Mal wieder Zeit für einen Update im Blog. Die Tage seit Scheveningen waren recht anstrengend und wir sind kaum zu anderen Dingen als Segeln, Essen kochen und Navigation (Vorbereitung des nächsten Tages) gekommen. Heute (Montag, 13. August 2012) haben wir bewusst eine kurze, 20 Seemeilen Etappe von Eastborne nach Brighton eingelegt…aber der Reihe nach:
Donnerstag (09/08/2012) Scheveningen (Niederlande) – Zeebrügge (Belgien)
Nachdem die Impellerpumpe und das Wetter also „GO“ signalisierten sind wir früh´ in Scheveningen los und unter Segeln Richtung Maas-Mündung. Im Reeds wird die Passage als sehr anspruchsvoll beschrieben – wir hatten sehr wenig Wind, platte See und wenig Schiffsverkehr von/nach Rotterdam. Also völlig problemlos diesen Abschnitt. Danach mit dem Wingacker (unserem Leichtwindsegel) versucht, Meilen gut zu machen, aber wenn gar kein Wind mehr weht, muss die Unterwassergenua (=Motor) ran. Und schön im unteren Drehzahlbereich, damit sie nicht zu warm wird…
Abends erreichen wir das Fahrwasser von / nach Antwerpen und „dürfen“ hautnah sehr, sehr große Containerschiffe aus der Nähe erleben – die Hafeneinfahrt liegt auf der anderen Seite des Fahrwassers. Schnell nach 71 Seemeilen fest gemacht, ein belgisches Anlegerbier getrunken und am nächsten Morgen die Dieseltanks mit 360 Litern nachgefüllt – die Quittung für das viele motoren…
Ach ja – die niederländische Gastlandflagge konnte nach vielen Wochen (endlich) gestrichen werden. Endlich, weil es wirklich Zeit wurde, das wir los kommen!
Freitag (10/08/2012) Zeebrügge (Belgien) – Dünkirchen (Frankreich)
Am nächsten Morgen weiter. Direkt unter der Küste liegen viele flache Sandbänke, aber die Seekarten versprechen ein gut betonntes Fahrwasser. Gut (sehr gut!) ist auch das Wetter. Am Mittags können wir endlich mal einen halben Tag segeln, gute Sicht, keine Welle gegen Abend mehr Wind und durch die Sandbänke anspruchsvolleres Fahrwasser – aber machbar. In Dünkirchen wählen wir den „Stadthafen“, sind aber nach 40 Seemeilen zu platt für einen Landgang.
Samstag (11/08/2012) Dünkirchen (Frankreich) – Dover (Großbritannien)
Dieser Samstag soll in die Geschichte eingehen. Den ganzen Tag High-Speed segeln! Anfangs mit einem schwierigen Raumschootskurs („Wind schräg von hinten“), dann immer mehr auffrischend und Halbwind. Auf Höhe Calais düsen wir mit 8,5 kn (!!!) am Rande des Verkehrstrennungsgebiets (TSS – Traffic Separation Scheme) entlang. Diese TSS sind Einbahnstraßen für die Seeschiffahrt und man darf sie nur im rechten Winkel queren – damit die Schiffe im TSS leicht und sicher erkennen können, das da einer quert. Da der Wind auf 6 Bft aufgefrischt hat legen wir noch ein Reff in das Großsegel ein und queren die Straße von Dover im 90 Grad Winkel – jedenfalls Anfangs….der Strom versetzt uns deutlich nach Westen (kommt uns gelegen) und unser Ehrgeiz zum Einhalten der Kurslinie hält sich in Grenzen. Die Welle ist ordentlich, die Sicht gut und der Schiffsverkehr lässt so große Lücken, das wir gut durchkommen. 43 Seemeilen in 8,5 Stunden.
Abends in Dover dann noch ein Landgang. Eigentlich treffen die Häfen ja nie die Erwartungshaltung – es erscheint einem immer völlig anders als es in Wirklichkeit ist. So auch in Dover: Die Kulisse recht hübsch, der Hafen auch, die „Stadt“ aber herunter gekommen und reiner Transit für die vielen LKW´s und Autos von/zu den Fähren.
Die obligatorische Anmeldung bei der Hafenverkehrslenkung über UKW Funk hat diesmal vorzüglich geklappt…Trick: Vor Anruf den Plotter auf „Heading: North“ umgestellt ;-))
Sonntag (12/08/2012) Dover – Eastborne (Großbritannien)
Auch dieser Tag wird in Erninnerung bleiben – aber in negativer. Seit „immer auf der Nordsee“ beschäftigen wir uns bei der Planung nicht nur mit dem Wetter und der Route, sondern auch mit der Tide (also Ebbe und Flut) sowie den damit zusammenhängenden Strömungen. Die Tide bestimmt recht massiv unsere Abfahrtszeiten. Und jedes mal rechne ich wie ein verrückter, wälze Tabellen und befrage den PC. Mit dem Ergebnis, das die „anderen“ früher los fahren. Ach, die wollen wohl woanders hin, wir bleiben noch…
Wir also am frühen mittags los (mit Rest-Adrenalin von der Kanalquerung) und Anfangs läuft auf der 45 Seemeilen Etappe alles super. Wieder alle Segel draußen gehabt und recht guter Dinge. Am frühen Nachmittag setzt der Wind dann aus, eine Stunde Motor, dann kommt er aus SW (also gegenan) und nimmt weiter zu. Die Welle auch…und ganz offensichtlich auch der Strom. „Drei gegen Stormvogel“!
Wir habe aber erst die Hälfte der Strecke und es ist schon 15 Uhr…ach egal: Motor an und gegenan…schwerer Fehler: Wir stampfen uns wie doof in der Welle fest, machen 3,5-4 kn Fahrt über Grund (und kommen damit auch „nie“ an) und die Maschine ist auch schon wieder bei 90° Betriebstemparatur.
Was sollen wir machen? – Wir müssen was machen!
Also gut: Wir haben ein Segelschiff und können (im Prinzip) kreuzen. Also Segel wieder raus und auf die Kreuz – zeitweise mit Motorunterstützung um Höhe gut zu machen. So schaffen wir es gerade so mit dem letzten Tageslicht die Schleuse von Eastborne zu erreichen und sind fix&alle als wir endlich gegen 22:00 Uhr fest sind.
Besondere Erwähnung verdienen noch die englsichen Fischer: Die packen ihre Netze und Reusen an kleinen Plastikkanistern (gerne in Tarnfarben) ins Wasser – da wird einem Angst und Bange, wenn man die kurz vor passieren erst entdeckt…
Montag (13/08/2012) Eastborne – Brighton (Großbritannien)
Eigentlich wollen wir gar nicht weiter. Der Vortag hat Kraft und (mal wieder) Selbstvertrauen in die eigenen seglerischen Fähigkeiten gekostet.
Aber die Etappe ist mit 22 Seemeilen sehr kurz, der Wind mit SSW 4 fast optimal. Also kurz entschlossen nach Einkauf und ohne Frühstück doch los – schließlich muss es doch besser als gestern gehen!
So kreuzen wir aus der Bucht von Eastborne hart am Wind heraus und gehen dann ebenfalls am Wind auf direkten Kurs nach Brighton…na ja, fast direkt: Kleine Slalometappen wg. der Fischernetze, aber ansonsten läuft es mit bis zu 8 kn mal wieder wie am Schnürchen. (…und alles mit uns!).
So erreichen wir bereits um 14:00 Uhr den (im Gastliegerbereich fast leeren) hässlichen Hafen. Kleiner Imbiss und erstmal einen längst überfälligen Mittagsschlaf….am frühen Abend mit dem Linienbus in die Stadt, auf die berühmte Seebrücke und bei einsetzendem englischen Nieselregen wieder zurück an Bord.
Die Planung der nächsten Etappe nimmt fast 2h in Anspruch. Schließlich wollen wir keinen zweiten „Sonntag“ erleben. Mal sehen, wie es Morgen wird…
An der südenglischen Küste gibt es zwar einige Häfen, die meisten sind aber eher Flußmündugen die bei Niedrigwasser trocken fallen und uns daher nicht geheuer sind. Also ist und bleibt es schwierig, Zielhafen, Wind und Tide unter einen Hut zu bekommen.
Im Moment sind wir durchaus erschöpft, aber der Wind steht günstig und einen Hafentag wollen wir erst dann einlegen, wenn er mal wieder kräftig von vorne kommt.
Peter, mit Freigabe durch den Kommunikationsoffizier Heidi.
P.S.: Bilder gibt es erst, wenn wir Zeit haben, die gemachten Aufnahmen zu sichten und zu bearbeiten.