Die (wie auch immer definierte) Insel DJERBA im mittleren Osten von TUNESIEN ist sicherlich das touristische Zentrum des Landes. Einziger Grund dafür: Die schier endlosen Sandstrände der Insel. Schon vor vielen Jahrzehnten kamen findige Projektentwickler auf die famose Idee, riesige Hotelanlagen direkt an den Strand zu setzten und darin alles anzubieten, was westliche Touristen so brauchen könnten.
Denn außerhalb der Hotelanlagen gab und gibt es auf DJERBA kaum etwas zu sehen, zu erleben, zu erfahren.
In der heutigen Zeit sind eine ganze Reihe dieser Bettenburgen gar nicht mehr im Betrieb und rotten völlig ungenutzt in der kargen Landschaft vor sich hin. Andere, insbesondere die von großen Hotelketten, befinden sich, jedenfalls dem äußeren Anschein folgend, in einem guten Zustand. Jetzt, Anfang April ist die Saison sicher noch nicht im vollen Gange. Vermutlich um Ostern herum kommen endlos viele Fluggäste nach DJERBA um sich am Strand oder Pool die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen.
Gut für uns.
Die erste Station auf DJERBA führt die aus drei Autos bestehende Reisegruppe an einen Palmenstrand in der Nähe von AGHIR. AGHIR ist eher eine Ansammlung von Hotelanlagen denn ein richtiger Ort. Der nächste echte Ort heißt MIDOUN und ist nur fünf Kilometer entfernt. Der Stellplatz liegt gerade so eben an der Grenze von unbewohntem Gebiet zu einer Apartmentanlage. Weiter Richtung Norden reiht sich dann ein Großhotel nach dem anderen an den noch winterlich anmutenden Strand. Müll gar nicht mal so viel, aber Seetang in rauen Mengen. Einige Hotelverantwortlichen haben bereits damit begonnen den vor dem Hotel liegenden Strand zu reinigen. Obwohl wirklich gar nichts los ist werden die Strände von finster dreinschauenden Gestalten mit schwarzen Jacken auf denen groß „SECURITY“ zu lesen ist bewacht.
An einem Bade im Meere ist allerdings noch nicht zu denken. Draußen zu viel Wind, darin zu Kalt und das Wasser direkt am Strand unappetitlich voller Seegras. Nicht gerade einladend für Luxus gewöhnte Planscher.
Mit den Rollern ein Ausflug nach MIDOUN, der Ramandan scheint kein Ende zu finden und die unsichtbare Handbremse ist auch hier immer noch angezogen. Der aktuelle Fahrer fährt die Strecke bereits zum zweiten Mal. Am Tag zuvor hat er versucht frisches Fleisch zu jagen. Alles, wirklich alles fest verrammelt und zu. Nur ein mitten in der Landschaft stehender Minimarkt offen und darin wird gefrorenes Geflügel, Machart Cordon Bleu erbeutet. Na ja.
Während des MIDOUN Ausflugs tags darauf mit der aktuellen Beifahrerin erschließt sich dem Schreiberling der Reiz von irrsinnig vielen Souvenir- und Krimskrams Shops einfach nicht. Dabei bemüht er sich doch so sehr! Kaffee und Tee für 4 TDN. Geht doch.
Nach zwei Nächten wird sich in ein echtes Hotel vorholt. Das MONARQUE DAR JERBA ZAHARA hat sicher schon bessere Zeiten gesehen und vor einigen Jahren ein paar Tennisplätze still gelegt und als Camperstop hergerichtet. Duschen, WC´s, Waschmaschine und ein Gemeinschaftsraum. Wirklich klasse. Auch, das man natürlich die verschiedenen Hotelpools mit benutzen darf. Luxus, das extra zu bezahlende Buffet am Abend stellt sich allerdings als eher durchschnittlich heraus. Es wäre schlicht ein Albtraum, hier in dieser Anlage zwei Wochen als Flugtourist gefangen zu sein.
Hauptgrund hierher zu kommen ist allerdings nur die nicht besonders frisch aussehende Waschmaschine, die weder über künstliche noch sonst jede Intelligenz zu verfügen scheint. Die Laufzeiten der Waschprogramme schwanken unvorhersehbar zwischen 10 und 180 Minuten. Das dauert, sorgt aber auch dafür das hier ein weiterer Tag verbracht wird um die ganzen Berge von frisch gewaschener Wäsche auch wieder trocken zu bekommen.
Das ist schon OK so, denn die Autos stehen sicher und trocken. Da kann man doch von hier aus die Inselhauptstadt HOUMT SOUK mit den Rollern erkundet! 20 km Küstenstraße dauern mit den kleinen Motorrollern etwas über eine halbe Stunde, aber der Verkehr ist dafür sehr akzeptabel.
Kaum die Roller bei der türkischen Moschee geparkt, spricht uns ein gut gekleideter Herr mittleren Alters an. Gesprächseröffnung wie immer, „woher“, „wohin“. Wie ein Touristenjäger sieht der Mann nicht aus, also lassen wir uns auf ein Gespräch ein. Er sei Mathematikprofessor und habe 13 Jahre in Stuttgart gelebt. Vier Kinder. So weit, so freundlich. Dann die Ansage was man in TUNESIEN unbedingt kaufen müsste: Datteln, Olivenöl und Gewürze. Letzteres selbstverständlich nur beim richtigen Händler. Nur der habe die richtigen Gewürze.
Alarmstufe Gelb.
Direkt danach Rot, als er uns den Weg zum Besten Gewürzhändler am Platze zeigen möchte.
OK, das war es dann mal wieder.
Nein, danke, wir möchten lieber die Stadt alleine erkunden. Sofort versteht der Mann, verabschiedet sich und verschwindet in einer Sekunde. Ein wenig Zweifel bleibt. Vielleicht war das wirklich ein ganz normaler Lehrer der sich freute mal wieder deutsch sprechen zu können und uns nur was gutes tun wollte?
Nun, der Mann ist weg und wir machen uns auf den Weg. Gegenüber der türkischen Moschee fällt eine Menschenschlange die bis auf die Straße reicht auf. Das „HOTEL DU FINANCE“ ist das Finanzamt und die Leute müssen zum Monatsanfang ihre Steuern entrichten.
Das ist insofern lustig als das uns bisher endlos viele illegale Tankstellen am Wegesrand aufgefallen sind, die geschmuggeltes lybisches Benzin und Diesel verkaufen. Die zahlen mit Sicherheit keine Steuern. Irgendwann fliegt so eine „Tankstelle“ bestimmt auch mal in die Luft? Meist arbeiten mit den vielen giftigen Kanistern und Flaschen alte Männer, doch manchmal sieht man auch Teenager, die damit hantieren.
Kaum an der Altstadt (Medina, Markt oder was auch immer) von HOUMT SOUK angekommen werden wir zum zweiten Mal angesprochen.
Hey, erkennt ihr mich nicht? Ich bin Ali und arbeite als Security in eurem Hotel. Kommt, ich zeige euch die Altstadt!
Klar, so eine doofe Anmache setzt den inneren Touristenjägeralarm direkt auf Rot. Höflich, mit einem Lachen, aber sehr bestimmt „Nein Danke“ erwidert und schon verschwindet der Touristenjäger wieder in der Menge auf der Suche nach willigeren Opfern. Dieses extrem schnelle Verständnis ist echt viel angenehmer als in MAROKKO.
Es ist Mittagszeit und auf dem örtlichen Fischmarkt werden gerade noch die Reste des Tages angeboten. Auch die Gemüsemarkthalle ist schon fast verwaist. Direkt an den Markthallen gibt es ein Restaurant bei dem man seinen Fisch oder sein Fleisch selbst mit bringen muss. Deren Koch grillt dann das mitgebrachte tote Tier und liefert dazu Brot, Kuskus, Suppen und Gemüse. Der soeben gekaufte und auf dem Tisch liegende Fisch ist aber für den Abend vorgesehen, das kann der Servierer irgendwie gar nicht verstehen. Überhaupt ist der Laden offenbar nicht auf Touristen ausgelegt. Das ist gut. Alte Touristenregel: Immer hübsch da essen wo die Eingeborenen essen.
Der Witz bei solchen Dingen ist ja immer das man sich am Ende des Tages doch irgendwie verkaspert vorkommt. In einem gut besuchten Cafe zahlen wir eine Stunde später für einen Kaffee und einen Tee mehr als für das zuvor sättigende Mittagessen für zwei, inklusive Wasser und Cola. Eigentlich scheiß egal, doch die aktuelle Beifahrerin will allen ernstes von Kassierer wissen, ob das jetzt der besondere Touristenpreis sei, bis der aktuelle Fahrer und im Herzen auch Beschützer eben jenen ihr schnell das Wort abschneidet. Wir fangen hier mal gar keinen Ärger an.
Auf keinen Fall.
Ursprünglich war noch ein weiterer Strandplatz auf DJERBA vorgesehen, aber die Gruppe ist sich schnell einig das man doch mal wieder was ganz anderes sehen sollte.
Also weiter.
Peter.