Die Wirklichkeit ist anders…

…als man denkt oder plant!

Das führt mich ja wieder dazu, das ich im nächsten Leben Meteorologe werden möchte: Man verdient viel Geld, kann erzählen was man will (…glaubt sowieso keiner) und hat Zeit für viele Frauen.

Na ja, vielleicht ist es auch wirklich nicht einfach, eine Windvorhersage zu erstellen. Alle haben sich getäuscht und wir mussten unsere Pläne der Realität anpassen. Also streichen wir die Vorbemerkung wieder 😉  (Lustig finde ich sie aber schon…)

Also:

Wir starten planmäißg in Falmouth um 18:00 Uhr. Es bläst wie blöde, also haben wir das 3. Reff im Großsegel…die Engländer riskieren Vollzeug.

Mit Brausefahrt in den West-Teil des englischen Kanals. Die Sonne geht unter, der Mond geht auf und alles läuft wie am Schnürchen. Selbst die unangenehme Welle stört noch nicht – darauf waren wir ja eingestellt. Der Wind beruhigt sich, wir nehmen das Reff raus.

Wir teilen die erste Wache ein, Heidi versucht von 22-24 Uhr zu schlafen – und mault, das es unter Deck so laut und kalt sei. Um Mitternacht Wachwechsel, ich gehe runter und maule, das es so laut und kalt ist!

Kalt – das liegt wohl an der Nachtkälte und ein Stückchen Müdigkeit. Laut, das liegt an der Segelstellung, dem immer weniger werdenden Wind und der nach wie vor starken Welle von Steuerbord. Dadurch wird das Boot gedreht / verdreht und die Segel schlagen wie verrückt im Rigg. Wenn sie dann wieder Wind fangen, knallen sie auch manchmal. Wie gut das die neu sind und nicht reißen werden, aber Materialschonend ist das nicht!

Also schlafen wir nicht und entsprechend lang wird die Nacht. Ich kämpfe bei der Schaukelei zunehmend mit Seekrankheit und merke aufkommende Teilnahmslosigkeit. Das ist nicht gut – aber noch kontrollierbar.

Wir versuchen eine Kursänderung um besser zum Wind zu kommen – die ist aber zu groß und führt uns zu weit von unserem Sollkurs weg – also wieder zurück, Segel wieder auf die andere Seite…und etwas den Anschluss an die vorauseilende englische Crew verpasst.

Die Sonne geht auf, die Fahrt geht runter auf 3,5-4 Knoten – gerechnet haben wir mit 6!  Bei Erreichen des TSS wird es mir zu bunt: Segel runter, Motor an und weiter. Viele, viele große Schiffe kreuzen unseren Weg, aber alles überschaubar und ruhig.

Wir stehen im regelmäßigen Funkkontakt zur anderen Crew – deren Skipper schlägt gegen 10:00 Uhr vor, abzubrechen und die Ile de Ouessant anzulaufen. Begründung: Kein Wind, doofe Welle und demnächst Strom gegen an. Die stehen 3 Seemeilen vor uns.

OK denke ich, das ist gut. So weiter eiern geht gar nicht!

Also erstmal weiter auf Sollkurs und dann den kleinen Abstecher zur Insel. Wir werden immer langsamer, aha, die Tide kippt und wir haben den Strom gegen uns. Und werden langsamer, langsamer, laaaaaannnggggggsssssaaaammmmmmeeeeeerrrrrrr.

Und was ist das? Sind die Instrumente ausgefallen? Der Magnetkompass sagt, wir fahren 145° (durch das Wasser), das GPS sagt, wir fahren 340° über Grund (also tatsächlich). Mit 2 Knoten. Ich brauche so ca. eine halbe Stunde, bis ich darauf komme, das wir zurück getrieben werden. Mit satten 2 Knoten! Das heißt: Der Strom schiebt uns so stark weg, das wir nicht gegen an kommen. Schließlich wollen wir ja unter 2.000 Touren und bei 85°C  bleiben, um die Maschine nicht zu überhitzen.

Ausserdem: Wir stecken mitten in einem „Race“: Das haben wir schon in England lernen müssen: An besonderen Stellen (Meistens Kap´s) gibt es je nach Tide besondere Wellenberge, Strömungsverhältnisse und Strudel. Und wir stecken mitten drin, weil sich dieses Race gerade immer weiter aufbaut. Wir haben das Ziel vor der Nase, können es bei schönstem Sonnenschein direkt in 2 Seemeilen vor uns sehen und kommen nicht hin!

Ich brauche wieder eine halbe Stunde…dann also erstmal raus aus dem Race auf die offene See, dort versuchen an dem ersten Kap vorbei zu kommen und dann eher aus Süden in die Bucht einlaufen – und den Motor etwas mehr stressen, als wir eigentlich wollen. (2.200 Umdrehungen, 93°C).

Das klappt, aber laufen immer noch nur 2 Knoten – aber diesmal in die richtige Richtung ;-))

Und so erreichen wir erst am Abend diesen hervorragenden Ankerplatz (wir liegen an einer Mooringboje) und freuen uns, das der englische Skipper diesen Vorschlag gemacht hat.

Beide Crew´s haben die Nase voll und bleiben heute (Samstag, 01/09/2012) hier und erkunden die Insel.

Für Morgen planen wir eine Motor-Tour 40 Seemeilen weiter südöstlich nach Audierne – kein Wind angesagt aber es macht Sinn, noch ein Stück weiter nach Süden zu kommen. Auf der Etappe gibt es bei Ile d Sein wieder ein Race – und mit nunmehr 2 Skippern wurde errechnet, das wir dort auf keinen Fall VOR 18:00 Uhr ankommen dürfen, optimaler Weise um 18:15 die Passage durchführen und wenn wir das nicht schaffen ab 18:30 Uhr mit hohen, teilweise brechenden Wellen rechnen müssen. Aber wenigstens ist ja kein Wind ;-(

So, und zum Schluss zur Belohnung hier noch ein paar Bilder damit mal klar wird, wie gut wir es eigentlich getroffen haben:

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert