Wie auf dem Fahrschein gefordert sind wir um 0800 am Fähranleger in CHAITEN. Donnerknittel, da liegt doch tatsächlich schon eine Fähre!?
Schnell stellt sich heraus, das dies die falsche ist. Wie gut das der Ladeoffizier uns gefragt hat. Mein Gott, wo wären wir bloß hin geschippert (worden)?

Als der falsche Dampfer ablegt kommt kurz darauf der richtige, denn wer lesen kann ist klar im Vorteil: Der Name der zu nehmenden Fähre steht doch glatt auf dem Fahrschein?
Das Prozedere kennen wir schon. Nur die Ruhe. Entladen, laden auf Anweisung und sich derweil das bunte Treiben ganz in Ruhe ansehen. Beide Laderampen dieser Fähre sind verfügbar, also muss niemand rückwärts auf das Schiff fahren.

Schon als wir an Bord rollen fällt auf:
Was für ein verkommener Dampfer. Ganz schlecht in Farbe, überall liegt Müll herum und in einigen Ecken stinkt es sogar nach Pisse. Ah´ Chile, komm schon, zeig Dein wahres Gesicht!
Die Abfahrt verzögert sich, weil von der Mannschaft die die Polizei gerufen wurde. Drei junge Kerle wollten mit fahren, nur einer hat offenbar einen Fahrschein und die beiden anderen wollen freiwillig nicht von Bord. Astrein aus der Ferne beobachtet und zusammen gereimt. Erst als die beiden wütend die Rampe hinauf gehen und dabei pubertär den Mittelfinger in die Höhe halten beginnt unsere vorerst letzte kleine Seefahrt.
Blickt man nach achtern (hinten) auf das Ladedeck fällt der Blick unweigerlich auf einen nach oben offenen LKW mit Anhänger, der lebende Tiere transportiert. Zunächst nimmt man keine besondere Notiz davon, die Tiere stehen dicht gedrängt wie hypnotisiert und geben keinen Mucks von sich. Ja, Tiertransport. Alles klar.
Später am Tag kommt immer mal wieder Bewegung in LKW und Anhänger: Dann klettert der LKW Fahrer mit einer Elektroschockzange auf den Rand seines Transportes und scheucht die Tiere auf, die sich erdreistet haben sich in der Enge und der Gülle einfach hinzulegen. Natürlich ist der Flächenverbrauch eines liegenden Tieres ungleich größer, als wenn es steht. Also trampeln die Jungtiere aufeinander herum. Wenn die liegenden Tiere nicht immer aufgescheucht würden, würden sie sich wohl verletzten oder gar auf dem Transport sterben. Dabei sehen die meisten Tiere wirklich unterernährt aus.
Je länger die Fährfahrt dauert um so öfters schaut die kleine Reisegruppe in den Transporter und fragt sich, ob das wohl hier mit rechten Dingen zugehen kann? Die Tiere geben weiterhin keinen Mucks von sich.
Auch nicht die drei prächtigen Bullen, die etwas mehr Platz bekommen haben. Hat man denen Drogen gegeben? Müssen die Tiere nicht mal Wasser bekommen?
Keiner der Mitreisenden macht Anstalten, den Fahrer zur Rede zu stellen. Wir natürlich auch nicht.
Ja, ja, Du liebes schönes Chile! Je weiter wir nach Norden kommen um so mehr wirst Du zu einem ganz normalen Land. Eben noch auf den saftigen Weiden PATAGONIENS, jetzt mit unbekanntem Ziel auf der Ladefläche elendig eingepfercht.
Und nur weil man mal wieder absolut keine Ahnung hat, darf man auch nicht so einfach ein selbstgerechtes Urteil fällen. Sogar in der EU gilt für Lebendtiertransporte:
„Rinder, Schafe und Ziegen: 14 Stunden Fahrt + 1 Stunde Ruhe (Tränken) + 14 Stunden Fahrt.“
Quelle: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/MEMO_02_295
Aber, und das gilt es zu beachten: Das Rindfleisch hier in Chile ist wirklich deutlich schlechter als das in Argentinien. Egal was man kauft. Haut man es in die Pfanne brät man erst mal literweise (OK, kleine Übertreibung) Wasser aus, egal wie man es kocht, brät oder grillt, es bleibt zäh. Das erklärt, warum es in größeren Supermärkten auch immer Rindfleisch aus Argentinien und Brasilien gibt. Zum gleichen Preis.

Landschaftlich gibt es auf dieser Passage nicht viel zu sehen. Alles viel zu weit weg, hier oben im GOLF von ANCUD.
Lustig: Unsere gebuchten (und nicht gebrauchten) Sitze sind zunächst unauffindbar. Da, wo sie sein sollten sind nur ein paar Löcher im Boden die darauf schließen lassen, das sie mal da waren. Später finden wir die fehlende Doppelsitzbank in einer unfreundlichen Ecke des großen Passagiersalons. Stand wohl im Wege?
Auch auf dieser Fähre darf man jederzeit aufs Ladedeck um an sein Auto zu kommen. Kleine Mittagsschläfchen in der eigenen Koje sollten nicht unterschätzt werden!

Die Ansteuerung von PUERTO MONTT ist wirklich spektakulär! Zum einen sehen wir die große NAVIMAG Fähre, die von PUERTO MONTT nach PUNTA AREANS fährt. Völlig anderes Kaliber als dieser Hobel hier.
Zum anderen liegt der Fährhafen in einer Art natürlichem Kanal, der durch eine dem Festland vorgelagerte Insel entsteht. Das Fahrwasser läuft genau West, genau in die untergehende Sonne! Also wenn der Kutscher nicht den Weg kennen würde, könnte er wohl auch glatt mal Bruch in der Enge und unmöglichen Sicht machen.

Das der Dampfer schlecht gemanagt wird merkt man auch daran, das die Decksmannschaft erst dann die Bremsklötze und Laschings von den Fahrzeugen entfernt, als die Laderampe schon längst auf der landseitigen Betonrampe liegt. Mittlerweile wird es dunkel und im dunklen den Schlafplatz für die Nacht zu finden liegt dem Fahrer so gar nicht.
Endlich geht es los und die kurze Fahrt durch das unglaubliche Getümmel im Hafen (die Fähre geht noch in der selben Nacht wieder nach CHAITEN) wird noch durch das auf der Küstenstraße übertroffen. Feierabendverkehr.
KNAUSi findet den Weg, was der Fahrer bei voller Konzentration mit den Augenwinkeln wahrnimmt lässt sein Herz höher schlagen.
Hier am alten Hafen kann man bestimmt noch ganz tolle Bilder machen!
Morgen.
Denn für heute ist mit Erreichen des Campingplatzes Feierabend.
Peter.