

Peter, mit Freigabe durch den Kommunikationsoffizier Heidi.