Insel GAVDOS, Teil 2 Kirchenfest

Kurzausflug auf die Insel GAVDOS, mit ohne Wohnmobil, in vier Akten:

1) Anreise
2) Kirchenfest
3) Inseltour
4) Abreise

Teil 2: Das Kirchenfest von GAVDOS

Alles braucht einen Aufhänger.

Alles braucht eine Legitimation.

Alles braucht einen Grund.

Und wenn man für ein großes Fest auf der kleinen Insel GAVDOS einen Anlass braucht, dann nimmt man offenbar gerne das alljährliche Kirchenfest der CHAPEL OF ST. GEORGE, das am 3. November eines jeden Jahres gefeiert wird.

Der Priester von St. George auf GAVDOS segnet das Brot

Sicher, es wird am frühen Morgen tatsächlich ein sehr ernst genommener Gottesdienst in der kleinen Kapelle im Wald abgehalten, aber am Ende ist es wohl die gesellige Zusammenkunft, die diesen Tag für alle Einwohner und Gäste so besonders macht.

Die kleine Reisegruppe kommt zu spät zum Gottesdienst, nicht alle mitzunehmenden Buspassagiere kommen pünktlich zum Treffpunkt an der Taverne und der Kapitän wartet geduldig.

Dem Anstand von ahnungslosen Touristen geschuldet hält sich die kleine Reisegruppe etwas entfernt von der Kapelle auf. Aus der offenen Tür ertönen die unerkannten Worte eines männlichen Predigers und in einer Art Gegenrede der strophenweise Gesang einer einzelnen Frau. Beide Stimmen bleiben so lange unsichtbar, bis sie vor die Kapelle an einen mit reichlich Brot bedecken Tisch treten. Dort segnet der Priester das vermeintliche Brot, später wird es sich als eine Art köstlich süßen Kuchen zu erkennen geben.

Die vollständig in grün gekleidete singende Frau ergänzend routiniert die Ansagen des Predigers und tupft ihm immer wieder liebevoll dessen Schweißperlen von seiner Stirn oder rückt seine prächtige Robe zurecht.

Dieser so edel gekleidete Prediger ist offenbar reich an Jahren, doch durchaus in der Lage, die Segnungszeremonie vor der Kapelle auf eigenen Beinen zu absolvieren. Tapferer Mann, noch tapfere grün gekleidete Frau, denn auch sie ist nicht mehr die jüngste.

Merke: Hinter jedem starken Mann steht eine noch viel stärkere Frau.

Stille währens des Gottesdienstes

Den Blick in die Kapelle werfen wir erst, als dort freie Bahn ist und wir niemanden im Wege stehen. Der Raum ist sehr schlicht gehalten, in einer Ecke wird, wie üblich in allen Kirchen der Welt, Geld gesammelt. Optisch kann man die Mitglieder der kleinen Kirchengemeinde gut von den anderen anwesenden Inselbewohnern und Gästen unterscheiden: Sie alle sind etwas älter und sie alle tragen ihr feinstes Sonntagskleid.
Der Kapitän, eher in Alltagskleidung, geht auch kurz in die Kapelle, bekreuzigt sich und gut ist. Wie viele andere auch. Pragmatisch religiös könnte man das wohl nennen.

Während der kirchlichen Zeremonie treffen immer wieder neue Menschen ein, doch man vernimmt nur ein leises Gemurmel der Masse und kann die Predigt und den Gesang weithin gut hören.
Kaum ist der Gottesdienst vorbei hebt sich der Geräuschpegel merklich und die zahlreichen in den Startlöchern befindlichen Helfer beginnen mit ihren Aktivitäten: Der Fischer heizt die Pfanne auf dem großen Gasherd vor und paniert die vielen kleinen mitgebrachten Fische, nebenan wird köstlicher Reis in einem riesigen Topf gekocht. Es gibt Brot, Salat, Kuchen, Weiß-, Rose und Rotwein, Raki, aber auch Wasser. Später legt noch einer der Tavernenbetreiber auf der Insel köstliche Souvalki und Schweinekottlets auf den Holzkohlegrill.

Köstlichkeiten, so weit das Auge reicht. Köstlichkeiten, so viel der eigene Magen vermag.

Lecker Fisch, muss nur noch gebraten werden!

Schon zur frühen Stunde müssen viele fleißige Helferlein Tische und Bänke für die Gäste aufgestellt haben. Gebaut aus Kisten, Bohlen und Platten. Einfach, aber sehr zweckmäßig und doch unglaublich aufwendig. Schließlich liegt die kleine Kapelle irgendwo weit ab vom Schuss im Wald und alles muss erst mal hier her gebracht werden, bevor es aufgebaut werden kann.

Dieses Fest ist für alle!

Egal ob Bewohner, Tourist oder gestrandeter Strandbewohner. Jeder, der etwas möchte, bekommt es auch. For free. Das ist insofern erwähnenswert, als alles auf der Welt immer irgendwann irgendetwas kostet. Doch hier und heute nicht. Gute Leute geben was sie haben und verlangen nichts dafür. Das ist gut zu erleben. Ab und zu gesellt sich der Kapitän zu uns und fragt nach dem Befinden oder erläutert das ein oder andere. So gebe es normalerweise auch Musik, doch die beiden Musiker hätten vor zwei Tagen wegen CORONA abgesagt.
Musik gibt es aber dann doch noch, denn einige der Bewohner und gestrandete Strandbewohner bringen ihre Instrumente mit und spielen auf. Ein Mann spielt lustige Melodien auf einer Art Dudelsack, offenbar bestehend nur aus einem vollständigen Ziegenfell und einer sehr kleiner Flöte. Es herrscht eine sehr entspannte, ausgelassene Stimmung und obwohl viele Wein trinken, bleibt es ruhig und beschaulich.

An unserem Tisch lernen wir die junge Insellehrerin kennen. Sie ist erst seit zwei Jahren auf der Insel, vorher hat sie in ATHEN unterrichtet. Schüler hat sie im Moment genau zwei. Da sie hier alleine unterrichtet ist sie gleichzeitig auch Schuldirektorin, das ist wichtig, weil sie dadurch etwas mehr Gehalt bekommt. Die vom Staat bezahlte studierte Lehrerin hat in etwa 1.400 Euro im Monat zur Verfügung. Hier, auf GAVDOS reiche das durchaus für Miete und Unterhalt aus, aber sie wollte offenbar auch gerne auf dieser kleinen Insel Leben und kann so das eine mit dem anderen gut verbinden.

Dudelsack auf Griechisch, eine ganze Ziege?

Eine ihrer Schülerinnen ist mit ihren Eltern auch da. Das kleine Mädchen kennt offenbar jeden Einwohner, läuft beherzt von Tisch zu Tisch und unterhält sich gut. Ihre Eltern haben sich sehr schick heraus geputzt. Wir lernen, das ihr Vater der Busfahrer der Insel ist. In der Saison kutschiert er hauptsächlich Touristen auf der Insel herum, daneben fährt er aber auch den Schulbus. Für zwei Kinder.
Die Mutter betreibt im Sommer eine Taverne, später hören wir von anderen, das sei mit Abstand die Beste auf der ganzen Insel. Natürlich wollen wir von ihr wissen, ob sich deutschen Touristen gut auf der Insel benehmen. Freundlich sagt sie, das man mit den deutschen eher keine Probleme habe. Griechen und Italiener würden allerdings nicht immer verstehen, das es an diesem entfernten Ort nicht alles gebe.
Nicht nur von dieser Frau, auch von anderen Tavernenwirten haben wir bereits gehört, das die Arbeit in der Sommersaison sehr anstrengend sei. Den Winter brauche man tatsächlich um wieder zur Ruhe zu kommen. Alle Wirte sind selbstständige Unternehmer. Selbst und Ständig. Von Sonnenaufgang bis weit nach Sonnenuntergang.

Mittlerweile ist es später Nachmittag geworden und der Kapitän möchte aufbrechen. Wir fahren mal lieber mit, denn zu Fuß wäre der Weg zu weit. An der heimatlichen Taverne angekommen unterweist der Kapitän die aktuelle Beifahrerin in dem Gebrauch des kleinen tags zuvor mitgebrachten Motorrades. Schließlich ist sie ja die Expertin für zweiräderige Fahrzeuge aller Art. Das Teil hat eine Halbautomatik, will heißen, man muss zwar mit dem Fuß die Gangschaltung bedienen, aber keine Kupplung betätigen. Der Weg vor der Taverne bis hoch zur Straße ist nicht geteert, eher eine üble Sandpiste für ein ordentliches Offroad-Training. Entsprechend langsam wird geübt, das ist auch dem Kapitän sehr recht.

Kapitän gibt aktueller Beifahrerin Motorrad-Einweisung

Nach ein paar Tips für die Tour am nächsten Tag verlässt der Kapitän die kleine Reisegruppe, die wiederum sammelt aus ihrem Zimmer geschwind ein paar Strandsachen ein und ab geht es ans Meer. Der Weg dahin ist etwas schwierig, führt über Stock und vor allem Stein, doch dann offenbart sich ein wahres Sandstrandparadies mit bizarren Bäumen, immer mal wieder Felsen aber auch echtem Sand bis ins tiefe Wasser hinein.

Schon klar warum hier viele gestrandete Strandbewohner leben!

Besser geht es kaum. Hier und da kann man fest aufgebaute Zelte unter den Bäumen erkennen, aber Menschen sind an diesem späten Nachmittag kaum zu sehen. Die werden wohl noch alle auf dem Kirchenfest sein?
Das Bade im Meere ist einmal mehr so sehr herzlich erfrischend, das man dieses wunderbare türkise Mittelmeerwasser am liebsten einpacken und mit nach Hause nehmen möchte.

Später, beim Abendessen in der Taverne fällt auf, das hier kaum etwas los ist. Logisch: Entweder wird an der Kirche auch in die Nacht hinein gefeiert oder die gestrandeten Strandbewohner haben sich dort tagsüber so satt gegessen, das sie keinen weiteren Nahrungsnachschub benötigen.

Rundum zufrieden kehrt die kleine Reisegruppe auf ihr Zimmer bei SOFIA zurück. Mittlerweile hat sich herausgestellt, das noch drei andere Zimmer vermietet sind und jedes eine eigene Terrasse hat, auf der man gut in der frühen Nacht sitzen kann. Kaum Licht umzu, grandioser Blick auf den Sternenhimmel. Weit entfernt hört man das Wummern des Generators. Sonst ist es absolut still.

Magisch.

Peter.

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