PARK4NIGHT ist eine französische App, in der Wohnmobilfahrer aus ganz Europa für ganz Europa Stellplätze für die Autos markieren und sie so beschreiben, das andere Wohnmobilfahrer entscheiden können, ob sie da hin fahren wollen – oder nicht. Die App wird in den Sprachen Französisch, Deutsch, Spanisch, Niederländisch, Englisch und Italienisch angeboten. Wahrlich eine europäische Lösung!

Wenn ein Platz bei PARK4NIGHT 4,46 von maximal 5 Bewertungssternen aus 10 Bewertungen bekommt, dann muss er wohl richtig gut sein.
Wenn ein Platz bei PARK4NIGHT gleich 11 Kommentare bekommt, dann muss er wohl ganz besonders sein. Obwohl, es gibt auch welche mit 70 oder mehr Kommentaren…
Wenn ein Platz bei PARK4NIGHT weit ab von jeglichen Ortschaften, Häusern, direkt am Strand und auf dem Weg nach Norden liegt, dann ist das auf dieser Reise unser nächstes logisches Ziel.

Nur ein wenig irritieren bei der Tagesplanung die Inhalte der 11 Kommentare für den Ort in der Nähe von Epidavros. Alle sind voll des Lobes über den tollen Ort. Doch 7 schreiben kryptische Zahlen wie „4×4“ in den Text oder warnen direkt:
„…Es gibt höher gelegene Stellplätze, evtl. 4×4“
„…Road leading there is not the best but slowly we was managed with 27 years old Mercedes MB100“
„…The place is really beautiful but the path is really bad. We have Ducato and I have to refill some problematic part of the way by gravel. 4×4 is fully recommended“
„…Meiner Meinung lohnt sich der Platz nicht für eine Nacht, da der Weg dort runter doch sehr schlecht ist. Wir haben es mit unserem T3 geschafft (Hinterradantrieb), aber ich würde da nicht noch mal herunterfahren wollen.“
„…Die Straße ist sehr ausgewaschen. 4×4 empfehlenswert“
„…Path stranded but feasibile without problem with a converted van“
„…The path to accessed is stony but practicable“

Mit anderen Worten: Schwierig zu erreichen. Das reizt. Das reizt sehr sogar! Das mitreisende Auto ist ein ganz normaler Alkhoven Ducato mit normalen Reifen und normaler Straßenlage. Wir haben ja unseren Ducato etwas verändert, aber eigentlich ist es auch nur ein normales Auto. Nicht im entferntesten 4×4.

Mittels GOOGEL EARTH können wir wunderbare Satellitenaufnahmen aus dem All auf diesen schwierig zu erreichenden Platz bekommen – da stehen ganz normale PKW´s am Strand. Das gibt den Ausschlag: Wenn die Eingeborenen da runter kommen, kommen die wohl auch wieder rauf. Und wir auch!

Wir erreichen die Abzweigung von der Hauptstraße und begehen Fehler Nummer 1: Direkt drauf los und runter fahren, ohne die knappen 2 Kilometer einmal kurz zu Fuß abzulaufen und sich ein eigenes Bild vom Zustand des Weges zu machen.
Es geht Anfangs steil bergab. Wirklich steil. Es holpert, scheppert und rappelt im Auto. Immer schön langsam! Einmal ist der Weg am rechten Rand abgesackt und gleich direkt gegenüber am linken liegt ein halber Baum im Weg. Schön Abstand halten – vom Loch im Weg, nicht vom Baum!

So tasten wir uns sehr langsam nach unten und im Hinterkopf wächst bereits die Sorge vor dem unzweifelhaft anstehenden Rückweg. Ein Seemann schaut nie zurück, keine Ahnung, wie das Wohnmobilfahrer machen?
Auf dem letzten Drittel wird der Weg flacher und einfacher. Unten angekommen sind wir auf der Stelle begeistert. Toller Platz mit zwei wunderbaren Buchten und einer kleinen Insel, eigentlich nur ein paar Felsklötze, direkt am Strand. Es ist schon später am Nachmittag und bis wir die Autos so stehen haben, das sie uns etwas gegen den aufkommenden Seewind schützen ist die Sonne schon hinter dem Berg verschwunden und wir denken nicht mal mehr an ein Bad im Meer.

Da wo wir stehen kann man in der Saison wohl nicht stehen. Direkt auf dem Strand. Die zahlreichen Spuren auf den terrassenartigen Plätzen unter den Bäumen deuten darauf hin, das hier viel mehr, vielleicht acht oder zehn Autos stehen können?

Leider legt der auflandige Wind immer weiter zu und der Himmel bedeckt sich mit bedrohlichen Wolken. Wann haben wir eigentlich zuletzt den Wetterbericht studiert? Vor zwei Tagen? Hätten wir wohl mal heute Morgen machen sollen?

Was wir nun nicht brauchen können ist ordentlicher Regen. Nicht, weil wir Regen nicht mögen und bekannter Maßen eher der Sonne zugeneigt sind. Nein. Regen würde schlicht den Weg zurück in die Zivilisation doch deutlich erschweren. Vielleicht sogar unmöglich machen. Denn die Vorderräder der schweren Autos brauchen natürlich irgend eine Art von Bodenhaftung (Neudeutsch: Gripp) , sollen sie die Fahrzeuge doch nach oben ziehen.

Als wir den Grill anzünden fängt es an zu tropfen, die Markise ist auf der windabgewandten Seite schneller ausgefahren als der nun heftig einsetzende Regen auf uns herunter prasseln kann. Oh je! Fangen wir doch erst mal wieder ganz pragmatisch an, Regenwasser zu sammeln. Und grillen in aller Ruhe unter der Markise.
Der auflandige Wind legt weiter zu und in der nun herrschenden absoluten Dunkelheit erscheint der Abstand der Autos zum Meer plötzlich doch relativ knapp. Fehler Nummer 2. Zu doof, das der Mond sich hinter der Wolkendecke nicht durchsetzten kann. Mit der Taschenlampe überprüfen wir, ob das Meer tatsächlich näher kommt oder ob es sich nur um den typischen Dunkelheitseffekt handelt, bei dem alles näher erscheint, als es wirklich ist.

Alles gut. Das Meer bleibt da, wo es hin gehört, auch wenn die Wellen vom Wind aufgepeitscht an den Strand drängen. Die Regenschauer ist auch schon wieder vorbei.
Später im Bett macht sich der Fahrer Vorwürfe. Wieso sind wir bloß zwei Tage vor der Fähre hier herunter gekommen? Doch er beruhigt sich. Wenn wir hier stecken bleiben, fährt die Fähre vielleicht ohne uns, doch es droht absolut keine Gefahr. Irgendeinen Traktor oder PickUp werden wir schon organisieren können, um mit den großen Autos den Berg wieder herauf zu kommen. Durch das hintere Fenster im Auto wird immer mal wieder das Meer beobachtet. Es tobt mittlerweile, bleibt aber da, wo es hin gehört.
Und so kommt es, das der Fahrer den Sonnenaufgang erlebt. Mal was ganz neues. Die Kulisse ist ebenso sensationell wie die Farben im Himmel. Also schnell in die Rolle des Fotografen schlüpfen und die wohl Besten Bilder der ganzen Reise machen.
Zwei Stunden später sind alle Reisenden wach, der Himmel hat sich wieder vollständig bedeckt, die Farben sind weg, der Wind und die aufgewühlte See sind aber immer noch da. Klarer Fall von Abreise. Oder in diesem Fall: Abreiseversuch starten.
Dieser Aufstieg will geplant werden. Sonst wird das nichts!
Unser Auto ist leichter, hat die breiteren Reifen, mehr PS und eine Getriebefunktion namens „Traction Plus„. Wenn man die einschaltet, wird ein eventuell durchdrehendes Vorderrad mit weniger Drehmoment versorgt und das andere bekommt mehr Kraft. So sollen diese Autos auf schlechten Wegen immer den Berg hoch kommen. Also muss KNAUSi (so im übrigen der Name unseres Autos) zuerst fahren.

Direkt dahinter der Alkhoven der Freunde. Falls der stecken bleibt soll er mit einem 12 Tonnen Abschleppgurt von KNAUSi über die Problemstelle geschleppt werden. Aus der hinteren Garage wird der Motorroller heraus geholt. Zum einen wollen wir damit das Gesamtgewicht des Alkhovens reduzieren (der Roller wiegt immerhin gut 120 kg) und zum anderen wollen wir erreichen, das die Vorderräder mehr Haftung bekommen, wenn dieser große Hebel hinter der Hinterachse nicht mehr wirkt.
In der Reisegruppe findet sich eine ehemalige Endurofahrerin, die sich ohne mit der Wimper zu zucken zutraut, mit dem Roller über die Schotterpiste den Berg hoch zu fahren.
Als Alarmzeichen wird ein langes Hupen vereinbart. Bei Ertönen stehen bleiben und die Lage klären. Nun ist bergauf stehen bleiben auf schlechtem Untergrund zwar keine gute Idee, aber anders wird es ja wohl nicht gehen. Ansonsten Sichtkontakt durch den Rückspiegel.
Die ersten paar hundert Meter laufen gut, doch dann wird es steil und eng und bereits nach der dritten Kurve ist KNAUSi viel zu weit vorne und muss warten. Als im Rückspiegel der Alkhoven auftaucht, geht es weiter. Entgegen der Erwartung des Fahrers fährt der Bus sehr schön an, fast wie auf einer asphaltierten Straße. Überhaupt kein Problem.
Im Schritttempo geht es gut voran, doch dann ist der Alkhoven wieder verschwunden und kommt auch nicht nach. Mist. Hoffentlich bin ich jetzt nicht zu weit vorgefahren. Denn hier kann man unmöglich wenden und zum Anschleppen muss der ganze Weg rückwärts den Berg runter gerollt werden. Mal den Motor ausmachen. Vielleicht hört man ja was?
Totenstille. Der Wind rauscht in den Sträuchern und Bäumen, aber kein Motorengeräusch, kein Hupen, keine Rufe. Totenstille.
Wirklich Mist. Handbremse maximal angezogen, einen dicken Stein hinter ein Hinterrad gelegt und den Weg zu Fuß wieder runter. Totenstill.
Dann, auf einmal quälendes Motorengeräusch eines im Berge anfahrenden Autos. Ach je! KANUSi blockiert den Weg und das wäre ja jetzt wirklich doof, wenn der Alkhoven hier halten müsste. Also Bergauf zum Auto zurück laufen, den großen Stein zur Seite rollen, Motor an, Handbremse los und Gas geben! Im Rückspiegel erscheint ein Auto. Doch was ist das? Im Rückspiegel ist ein alter PickUp zu sehen, aber nicht der Alkhoven. Wo kommt der denn jetzt her?
Zum Glück taucht unmittelbar dahinter nun endlich auch der Alkhoven auf und wir zuckeln nun mit drei Autos den Berg hoch. Ob der PickUp den Alkhoven schleppt oder nicht kann ich nicht erkennen. Keine Spur von dem Motorroller oder dessen mutigen Fahrerin.
KNAUSi macht noch mal ein paar größere Bocksprünge bei vier völlig symetrischen Bodenwellen, doch dann sind wir oben an der Hauptstraße. Zum Glück gibt es hier eine halbwegs ebene Parkfläche (wohl für die Autos, die da nicht runter fahren wollen). Als der einheimische PickUp vorbei fährt wird klar: Der hat den Alkhoven nicht geschleppt, sondern ist nur Vorgefahren.
Als kurz danach der Alkhoven parkt freuen wir uns sehr, das wir tatsächlich mit beiden Autos aus eigener Kraft den Berg hinauf gekommen sind. Es stellt sich heraus, der der PickUp aus einem Nebenweg auftauchte und dachte, er müsse dem Alkhoven helfen. Das Pallaver hat in der fremden Sprache etwas länger gedauert und daher waren die Motoren aus. WalkiTalkis wären schon sehr von Vorteil, wenn man mit zwei Autos unterwegs ist. Liegen an Bord des STORMVOGELS. Muss man alles zwei mal haben?

Als nächstes erscheinen die beiden Frauen – zu Fuß, ohne Roller. Der steht noch weiter unten im Berg. Die letzten Meter sind offenbar Chefsache – um nicht zu sagen, Achtung, politisch nicht korrekt: Männersache!
Nach gut 45 Minuten für 1.900 Meter Strecke schließen wir das Projekt Aufstieg mit dem Einladen des Rollers in den Alkhoven erfolgreich ab und sind sehr froh´ das es keine Schäden an Mensch und Material zu beklagen gibt.
Was für ein Abenteuer!
Wer braucht hier schon 4×4?
Peter.