Tage 4 bis 9: Das gute am Yachthafen Cuxhaven sind die kostenlosen Leihfahrräder. Die Segelvereinigung Cuxhaven (SVG) weiß offenbar, wie man die auf „anderen Wind wartenden“ bei Laune hält. OK, das sind keine neuen Trackingbikes, aber für kurze Ausflüge und vor allem zum Einkaufen sind die Räder super!
So halten wir uns also bei Laune. In der Zwischenzeit kommt ein Katamaran aus Westen rein. Der war 14 Jahre auf Weltreise und flucht über das Wetter… 😉
Ausserdem treffen wir zwei weitere ARC (Atlantic Ralleye for Cruisers) Boote: Die „Charme Offensive“ ist eine nagelneue HANSE 455 und kommt geradewegs aus Greifswald. Die Crew kommt aus Australien. Deren Plan ist innerhalb eines Jahres das Boot nach Australien zu bringen…wir redeten dann aber nicht besonders viel miteinander. Lag wohl daran, das ich (unüberlegt) meinte nach 7 Jahren HANSE Erfahrung damit keine Ozean-Überquerung machen zu wollen und lieber etwas solideres hätte. Das kränkt natürlich jeden neuen Eigner…wollte ich aber natürlich nicht….
Das andere Boot ist ein „Supertanker“ vom Type JANNETAU 545 aus Norwegen. Die haben auf dem Weg von Brunsbüttel nach Cuxhaven ihre Radarantenne mit dem Vorsegel zerlegt – das Gehäuse total zertrümmert…war wohl viel Wind?
Bei all dem Steg-Gequatsche halten alle das Wetter im Auge. Ca. 20 Boote aus den Niederlanden warten auf den Sprung nach Westen, mindestens 2 Engländer und ein Russe.
Ich verkünde am Freitag den Aufbruch für Samstag, den 21/07/2012. Der Wetterbericht ist zwar wacklig bezüglich der Windstärke, aber es soll Nord-West (NW) wehen. Ab Elbemündung (BTW: immerhin ca. 20 Seemeilen von Cuxhaven raus auf die Nordsee) müsste man mit „am Wind“ Kursen segeln können. Aber sicher bin ich nicht!
Die Nacht kaum (vor Aufregung) geschlafen, dann am Samstagmorgen um 03:30 aufstehen, Kaffee kochen und trinken und dann um 04:00 Uhr mit ablaufendem Wasser die Elbe weiter runter. Kurze Zweifel am Morgen (doch zuviel Wind – wg. Wind-Gegen-Strom?). Egal. Die anderen großen Boote fahren auch – und so brechen ca. 25 Boote im Pulk auf.
Anfangs läuft alles super, aber je weiter wir kommen um so größer und kabbeliger werden die Wellen. Der Törnführer (Jan Werner – Nordseeküste 2) hat schon recht: „Bei Westwind ab bleiben wir lieber in Cuxhaven….“
Nun denn, wir sind unterwegs und ein Abbruch ist gar nicht möglich. Am frühen Mittag erreichen wir „Elbe 1″ und können auf SW (Süd-West) Kurs gehen. Also Segel setzen. Es pfeift nicht schlecht, also gerefft. Nachdem das bei der Schaukelei und dem Schiffsverkehr geklappt hat nehmen wir Kurs und Fahrt auf – um enttäuscht fest zu stellen, das wir ohne unseren ausgefahrenen Schwingkiel kaum den Kurs (….“die Höhe“) halten können und hoffnungslos in die Weser vertrieben werden.
Die Hydraulik des Schwingkiels ist nicht zu 100% in Ordnung. Eine Überprüfung in Cuxhaven hatte ergeben, das man es zwar gut ausfahren kann, aber nicht in jedem Fall wieder einfahren kann – und das ist zwingende Vorraussetzung, wenn wir nach Makkum wollen.
Also den Motor zu Unterstützung mitlaufen lassen und bei ordentlich Welle durch die Anklerlieger auf Reede auf der Außeweser gebrettert.
Stimmung im unteren Bereich. Toll ist das nicht – ursprünglich wollten wir versuchen in einem Rutsch nach Makkum zu kommen. Heidi ist etwas fustriert als ich am späten Samstag Nachmittag verkünde, in Borkum übernachten zu wollen.
Kleine Surfeinlage auf dem Borkumriff (…mehr abgkürzt als bei NW-Wind sinnvoll) und um 20:30 Uhr fest im Kommunalhafen zu Borkum. Als Entschädigung für den anstrengenden Tag schnell rüber in das Restaurant des Yachthafens und zu angemessenen Preisen vorzüglich gespeist.
Auf Borkum liegen wir im Päckchen (längsseits an der Außenkante zu einem anderen Dampfer) mit einem zur Yacht umgebauten Fischtrawler aus Makkum – wir halten noch einen kurzen Schnack mit dem Skipper und erfahren, das sie aus Makkum sind und die HUTTING Werft natürlich gut kennen. Und das sie am Sonntag um 6:00 Uhr los wollen – wir also auch aufstehen müssen damit die Kollegen weg kommen.
Um 07:00 Uhr entscheiden wir uns auch zum Aufbruch und laufen langsam, gegen die Tide (Strömung) außenrum auf der Nordsee Richtung Terschelling. Der Wetterbericht faselt (sorry) was von SW 3 – also schwach, aber genau von vorne. Das war Anfangs auch so…und auch so OK, aber später wurden dann draus und der „STORMVOGEL“ hatte ordentlich gegen an zu kämpfen. Die Laune noch schlechter als am Vortag. Und das Wohlbefinden auch!
Auf Höhe Terschelling bewundere ich zwei echte Fahrtensegler die majestätisch gegen an kreuzen – und wir Amateure prügeln unter Motor gegenan…
Dann (endlich!!!) das Terschelling-Riff passiert und ins Fahrwasser des Wattenmeeres Richtung Harlingen. Das müsste noch bei Tageslicht erreichbar sein und das Fahrwasser ist mit Leuchtonnen ausgezeichnet.
Wir fliegen mit knapp 10 Knoten (!!!) nach Harlingen und erreichen das Ende des Fahrwassers gegen 21:30 Uhr. Hm, es ist noch
hell und es sind nur 6 Seemeilen durch das Fahrwasser zur Schleuse Kornwedderzand – die uns den Weg ins Isjlemeer – also Makkum – ermöglicht. Aber ist im Fahrwasser schon genug Wasser für uns? Die Flut läuft ja noch 3 Stunden…tuckern wir also mal ganz langsam los. Die flachen Stellen sollen gleich am Anfang kommen.
Mit der Wassertiefe bekommen wir im weiteren Verlauf kein Problem, aber mit der Dunkelheit!
Aus dem Norderney-Erlebnis im Juni haben wir ja gelernt, das wir Radar an Bord haben. Das läuft zu Übungszwecken schon die ganze Zeit mit und das Radar-Overlay auf der Seekarte zeigt auch die unbeleuchteten Tonnen recht gut.
Ich unter Deck am Radar/Kartenplotter und die Hand am Autopiloten, Heidi im Cockpit als Ausguck mit Handscheinwerfer. Klappt super!
Kurz vor Mitternacht erreichen wir die Schleuse und haben echte Schwierigkeiten in stockfinsterer Nacht die Einfahrt zu finden. Nach ein paar Aufregeren liegen wir vor der Schleuse, telefonieren mit dem Schleusenwärter und schon geht es los – wie? In diese kleine Schleusenkammer sollen wir rein passen? Bei wenig Licht sieht alles ganz anders aus. Das Schleusen klappt und beim Auslaufen haben wir dann ähnliche Probleme wie beim Einlaufen, dann sind wir aber durch und „auf der freien See“ (…na ja, dem Isjlemeer halt).
Das kurze Stück nach Makkum und das Makkumfahrwasser machen wir fast schon mit links. Gegen Montagmorgen, 01:00 Uhr machen wir in der Huttingwerft fest und brauchen noch eine Stunde, um vom Adrenalin-Streß zur Bettruhe zu kommen.
Trotz aller Hindernisse, Ärgernisse und sicher auch teilweisem Unvermögen. Wir haben unser Ziel in 2 Tagen geschafft. Und Ziele erreichen ist das, was zählt!
Peter, mit Freigabe durch den Kommunikationsoffizier Heidi.