Heute Vormittag gegen 09:00 Uhr haben wir Porto Santo erreicht. Dieses Eiland gehört zur Hauptinsel Madeira und liegt Nord-Westlich davon.
Die letzten Stunden waren wirklich dramatisch, sicher auch mal gefährlich, aber nicht wirklich lebensgefährlich.
Der Reihe nach:
Nachdem wir die Schwachwindzone passiert hatten konnten wir am Mittwoch Vormittag nach 43 Motorstunden endlich wieder segeln. Wie überlegt und mit unseren Ratgebern an Land besprochen haben wir die Startbatterie direkt abgeklemmt.
Wir segeln mit unterschiedlichen Windrichtungen, Stärken und Wellen weiter auf unserem Süd-West Kurs Richtung Madeira.
Die Wettervorhersage für den geplanten Ankunftstag (Mittwoch Abend (17/10/2012) oder Donnerstag Morgen (18/10/2012)) verspricht eine gute Windrichtung, allerdings auch Starkwind mit 30 Knoten, das entspricht ca. 7 Windstärken auf der Beaufort-Skala.
Aber die Richtung stimmt und eine Alternative ergibt sich sowieso nicht. Irritiert bin ich vom Wind am Mittwoch Nachmittag – doppelt so stark wie angesagt. Wir laufen super und es mach Spaß auf hoher See durch die Wellen zu pflügen. Die Windfahne (mechanisches Steuersystem ohne Stromverbrauch) hält uns gut auf Kurs. Das Teil braucht offenbar starken Wind um uns auf Kurs zu halten.
Die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wird das härteste, was wir je an Bord erlebt haben. Der Wind legt kontinuierlich zu, das Boot läuft unruhig durch die größer werdende Welle. An Schlaf nicht zu denken!
Gegen 3:00 Uhr am Donnerstag (18/10/2012) dann eine Sturmfront. Inmitten der umgebenden Dunkelheit konnte man nochmals eine tiefschwarze Wand erkennen die von Steuerbord auf uns zukommt. Also das Vorsegel kleiner getrimmt und die Front erwartet. Die Geräuschkulisse wird ohrenbetäubend und wie immer bei Sturm denke ich: Da muss im Himmel aber einer ganz schön wütend sein wenn er hier so rum bläst…
Wir laufen mehr als 9 Knoten an der Sturmfront auf Sollkurs und ich frage über UKW bei der MAUNIE an ob wir nicht besser mehr Abstand zum Ziel halten sollten um bei einem Winddreher nicht in eine Lee-Situation zu geraten. Damit ist gemeint das man vom Wind auf Land getrieben wird und sehr große Schwierigkeiten bekommt, sich davon frei zu halten. Die Antwort ist „Nein“. Wir stehen noch 40 Seemeilen vor dem Ziel und dieses ausgedehnte Regengebiet mit Starkwind wird wohl dann vorbei sein (…).
Irgendwie überstehen wir diese Front nach ungefähr 2 Stunden voller Regen, großen Wellen die immer wieder in Cockpit wollen und brüllendem Sturm. Als mir immer mehr Seewasser ins Gesicht spritzt wird mir bewusst, wie warm das Wasser ist. Jedenfalls im ersten Moment: Durch den Wind wird es natürlich sofort kalt und ich wünsche mir die nächste Aufwärmung.
Das Boot läuft sehr gut und lässt sich mit Konzentration auch gut steuern. Niemals habe ich das Gefühl das der Stormvogel nicht das macht, was ich möchte.
Aber dann kommt eine zweite und später auf der Zielgerade sogar eine dritte Front. Die Dritte dann im Morgengrauen und es war dann auch grauend, als wir in der Dämmerung dann mal sahen, wo wir da eigentlich drin stecken: Die Wellen langgezogen mit weißer Gischt um Schlepptau. Ab und zu bricht sich eine nahe dem Boot. Das kann schnell gefährlich werden – passiert aber nicht.
Drei solchter Ungetüme in 8 Stunden – muss man nicht haben! Erst recht nicht, wenn man nach 4 Seetagen sowieso nicht mehr richtig wach ist.
Die Windstärke war (gemessen) zwischen 35 und 45 Knoten. Das ist schon sehr viel.
Dann unter Landabdeckung und die spannende Frage: Springt unser Motor an?
Eiliger Rückbau der Stromkabel im Wellengang…
…OHNE ERFOLG.
Einmal mehr zu unserem Glück hat sich die MAUNIE genau für diesen Fall hinter einem Felsen vor Wind und Wellen versteckt und auf uns gewartet. Trotz sehr starkem Wind gelingt im zweiten Versuch die Schleppverbindung und wir laufen hier der MAUNIE in den Hafen von Santa Porto.
Nach mehr als 24 Stunden auf den Beinen, müde, kalt und erschöpft.
Und extrem frustriert das unser stolzes Boot geschleppt werden muss.
Im Hafen drohen wir antriebslos kurz auf einen Steinwall aufzulaufen, weil bei einem der herbeigeeilten Festmacherboote der Motor plötzlich streikt. Ist das irgendwie ansteckend?
Irgendwie landen wir dann doch längsseits an der Pier und haben ein paar (schlimme) Kratzer in der Hülle mehr. Aber wenigsten keine Beulen.
Die MAUNIE hat ohne mein Wissen beim Einlaufen per Funk im Hafen um Hilfe gebeten und so gibt es 3 Schlauchboote und am Steg bestimmt noch mal 10 Helfer, die den lahmen Sturmvogel in Emfpang nehmen. Darunter auch Ulrike und Mathias von der BELLA, die einen Tag vorher von Porto kommend hier eingetroffen sind und sich schon gedacht haben, das wir in Schwierigkeiten stecken.
Ich bin über das nächtliche Starkwind/Sturm Segeln noch hoch aufgeregt, aber mehr noch beschäftigt mich der Motor. Warum ist er trotz zwischenzeitlich stillgelegter Batterie nicht angesprungen? Das hätte alles auch ganz anders (schlimmer!) ausgehen können: Völlig übermüdete und kräftelose Crew macht ein paar Fehler mehr und setzt den Dampfer auf die Steine.
Ulrike und Mathias laden die MAUNIE und STORMVOGEL Crew zu einem spätem Frühstück und so langsam komme ich wieder auf die Erde runter. Es ist kurz nach 12 als ich die erste Bierdose öffne – denn Bier beruhigt!
Und nun sind wir hier, schrauben am Motor und bekommen langsam den Verdacht, das der (bzw. der Anlasser) vielleicht doch schon kapput ist. Denn die Stromgeschichte scheint es NICHT zu sein. Sehen wir Morgen weiter.
Was aber auch im Kopf bleibt ist die unglaubliche Hilfsbereitschaft von Dianne und Graham die ja selbst auch mit dem Wetter kämpfen mussten. Ich wollte von Graham wissen, ob er in seiner langen Segelzeit jemals so ein Wetter erlebt hat: Nein, hat er nicht. Emotional, wie wir nun mal sind, fühlen wir uns den beiden auf ewig verpflichtet.
Bilder gibt es keine – dazu hätte die Kamera im Wasserdichten Gehäuse sein müssen und eine dritte Person hätte die notwendigen freien Hände zur Verfügung gestellt 😉
Jetzt wird erst mal geschlafen.
Peter.
Hi Peter,
na das hört sich ja abenteuerlich an! Da hättet ihr also besser noch einen Aussenbordmotor als Ersatz gebraucht… Oder ein paar Ruder.
Bis Grand Canaria habt ihr es dann ja bald geschafft!
Alles Gute und schöne Grüsse an Heidi,
Alex
Das war der beste Satz:
„Das Boot läuft sehr gut und lässt sich mit Konzentration auch gut steuern. Niemals habe ich das Gefühl das der Stormvogel nicht das macht, was ich möchte.“
Bei allen Problemen und Pech, was derzeit noch zu sehen ist, das ist das erste Mal, dass Peter mit Stormvogel eins ist und er mit Stormvogel „spricht“.
Finde ich gut 😉