Tag 39: Anholt, Jungfrauen

Nach wie vielen Tagen auf einem Liegeplatz verwächst eigentlich eine Segelyacht mit eben jenem, dem Liegeplatz? Und die Besatzung gleich mit? Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem es kein Entkommen mehr gibt? An dem man für immer, und ich meine FÜR IMMER (!), fest gewachsen an Ort und Stelle bleibt?

Schauen wir mal. Es gibt bestimmt eine Reihe von schlechteren Plätzen auf der Welt, an denen man fest wachsen könnte.

Wir werden es vermutlich heraus finden und berichten.

Derweil dieser und noch einiger mehr solch ungeklärter Fragen beschäftigt sich der Skipper des STORMVOGELS mit Jungfrauen. Im Allgemeinen und auch schon aus Prinzip völlig uninteressant. Andere wenige Männer stehen ja angeblich voll auf Jungfrauen. So sehr, das sie sich von wieder anderen, in der Regel älteren Männern einreden lassen, sie müssten nur möglichst viele so genannter ungläubiger umbringen und dabei den eigenen Tod in Kauf nehmen, um mit 50 oder mehr Jungfrauen belohnt zu werden. Tolle Wurst.

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau

Also ich mache das ja anders, wenn ich in seltenen Momenten nach Jungfrauen verlange.

Ich kaufe mir Jungfrauen auf ANHOLT!

Frei angeboten, fast jeden Werktag, morgens um 0700 (gesprochen: Null-Siebenhundert). Direkt im Hafen. Das Kilo für 50 Dänische Kronen (gesprochen: 50 Kracher, denn die Währung im Ausland heißt bekanntlich immer Kracher).
Also um und bei 7 Euro. Aber ein Kilo Jungfrauen genügt natürlich nicht, es braucht schon zwei Kilo. Denn wenn man die vielen Jungfrauen komplett entblättert, um nicht zu sagen entkleidet hat, bleiben bei zwei Kilo vielleicht 500 Gramm verwertbar über. Ganz schön magere Ausbeute, was? Wer steht schon auf nur 500 Gramm Jungfrauen?

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau

Also gut.

Es handelt sich bei meinen Jungfrauen natürlich um andere, als die bei denen im Namen Gottes mordenden Kerle. Vielleicht sollten die es mal zur Entspannung mit meinen ANHOLTER Jungfrauen versuchen, bevor sie mit Messern, Autos oder Bomben absolut unsinniges Zeug anstellen?

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau

Für den Fall, das diese Männer zwar wissen, wie man Messer zückt, Bomben baut und stirbt, aber nicht, wie man gut lebt, hier ein kleiner Missionsplan für autarke Operationszellen auf einer schwimmenden Missionsbasis. So lässt sich schon zu Lebzeiten das Leben mit ANHOLTER Jungfrauen versüßen:

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 1: Verstümmeln

a) Missionsvorbereitung
Jeden späten Nachmittag bis zum frühen Abend den Hafen von ANHOLT beobachten. Genauer gesagt, den Schiffsverkehr. Sich dabei nicht von der großen weißen Fähre ablenken lassen, die in der Regel um 1600 einläuft. Die verhindert manchmal kurz die Sicht auf die tatsächlich auszuspähenden Objekte: Sind Fischerboote im Hafen und verlassen sie eben jenen am frühen Abend, kann man am nächsten Morgen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit jeder Menge käuflicher Jungfrauen rechnen!
Dann, und nur dann, heißt es also Wecker stellen, sagen wir mal auf 0645. Aber bitte den richtigen Wecker, also den, der nur klingelt. Nicht den mit der Bombe dran! Bitte doppelt überprüfen um Fehler zu vermeiden. Fehler sind doof. Wer will schon doof sein?

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 2: Veredeln

b) Missionstag

b.1) Am frühen Morgen
Es ist nicht unbedingt notwendig, sich besonders chic anzuziehen oder gar die Haare zu kämmen. Denn der, zu dem man nun geht, sieht auch nicht besser als man selber um diese Uhrzeit aus. Eher im Gegenteil. Der zu besuchende hat die ganze Nacht durchgearbeitet, ist dementsprechend müde und freut sich eigentlich nur noch auf seinen Feierabend am frühen Morgen.
Die mitzunehmende Ausrüstung besteht aus: Ortsübliche, der Jahreszeit angepasste Kleidung. Kurze Hose, T-Shirt, Gummilatschen. Genau abgezählte Dänischer Kronen, sprich Kracher. Für den Anfang reichen mal zwei Kilo, also hundert Kracher. Eine große Plastiktüte, wie man sie von früher vom Einkaufen kennt, ist zwingend mitzuführen. Die Tüte sollte in einem guten Zustand sein, denn sonst tropfen die Jungfrauen und es lässt sich der genommene Weg zur schwimmenden Missionsbasis genau zurück verfolgen. Solch unnötige Spuren wollen wir vermeiden.
Mit möglichst beiläufiger Miene tritt man also auf der Pier vor den Fischer auf seinem Boot und fragt freundlich, ob er noch Jungfrauen hat. Entweder man kann das in Dänisch und geht so als Eingeborener durch, oder man spricht Deutsch und gibt vor ein Tourist zu sein, der günstig an frische ANHOLTER Jungfrauen kommen will. Dabei, ist es nicht komisch, das Tourist und Terrorist beide mit „T“ anfangen und auf „ist“ enden? Muss ein Zufall sein. Der Fischer, von dem hier die Rede ist, spricht jedenfalls kein Englisch.

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 2: Veredeln

Obwohl Räuber zur See, packt der ansonsten ordentliche Fischer einen seiner organgenen Fangkörbe auf die Waage, die man jedoch selbst nicht sehen kann und greift mit beiden Händen beherzt in einen Berg von Jungfrauen und füllt sie schließlich so lange in den Korb bis die unsichtbare Waage die gewünschten zwei Kilo anzeigt.
Dann gibt man ihm auf sein Verlangen hin die mitgebrachte Plastiktüte. Nun, jetzt vor den Augen des Käufers, schüttet der Fischer den Inhalt des organgenen Fangkorbes in die Tüte und verlangt bei der Übergabe der Tüte mit der anderen Hand sein Geld. Zug um Zug. Ware gegen Geld.
Hat man die Tüte mit den Jungfrauen in der Hand, verabschiedet man sich von dem Fischer und schlendert möglichst unbeteiligt wirkend zu der eigenen schwimmenden Missionsbasis am anderen Ende des Hafens zurück. Der einzig für die allgemeine Öffentlichkeit sichtbare Teil der Mission ist nun bereits erfolgreich erledigt. Glückwunsch, blieb man bisher unentdeckt!

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 3: Verwandeln

b.2) Später auf der schwimmenden Missionsbasis am anderen Ende des Hafens

b.2.1) Verstümmlung: Kopf vom Schwanz trennen
Ja ja, schon klar. Jetzt wird es etwas verwirrend.
Wieso haben die ANHOLTER Jungfrauen überhaupt einen Schwanz?
Na ja, die sind halt was ganz besonderes und um nun mit der Wahrheit heraus zu rücken: Bei den ANHOLTER Jungfrauen geht es wirklich nur um den Schwanz. Verrückte Welt. Bevor sich also die soeben erbeuteten Jungfrauen vernaschen lassen muss man ihnen leider den Kopf abreißen. Jeder einzelnen. Hört sich etwas grausamer an, als es in Wirklichkeit ist. Dabei wird eine spezielle Knack- und Drehtechnik in ungefährer Körpermitte angewendet, denn bei der Amputation des Kopfes geht es auch darum, den Darm dieses zierlichen Lebewesens möglichst vollständig in einem Rutsch direkt mit zu entfernen. Also so was ähnliches wie zwei Arbeitsschritte auf einen Streich. Immer dieser Effizienzwahn.

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 3: Verwandeln
Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 3: Verwandeln

Für diese zweite Aufgabe sollte man schon etwas Zeit einplanen, ist man doch gehalten sehr sauber zu arbeiten und bloß nicht zu viel von den kostbaren ANHOLTER Jungfrauen wieder über Bord schmeißen. Denn das macht man mit den unnützen Klauen, Kopf und Darm.

b.2.2) Veredeln: Kochen
Auf dem hoffentlich vorhandenen Herd der schwimmenden Missionsbasis am anderen Ende des Hafens wird ein Topf mit leicht gesalzenem Wasser so erhitzt, das das Wasser kocht. Dann werden je nach Topfgröße eine Anzahl Schwänze der ANHOLTER Jungfrauen dazu geben und ein paar Minuten gewartet, bis diese oben schwimmen. Denn wer oben schwimmt, ist fertig, wird abgeschöpft und kommt in ein neues Gefäß ohne Flüssigkeit zum Abkühlen. Sind alle Schwänze abgekocht, geht es weiter.

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 3: Verwandeln – unnötige Reste

b.2.3) Verwandeln: Schwanz auspacken
Das wird nun echt tricky. Geht es doch darum den Schwanz der ANHOLTER Jungfrau in seiner ganzen Pracht in einem Stück aus seiner ansonsten massiven Hülle zu bekommen. Das wird zusätzlich kompliziert, weil sich die Schwänze durch die Hitze des Abkochens gekrümmt haben. Gesichert: Die Jungfrauen waren ja schon tot, die Verkrümmung kann also nicht vom Schmerz kommen. Ganz sicher nicht.
Nun, ein jeder wird seine eigene Technik entwickeln. Ein guter Startpunkt ist schon mal, das hintere Ende der Schwanzschale entgegen der Krümmung abzubrechen. Das Ende des Schwanzes ist das dünne Ende.
Am anderen, dem dicken Ende, versucht man nun die äußere Schale ein Stück abzupulen, damit man endlich an das Objekt der Begierde kommen kann: Den begehrenswerten Schwanz der ANHOLTER Jungfrau! Mit der Rechten Hand versucht man nun die Krümmung ein wenig zu begradigen, mit der linken Hand zieht man nun am Dicken Ende den Schwanz in einem Stück aus seiner Schale. Merke: Von dünn nach dick.
Hat man seine Sache gut gemacht, sieht der nun schon essbare Schwanz ganz manierlich aus. Misslingt die Aktion ein wenig, sieht das Ergebnis eher wie ein winziges gerupftes Huhn aus. Je nach dem, wie man den Schwanz der der ANHOLTER Jungfrau weiter verarbeiten möchte, macht das aber gar nichts. Will man allerdings am öffentlichen Grillplatz glänzen, sollten die Schwänze der ANHOLTER Jungfrauen schon ordentlich was her machen.

Jomfruhummer, Anholter Jungfrau. Phase 3: Verwanden – Das, was von 2 Kilo übrig bleibt

b.2.4) Vertilgen: Anrichten
Versuche die ANHOLTER Jungfrauen mit Mayonnaise zu verbinden haben sich leider als (Kalorien)Bombe erwiesen. In Folge dessen ist diese gewichtstechnisch explosive Zutat strikt zu meiden. Derzeitiger Favorit auf der schwimmenden Missionsbasis am anderen Ende des Hafens zu ANHOLT ist ein Dipp aus fettem Jogurt (10% Fett), frischen ANHOLTER Zwiebeln, Dill, Salz, Pfeffer und dänischen süß-sauren Gurkenscheiben (die, die man auch für Hot-Dogs nimmt). Die freigelegten Schwänze der ANHOLTER Jungfrauen zerschneidet man in kleine Stücke und gibt sie dazu. Der so angerichtete Salat passt hervorragend auf selbst gebackenem Brot oder zu Pellkartoffeln. Einfach köstlich!

Je nach nun erreichter Tageszeit (wir erinnern uns, der Wecker mit der Klingel stand bereits auf 0645!) darf sich dann durchaus der eine oder andere kleine zylindrische Metallcontainer dazu gesellen und schon gibt es absolut keinen Grund mehr, über das Leben anderer richten zu wollen.

Jedenfalls aus meiner Sicht.

Peter.

P.S.: Wie viele Namen kann es für ein und dieselbe Sache eigentlich geben? Die Dänen sagen Jomfruhummer dazu, in Deutschland heißt das Tier Kaisergranat oder Jungfrauen-Hummer. Natürlich gibt es auch einen Namen auf Latein, für die angehenden Wissenschaftler unter uns: Nephrops norvegicus

Wieso eigentlich nicht einfach Krabbe?

Anholt, eine der beiden Hauptstrassen

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