Tunesien: Ausreise

Eigentlich war der Ab- bzw. Ausreisetag sehr gut geplant. Von befreundeten Wohnmobilfahrern die zwei Wochen zuvor TUNESIEN verlassen hatten, sogar gut gebrieft.

Warum also stuft der im Allgemeinen so selten richtig zufriedene Schreiberling diese Ausreise als absolute Katastrophe ein?

Schwimmendes Hochaus im Hafen von LA GOULETTE, TUNESIEN

Weil:

1) er es zum Kotzen findet wenn tunesische Beamte in wenigen Minuten das ansonsten sehr gute Bild von ihrem Land und ihren Leuten massiv beschädigen

2) er vor Wut platzen könnte wenn westeuropäische Unternehmen für stinknormale Dienstleistungen ein Heidengeld aufrufen und im Gegenzug dann absolut saumäßig abliefern

Nur wer Lust auf Reisescheiße hat sollte weiter lesen, ansonsten besser diesen wirklich negativen Beitrag einfach übersehen.

Man achte auf den nagelneuen MERCEDES Sprinter auf dem Autotransporter – Kaputt. Rücktransport.

Zwei Tage vor planmäßiger Abfahrt informierte die italienische Fährschiffsreederei GNV per eMAIL darüber das sich die Abfahrt der GNV FANTASTIC aus TUNIS verzögern würde. Statt 1. Mai 2025 2200 nun also 2. Mai 2025 0100. OK, nicht schön, nun mitten in der Nacht, aber immerhin gut das man Bescheid weiß.

Entsprechend angepasst sind die Check-In Zeiten. Nun muss man sich seine Fahrscheine im Hafenbüro zwischen 1600 und 2100 abholen. Denn in der Tat braucht man bei GNV Fahrscheine um weiter zu kommen, Buchungsbestätigungen o.ä. reichen nicht aus.

Und so nimmt das Übel seinen Lauf:

a) Von GNV zu verantwortende Korruption:
Auf der öffentlichen Straße vor dem GNV Hafenbüro lungern eine Reihe von selbst ernannten Führern oder hier besser Assistenten herum. Sie bieten Hilfe an, sagen aber natürlich nicht was sie dafür wollen und worin genau ihre Hilfe eigentlich besteht. Lehnt man dieses Angebot ab, lassen diese Menschen einen auch schnell in Ruhe.
Also Auto an der Seite parken und mit allen verfügbaren Unterlagen, Dokumenten und etwas Geld zum Hafenbüro. Unverfehlbar weil um 1615 eine Menschenschlange bis auf die Straße steht. Ungefähr 30 oder 40 gleichgesinnte Personen.
Vor einer schmalen Tür, offenbar dem Eingang zum Büro, stehen zwei Kerle mit gelben GNV Westen und regeln den Zutritt. Wenn ein zukünftiger Passagier heraus kommt, darf einer aus der Warteschlange hinein.
Doch merkwürdiger Weise geht es oft in der Warteschlange einfach nicht weiter, obwohl doch Menschen das Büro verlassen?
Behält man also die Tür und die beiden Kerle mal genauer im Blick stellt man fest, das diese rein durch Blickkontakt und Gesten mit den selbst ernannten Führern kommunizieren, die mit „Kunden“ im Schlepptau einfach mal die Warteschlange umgehen und von den beiden GNV Kerlen an der Warteschlange vorbei ins Büro gelassen werden.

MV CATANIA beim Wenden im Hafen von LA GOULETTE, TUNESIEN, ohne Schlepper

Unverschämtheit, dreist und eine fristlose Kündigungen unbedingt erfordernd.

Geld sieht man keines fließen, aber abgerechnet wird sicherlich nach Schließung des Check-Ins.

Ist man dann selbst im Büro am Schalter angekommen und überreicht seine ausgedruckte Buchungsbestätigung sowie die Reisepässe bekommt man innerhalb von 3 Minuten seinen Fahrschein. Aber nur wenn

a.1) man 20 TDN für was auch immer bezahlt:
Der schlechte Witz daran: Auf dem überreichten offiziellen Fahrschein steht am Ende, die erst bei genauerem Studium zu erkennende Gebühr von 14 TDN. Wechselgeld bekommt man selbstverständlich nicht. Die 6 unterschlagenen TDN landen vermutlich in der Kaffeekasse?

Unverschämtheit, dreist und eine fristlose Kündigungen unbedingt erfordernd.

a.2) eine Verzichtserklärung unterzeichnet:
Offenbar hätte man bei dieser Verspätung bereits Anspruch auf Schadensersatz nach EU Recht. Per Unterschrift lässt sich GNV bestätigen das man darauf verzichtet und trotz Verspätung mit fahren möchte. Juristisch vermutlich 1A, moralisch für´n Arsch.

Selbstverständlich wird GNV diese TUNIS Praxis kennen und womöglich sogar damit spekulieren um super miese Gehälter zu zahlen. Würden die GNV Leute ordentlich bezahlt, würden sie ja wohl kaum korrupt sein und eigentlich gute Jobs aufs Spiel setzten?

Instruktionen wie es nun weiter geht, wohin man zu gehen oder zu fahren hat bekommt man selbstverständlich nicht. Also doch ein Fall für selbsternannte Führer?

b) Tunesische (Hafen)Beamte:
Vorweg: Wir waren sechs Wochen im Land unterwegs und sind durchweg auf freundliche, hilfsbereite und seriös wirkende Regierungsmitarbeiter gestoßen. Nur im Hafen von LA GOULETTE (TUNIS) wird dieses sehr positive Bild nahezu zerstört. Nur auf diesen einen Ort bezieht sich der Ärger.

Will man nach dem GNV Check-In in den Hafen zur Pass- und Zollkontrolle fahren steht man auf dem Schlauch. Keine offiziellen Schilder, keine Anweisung.

Nun, mit zwei Ehrenrunden gelingt es die richtige Einfahrt zu nehmen (dazu gleich mehr) und am Eingang zum Hafen zur Umkehr aufgefordert zu werden. Was in der engen Zufahrtsstraße mit Gespann gar nicht mal so einfach ist aber natürlich routiniert gelingt.

MV GNV FANTASTIC, rückwärts einparken im Hafen von LA GOULETTE, TUNESIEN

Richtig geht es so:
Steht man vor dem GNV Hafenbüro und blickt auf die Eingangstür, muss man links von diesem Gebäude auf einen großen Parkplatz fahren. Die Zufahrt geht direkt von der Bürostraße ab, sieht alles sehr nach Hinterhof aus. Die zwei Wochen zuvor ausgereisten Freunde berichteten von fremden Menschen, die wild am Auto herum fummeln um irgendwelche Schlupflöcher für eine illegale Passage zu finden. Keine Spur davon heute. Vermutlich gerade keine Schleusertruppe unterwegs?

Da steht man dann so lange herum bis GNV Mitarbeiter in gelben Westen auftauchen und einen zur eigentlichen Hafeneinfahrt lotsen. Die Einlasskontrolle am Hafen ist nicht der Rede wert, auch danach weisen unzählige GNV Gelbwesten gut den Weg.

Erste Station im Hafen ist dann die Passkontrolle bei der Grenzpolizei und damit die formale Ausreise. Die Fahrspuren und Bürocontainer sind zwar so gebaut das man ohne auszusteigen die Pässe dem Beamten übergeben könnte, doch wird man offenbar in der Regel so eingewiesen das man doch aussteigen muss.
OK, der Job ist scheiße: Pass entgegen nehmen, Pass auf das Lesegerät schieben, warten das der Computer OK gibt, Stempel in den Pass rein hauen und Pass zurück geben. Roboterarbeit. Die Polizisten die hier arbeiten scheinen im Gegenzug ein intensives Training im unfreundlich sein bekommen zu haben?

Egal, ist halt so und auch schon erledigt.

Weiter geht es mit einer kleineren, durch GNV Gelbwesten organisierte Rallye durch den Hafen zum Zoll. In einer ebenfalls überdachten Halle kommt KNAUSi samt TENDER TO KNAUSi zum stehen und wieder weiß man nicht was passieren wird.

Zunächst fällt auf, das hier, in diesem offiziellen, gesicherten Hafenbereich schon wieder selbst ernannte Führer und Assistenten herum lungern und ihre zweifelhaften Dienste anbieten. Wie kann das bloß sein?

Kommt ein älterer Herr in schäbiger grüner Uniform und will die Pässe sowie die Einfuhrbescheinigung des Autos sehen. Griffbereit. Auf die Rückseite der Einfuhrbescheinigung schreibt der neutral auftretende Beamte Romane und will dann die im Reisepass vermerkten zwei Motorroller sehen. Anhänger auf, Blick rein und gut ist. Eine vom Prozess her ja wohl durchaus notwendige Überprüfung der Fahrgestellnummern der Motorroller findet nicht statt. Wie doof kann ein Staat sein?

GNV FANTASTIC, Festmachen im Hafen von LA GOULETTE, TUNESIEN

Doch nun kommt der Knaller:
Mit Pässen und romanveredelter Einfuhrbescheinigung muss man zu einem am Rande befindlichen Bürocontainer laufen und sich einen weiteren Stempel im Reisepass abholen. Da ist natürlich eine kleine Menschenschlange und man hat so genug Zeit den Vorgang und die Umgebung zu beobachten.
Links vom Bürocontainer, unübersehbar, ist eine sehr kleine wilde Mülldeponie. Unzählige (mehrere hundert?) ausgefüllte Ausfuhrbescheinigungen liegen da im Dreck herum. Betritt man den Bürocontainer ist man verdutzt. Kein Computer, eigentlich bis auf einen kleinen runden Tisch und einen Stuhl gar keine Einrichtung. Auf dem Stuhl sitzt ein gelangweilt rauchender nicht uniformierter Beamter, klappt den Reisepass auf, wirft einen Blick auf die Einfuhrbescheinigung, stempelt den Pass und fügt handschriftlich das Kennzeichen auf den Stempel hinzu. Das war es schon.

Er behält die Einfuhrbescheinigung. Dieses so wichtige Dokument wird vermutlich später im neben an befindlichen OpenAir Archiv im Dreck landen? Die Pässe gibt er ohne aufzublicken, völlig teilnahmslos zurück und wieder weiß man nicht wie es weiter gehen wird.

„Eigentlich“ darf man in TUNESIEN die Landeswährung TUNESISCHE DINAR weder ein- noch ausführen. Kontrolliert wird das nicht. Wie sollte das auch gehen?

Zurück am Auto passiert erst mal gar nichts. Kein weiterer Beamter taucht auf, keine GNV Gelbweste.

Vor KNAUSi stehen eine Reihe von überzüchteten Motorrädern deren Fahrer sich auf einmal fertig machen und weiter fahren.

Hinterher!

Auf einmal sind auch wieder GNV Gelbwesten zu sehen. Diese sorgen dafür das alle Autos sich sauber in Dreierreihe an der Pier aufstellen. Motorräder zuerst, dahinter PKW´s und dahinter alle Arten von Sonderfahrzeugen.

Es ist kurz nach 1800.

Die GNV FANTASTIC kommt zwei Stunden später. Die erste entladenden Autos sieht man eine weitere Stunde später.

Gegen 2200 kommen vier finster drein blickende schwarz uniformierte Zollbeamte und kontrollieren erneut die Pässe sowie die Fracht im Anhänger. Keinen Meter weiter gefahren.

KNAUSi wird gegen 0230 geladen. Ob der sehr späten Stunde ist des KNAUSi´s Fahrer selbstverständlich extrem genervt.

Es fällt auf das die anderen beiden Fahrspuren wesentlich schneller voran kommen. Ganz wie an Supermarktkassen. Nur in Echt jetzt. Was machen die denn da an der Laderampe? So extrem langsam kann doch keine verspätete Autofähre beladen werden?

Die Erkenntnis reift erst in letzter Minute, bis man selbst dran ist.

Für jede Fahrspur steht hier nochmals ein (!) schwarz bedresster Zollbeamter der das Fahrzeug nun wirklich mal ernsthaft untersucht. D.h. alle Türen auf, auf alle möglichen Verstecke für Flüchtlinge untersuchen. Jetzt erst. Mitten in der Nacht. Es ist schlicht so das der Zollbeamte für des KNAUSi´s Fahrspur ganz besonders pingelig ist und unglaublich langsam arbeitet. Pech.

Kaum erhält man die Erlaubnis zum Weiterfahren rückt man sehr geschwind auf die ansonsten völlig leere Laderampe vor und wird schon wieder von diesmal gleich vier Personen gestoppt. Ungünstige Parkposition, so im schrägen auf der steilen Laderampe.
Schon wieder eine Inspektion. Der eine fragt immerhin ob des KNAUSi´s Fahrer bitte Türen öffnen könnte, der andere öffnet ungefragt die beiden Hecktüren, hängt sich halb ins Bett und lässt die beiden Türen baumelnd offen zurück.

Für eine Sekunde verliert des KNAUSi´s Fahrer die Fassung und macht den vermeintlich blöden Kerl an. Was denn das hier jetzt soll? Logisch, der so angemachte reagiert sehr ungehalten ob der unwirschen Ansprache. Gut fünf Minuten wird KNAUSi samt Anhänger auf der Laderampe untersucht. Bevor die Erlaubnis zur Weiterfahrt gegeben wird will der zuvor angemachte wissen, welches Problem der aktuelle KNAUSi Fahrer mit ihm habe?

Des KNAUSi´s Fahrer hat sich natürlich wieder im Griff, entschuldigt sich und gibt zu verstehen das er (der angemachte) sicher nur seinen Job mache und auch nichts für die Situation könne.
Der ist mit dem schnellen Einlenken sehr zufrieden und erklärt (jetzt erst) das die vierer Truppe „Ship Security“ sei und alle Fahrzeuge nochmals auf blinde Passagiere untersuche. Denn wenn später ein illegal Reisender gefunden würde, wäre dafür der Fahrer verantwortlich und der würde dann sehr, sehr große Probleme bekommen.

Aha.

Merke:
Der Hafen von TUNIS ist zwar ein Sicherheitsbereich mit Zutrittskontrolle für normale Reisende, aber Flüchtlinge und sonstige Illegale haben scheinbar beliebigen Zutritt so das eine Fahrzeuginspektion weit vor Ladebeginn keinen Sinn macht. Leicht irre, aber nicht so ungewöhnlich. Die Guten werden drangsaliert, die Bösen haben Freispiel.

Durch nun asiatisch aussehende Einweiser wird KNAUSi samt Anhänger auf das höchste verfügbare Autodeck gelotst. Ungewöhnlich. Das ist bis auf drei Fahrspuren natürlich schon rappelvoll. Der völlig teilnahmslose letzte Einweiserknirps bedeutet dem aktuellen Fahrer einfach falsch herum in der Fahrspur stehen zu bleiben.

Was soll denn der Scheiß?!

Versteht der Einweiserknirps natürlich nicht. Aber nicht wegen der Sprache sondern weil er riesige Ohrstöpsel trägt um dem Lärm der massiven Lüftungsanlage etwas entgegen zu setzten.

Spätestens jetzt ist es Zeit zu resignieren, einfach mal aufzugeben. Na und, dann fährt KNAUSi eben in GENUA als letztes vom Dampfer, wenn alle PKW´s weg sind und gewendet werden kann. Scheiß drauf, aber so was von!

Des KNAUSi´s aktueller Fahrer hat ja schon einige Beladungskonzepte für Autofähren erlebt, einige gar bestaunt. Aber diese völlig planlose, wohl auch hirnlose GNV Nummer hier im Hafen von TUNIS, um nahezu 0300, sprengt jegliche Norm. Wieso zahlenden Passagiere? Maximal sprechende Fracht.

Der Kerl der einem dann endlich die Chipkarten für die Kabine aushändigen soll ist zunächst unabkömmlich da mit seinem mistigen Smartphone beschäftigt bevor er sich mühselig der sprechenden Fracht zuwenden kann und die richtigen Chipkarten heraus sucht. Nicht unbedingt ein Kündigungsgrund, aber Abmahnung auf jeden Fall!

Als die Kabinentür endlich zufällt ist des KNAUSi´s aktueller Fahrer nicht etwa erledigt sondern so was von auf 180+ das er die gesamte Einrichtung zertrümmern könnte. Was ja wirklich sehr doof wäre, neben dem zu erwartenden Ärger hätte er ja auch kein Bett mehr um endlich beruhigt einzuschlafen.

Die aktuelle Beifahrerin hingegen ist schlicht und einfach still, saumüde und versteht zu diesem Zeitpunkt einmal mehr ihren Lebenslangen Begleiter nicht so richtig.

Der sich selbst ja auch nicht.

Wie kann er es zulassen das sechs gute Wochen TUNESIEN in weniger als 24 Stunden so einen Schaden nehmen?

Ausbuchen, abhaken, ignorieren.

Denn wie ein kluger Motorboot Skipper einmal zum aktuellen Fahrer sagte: „Wenn Du es nicht ändern kannst, kooperiere“

Ach, wenn das mal so einfach wäre!

Peter.

P.S.: Sehr geholfen bei diesem miesen Beitrag hat SUPERTRAMP mit ihrem wahrlich grandiosen LIVE IN PARIS (1979) Konzert. Was für eine fantastische Spielfreude. Was für ein Verlust das diese genialen Deppen sich kurz darauf fürs Leben zerstritten haben!

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