Ahoi!
Wir beschäftigen uns nun mit höherer Mathematik.
Natürlich NICHT freiwillig, notgedrungen!
Unsere Route nördlich der Inseln führt uns immer wieder zwischen die
Inseln zwecks Landerkundung. Da diese so dicht beieinander sind, sind
die Wasserstraßen schon fast Kanäle oder große Flüsse. Und weil der
Indische Ozean (SAVU SEA) mit Wasser versorgt werden will (aus der
FLORES und BANDA SEA), strömt das Wasser also wie doof zwischen den Inseln durch diese „Kanäle“ hin und her und wenn man nicht aufpasst (sprich VORHER gerechnet hat!) dann hat man auf einmal 4-9 Knoten (!!!) Strom gegen an…
…obgleich man bei 9 Knoten wohl nicht mehr von „Gegenan“
sprechen kann, denn man wird ja rückwärts fahren…da haben wir so
einiges an Erfahrung. QUASANT lässt grüßen!
Aber, und das sind unbestreitbar die Vorzüge von Segeln im Gemeinschaft = Rally:
Önni, seines Zeichens Isländer und ehemaliger Pilot, versteht
sich aufs Rechnen und gibt sein Wissen gerne weiter…auch an Holzköpfe, die sich immer zu mit Bier beruhigen müssen 😉
Nun reden wir also unentwegt von den Zeiten des UPPER TRANSIT (des Mondes), GMT (Greenwich Meantime), LT (local time), favorable currents und dem Umstand, das man seit Jahrhunderten Bücher mit Tabellen verwendet, die sich zeitlich alle auf GMT beziehen. Also rechnet man die Zeit vorwärts, rückwärts, seitwärts, hoch und runter bis nichts mehr übrig bleibt und alle Fragen offen bleiben. Genial!
Allein, es fehlt die Motivation zum Kopf- oder Papierrechnen!
Das doch alles nur, weil wir (noch) keine richtiges Internet
haben…denn ich bin gewiss: In dessen endlosen Weiten und oft sinnlosen Seiten muss da mindestens ein kleines Tüülchen existieren, das die Gezeitenströme an einem dieser Wasserstraßen (in Landesjargon SELAT’s genannt) zu einer beliebigen Zeit ausrechnen kann.
Traurig genug, das unsere teure Navigationssoftware nichts dazu zu sagen hat. Die kennt noch nicht mal den Mondauf- und Untergang. Gerade mal die Sonne kennt es. Das historische WXtide kennt neben der Sonne auch den Mond, immerhin, und es ist kostenlos…
Und so schließt sich der Kreis (mal wieder):
Auf ALORE, in der Großstadt KALABAHI (unserem nächsten Ankerplatz) gibt es breitbandiges Internet…
…das berichten uns per Funk die Boote, die bereits dort angekommen sind…
…nur, und das ist die Krux: Dazu müssen wir den SELAT PANTAR befahren…
…und dessen Gezeitenströme vorher also zu Fuß ausrechnen! ;-(
Eine Seefahrt, die lustig, eine Seefahrt die ist schön!
Jawohl-Ja.
Heiter, wie immer, weiter!
Peter.
P.S.:
Im übrigen sind wir gestern Nacht (18 auf 19/08/2014) von KISAR nach WETAR gesegelt. Denkwürdige Passage, 12-16 Knoten Downwind, keine Welle, sanftes dahingleiten in rabenschwarzer Nacht. Gegen 02:00 Uhr in der frühe ruft uns eine Frauenstimme über UKW Funk – oh Mist, haben wir einen Dampfer übersehen? Nein, nein: Es handelt sich um einen kleinen Tanker der gerade von einer Delivery-Crew von Asien nach DARWIN überführt wird. Der Diensthabende Offizier ist eine Frau, aus den Niederlanden. Auf dem AIS sieht sie STORMVOGEL und denkt, sie könne ordentlich in Landessprache mal einen ausschnacken….und dann meldet
sich der Diensthabende Offizier an Bord eben jenes so niederländisch
klingenden STORMVOGELS, ebenfalls eine Frau, aber aus Deutschland (-Pustekuchen!) und die beiden klönen im schönsten Englisch über Gott und die Welt – zum Glück NICHT über Fussball!
P.S.II:
Im vorangegangenen KISAR Beitrag ist ein abendliches
Strand-Fisch-Grillen nicht erwähnt worden, das es aber hätte sollen.
Später mal. Und der Name der Hafenmeisterin ist Pita.
P.S.III:
Önni hat einen echten Shortcut vermittelt: Wenn man die Zeit des
Mondauf- und Untergangs am gewünschten Ort kennt (kennen wir, dank WXtide), bildet man die Differenz, teilt diese dann durch 2 und addiert das Ergebnis auf den Mondaufgang. Fertig ist der Upper Transit am gewünschten Ort. Damit geht man dann in die Tabelle des SOUTHEAST ASIA CRUISING GUIDE und fertig ist die Laube.
Alles klar?
Hallo Heidi & Peter,
die Gezeiten gehorchen im wesentlichen einer Cosinusfunktion und es wird zur Annäherung die 12er-Regel angesendet. Das funktioniert deshalb, da die Cosinuskurve sich in 12 Schritten sehr gut linear interpolieren lässt. Das heisst, dass die Höhe der Gezeit (HdG) in Zwölften der folgenden Reihe gehorcht: 1-2-3-3-2-1.
Beispiel: HDG = 6m, dann in der 1. Stunde: 0.5 m, in der 2. Stunde weitere 1 m, in der 3. Stunde weitere 1,5 m usw.
Bei den Strömungen dürfte sich das ähnlich verhalten. Ist der maximale Strom im Laufe der Gezeit 6 kn, dann hat man in der 1. Stunde 1/3 * 6 kn = 2 kn, in der 2. Stunde 2/3 * 6 kn = 4 kn und in den beiden folgenden Stunden 6 kn, usw.
Die Annäherung hängt bzgl. der Qualität vom Kurvenverlauf der HdG ab. Hat man die Tidenkurve zur Verfügung und verbindet in der Kurve das Niedrigwasser mit dem Hochwasser mit einer geraden Linie und schneidet die Tidenkurve ungefähr diese Linie nach halber Steig- bzw. Falldauer die Linie in der Mitte, dann ist die Genauigkeit hinreichend gut. Je weiter die Schnitt von der Mitte der Linie abweicht, desto ungenauer das ganze.
Vielleicht hilft dies ja mit einer hinreichend schnellen Kopfberechnung, wann man am Besten losfährt. Voraussetzung ist natürlich, man hat die mittlere Steighöhe (natürlich in Abhängigkeit von Spring und Nipp) bzw. die HW und NW Zeiten. Letztere kann man z. B. der Navionics-Software entnehmen bzw. aus den Tabellen ablesen.
Lieben Gruß,
METABO