Eigentlich hatten wir letztes Jahr gesagt: OK, LINFJORD war ganz gut, aber noch mal müssen wir hier nicht hin.
Eigentlich.
Schwups, gerade mal ein knappes Jahr vergangen und schon sind wir wieder mit dem STORMVOGEL im LIMFJORD. Diesmal ist die Passage eher als Durchreise in die NORDSEE angelegt. Die Wettervorhersagen sind insofern positiv, das wir gar keinen Wind haben. Also schon mal keinen Gegenwind, aber eben auch keinen Segelwind. Für uns ist das OK, denn im teilweise engen Fahrwasser wäre ein wildes herumgekreuze nichts für uns.
So brechen wir also nach einer Nacht in HALS auf um so weit wie möglich nach Westen zu kommen. Ein Ziel setzten wir nicht – müssen wir doch durch mindestens zwei Brücken in AALBORG und wann die Sonntags aufmachen wissen wir nicht.
Spiegelglattes Wasser. Außer uns nur ein Berufsschiff und ein Marinedampfer auf dem Wasser.
In AALBORG haben wir Glück, nur 20 Minuten Wartezeit und schlagartig tauchen auf der anderen Seite der Eisenbahnbrücke viele Segelboote auf – mit Vollzeug dümplen sie über das Wasser, treiben im strahlenden Schein der Herbstsonne. Das ganze ist wohl eher ein kollektives Segel-Auslüften. Nun, das, stört uns nicht. Wir kurven um die Dümpler herum. Der Skipper nimmt das bereits zweimal besuchte LOGSTÖR als Tagesetappe ins Visier, die Mannschaft mosert (kommt kurz vorm Meutern). Viel zu eng, viel zu busy. Nein, da will sie nicht hin!
Na´ wenn das so ist, versuchen wir doch der Insel LIVÖ einen Besuch abzustatten. Nur noch die AGGERSUND Brücke passieren (auch hier sehr erträgliche Wartezeit), an LOGSTÖR vorbei und dann den Hafen der Insel ansteuern.
Im wie immer sehr gut geschriebenen Törnführer „DÄNEMARK“ schreibt der Autor JAN WERNER:
„Meine Begeisterung für diese kleine Insel kennt kaum Grenzen! LIVÖ ist ein kleines Naturwunder, ein nordisches Paradies“.
Das hatten wir zwar im letzten Jahr auch schon gelesen, die Insel aber liegen lassen. Der Hafen dort soll sehr, sehr sogar sehr ganz klein sein und für´s Ankern war das Wetter damals auch nichts. Das ist in diesem Jahr anders. Wenn wir gar nicht in den Hafen rein kommen, ankern wir bei der Dauerflaute eben davor.
In der Abenddämmerung erkennen wir wie beschrieben erst in aller letzter Minute den Hafen und tuckern so langsam wie es geht hinein. Die Mannschaft winkt ab, rückwärts wieder raus! Der Skipper sieht eine freie Kaikante und hat bei Herrn WERNER gelesen: Die hat 25 Meter. Der STORMVOGEL hat 14,5 Meter – sollte also passen, auch wenn in der linken Ecke noch ein kleiner Eingeborener und an der Längspier ein riesiger Ponton liegt.
Wir machen den STORMVOGEL im wohl kleinsten jemals besuchten Hafen fest und wissen noch nicht, wie wir hier wieder raus kommen sollen. Drehen geht nicht. Egal. Das Problem wird gelöst, wenn es anliegt.
Am Abend erkunden wir nur die nächste Umgebung des Hafens, am folgenden Vormittag besuchen wir das Dorf mit der Jugendherberge und, natürlich, den Kaufmann. Wir laufen auf dem gut ausgeschilderten Wanderwegen durch Wald und Heide, erklimmen einen Aussichtsturm und genießen die Morgenstille. Es ist wirklich sehr, sehr still.

Das ändert sich, als wir zum Hafen zurück kommen. Denn der Ponton gehört zu einem Bagger und zu dem Bagger gehören zwei Bauarbeiter. Die haben den Job, den Hafen zu vergrößern. Das kleine Becken bleibt wie es ist, aber die vier Außenliegeplätze bekommen auch eine Hafenmauer. Ist wohl auch besser so. Die beiden Bauarbeiter wühlen zwar so vor sich hin, richtig können sie aber nicht los legen, denn ihr Schlepper, mit dem der Ponton wieder nach draußen gezogen werden müsste, ist kaputt und sie warten auf Ersatz.
Wir schauen dem Treiben noch ein wenig zu, beschließen dann aber abzureisen. Zu laut. Zu viel Baustelle. Wetter auch nicht prickelnd.
Der Ableger mit rückwärts eindampfen in die Achterspring funktioniert tadellos – wohl auch, weil wir noch zwei Meter nach achtern können da es dem Dänen wohl auch zu laut wurde und er schon weg ist.
Über das heutige Tagesziel gibt es keine zwei Meinungen an Bord. LEMVIG!
Das letzte Jahr Heimatbasis für den Sommertörn mit Familie im LIMFJORD, jetzt auserkoren als Servicestation. Ein paar Arbeiten müssen am Boot erledigt werden, insbesondere Putzen, so jedenfalls die maßgebliche Meinung der Mannschaft.
Aber auch sonst wollen wir den STORMVOGEL nach fünf Wochen Fahrt mal ein wenig genauer ansehen. LEMVIG ist dazu hervorragend geeignet. Den wohl besten Schlachter Dänemarks, den wohl Besten Käseladen und, man glaubt es kaum, im Supermarkt den Besten Bäcker. Dazu dann noch der große Fischladen am Hafen – es wird uns an nichts fehlen.
Die Tage in LEMVIG rennen so dahin. In einem Autoteile-Shop bestellen wir zwei Dieselvorfilter und fühlen uns sehr übel abgezockt: 20 Euro kostet einer, in Deutschland vielleicht 8 Euro?
Da gehen wir einfach nicht mehr hin und denken bei der nächsten Tour daran, mehr in Reserve mit zu nehmen.
Mit einem Auge schielt der Skipper mehrmals täglich auf das Nordsee-Wetter. Wenn der Wind gut steht, wollen wir uns am Vortag nach THYBORÖN vorholen, um schon mal 12 Meilen weniger auf der Uhr zu haben.
Am Sonntag, den 9.9. scheint es soweit zu sein. Nur mit dem Vorsegel brettern wir bei sattem Südwind in den riesigen Fischereihafen am Nordsee-Eingang des LIMFJORDS. Außer uns nur ein Engländer und ein Belgier da. Ansonsten tote Hose im Yachthafen.
An Land dagegen steppt der Bär. Unzählige Touristen durchstreifen die viel zu breiten Straßen der Geisterstadt THYBORÖN. Wir sehen einen zerlumpten Philipino auf einem wackligen Fahrrad – arbeitet wohl einem Sklaven gleich auf einem Fischkutter (?).
Dem Skipper befällt der Gedanke, das Fischer doch eigentlich nur Diebe sind. Bei allergrößtem Respekt vor der wohl (weltweit) härtesten Arbeit der Welt: Fischer fahren aufs Meer, holen den Fisch aus dem Wasser und verkaufen den – ohne, das sie was dafür getan haben, das es den Fisch überhaupt gibt!
So ein Bauer, der muss seine Felder bestellen und seine Tiere aufziehen. Dazu braucht er auch große Maschinen wie die Fischer. Doch die nehmen einfach die Maschine und holen sich alles aus dem Meer, was sie bekommen können. Fängt der Skipper nun an zu spinnen?
Nun denn. Der Plan steht: Morgen geht es auf die NORDSEE – dem vierten und letzten Abschnitt unserer Sommereise.
Peter.