Tunesien: El Haouaria

Bevor es vorwärts geht, geht es ein Stück zurück.

Wer weiß schon was vor einem liegt?

Zurück liegt die Stadt SOLIMAN und da gibt es mit Sicherheit mehrere Reifenreparierer. Auf der Hinfahrt haben wir den Ort „dank“ Ortsumgehungsstraße gar nicht zu Gesicht bekommen, nun also mitten hinein und direkt an der Hauptstraße einen „Reifendienst“ gefunden:

Kleine dunkle Werkstatt in die kein Auto passt. Ein großer Kompressor, eine Felgenmaschine und einen Drehstuhl kann man im spärlichen Licht entdecken. Der Mann der den Job machen soll hängt wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf dem Drehstuhl, springt aber bei neuer Kundschaft sofort auf. Ja, ja, den Reifen kann er reparieren. Also das schwere Teil aus dem Anhänger ausladen und in die Werkstatt rollen. Derweil hält ein PKW und legt zwei alte Reifen vor die Tür. Der junge Fahrer sieht die Motorroller im offenen Anhänger und meint, die seien ja so schön, ob die wohl zu verkaufen wären? Lachend: Nein, nein!

Einkaufen in SOLIMAN

Der Werkstattmann hat ein anderes Reparaturpatent als sein Pendant in PORTUGAL. Statt das Loch in der Reifendecke von außen, ohne Demontage des Reifens von der Felge zu reparieren, nimmt er das Rad auseinander um von innen an die Schadstelle heran zu kommen. Das Gummi der Decke von innen mit einer Fräse aufgeraut, blaue Vulkanisierflüssigkeit großflächig verteilt und dann einen ca. 5cm großen Flicken von innen aufgeklebt und mit einem Schraubenschlüssel klopfend fixiert. Viel aufwendiger als in PORTUGAL aber irgendwie ist diese „Flicken von Innen“ Methoder vertrauenswürdiger. Erinnert schwer an Fahrradflicken.

Die beiden Maschinen wirken relativ neu, vermutlich irgendein Chinaimport. Für eine einfache Dreiersteckdose hat es offenbar aber nicht mehr gereicht. Es gibt nur eine Steckdose in der Wand und so muss der Werkstattmann andauernd den Stecker wechseln. Nun, manche Dinge müssen offenbar eben so sein wie sie nun mal sind.
Nach ca. 40 Minuten ist der Job erledigt, der Mann verlangt und bekommt unverhandelt 70 TDN, also etwas mehr als 20 € für die Reparatur eines Reifens, der 220 € kostet.

Einmal in der Stadt noch schnell am Straßenrand Gemüse und Hühnerfleisch für den Abend einkaufen und jetzt endlich ab nach Norden!

Wassertanken

Unterwegs, etwas abseits der Straße noch mal Wasser getankt. Eine große Brunnenanlage liefert kostbares Wasser aus 300 Metern Tiefe (jedenfalls so verstanden). Unzählige Wasserlaster kommen hier vorbei um Wasser aufzunehmen und es dann an alle zu verkaufen die keine eigene Wasserversorgung haben. Die Händler müssen natürlich für das Wassertanken bezahlen. Wir nicht. Wir bekommen es mal wieder geschenkt. Der Wächter freut sich über die geschenkte Packung Zigaretten. Der Tip stand in PARK4NIGHT und kommt wirklich gut an.
Das Ding ist nur: Der alte Mann hat mit dem Rauchen aufgehört. Macht nix, der kennt bestimmt noch einen echten Raucher 😉

Wenn man sich etwas Mühe gibt kann man die meisten Ortsnamen in Tunesien sogar selbst aussprechen. Bisher werden Ortsnamen immer in beiden Schriftarten ausgeschildert, doch nimmt man Landkarten (gedruckt, elektronisch) dazu muss man sich auch mal mit „alternativen Ortsnamen“ auseinander setzten. EL HAOUARIA wird dann auch mal in PARK4NIGHT „HAWARIA“ genannt, was bekanntlich ehemalige Segler gar nicht lustig finden können.

EL HAOUARIA befindet sich ganz im Norden der Halbinsel BON und man kann auf beiden Seiten des Ortes das umgebende Mittelmeer sehen. Irgendwie haben es die tunesischen Straßenbauer hin bekommen, keine direkte Straße in diesen gar nicht mal so kleinen Ort zu bauen und so wollen sämtliche Navigationssysteme ca. 2km Abkürzung über verwegene Feldwege nehmen. Die meidet man wohl besser und nimmt den „Umweg“ in Kauf, das „Bitte Wenden“ des elektronischen Rechenknechtes genervt ignorierend.

Fels am Hafen von EL HAOUARIA

Der erste Stellplatz liegt zwar wie versprochen direkt am Sandstrand, doch zum eine bläst der Wind immer noch äußerst unangenehm in der Gegend herum und zum anderen handelt es sich um den Parkplatz eines Restaurants. Mittags steht ein Reisebus davor, obwohl es ja in den aktuell herrschenden Zeiten des Ramadan jetzt nichts zu Essen gibt. Das mag sich Abends ändern?

Die Alternative am Fischereihafen, nur wenige hundert Meter weiter nördlich kommt da schon viel besser herüber. Mittels geschickt geparkter Wagenburg bleibt der Wind draußen und ab und zu kommt auch die Sonne vorbei.

Wie auch zwei Grenzpolizisten in Zivil in einem PickUp.

Wagenburg am Hafen von EL HAOUARIA

Jedenfalls kann man das wohl unterstellen wenn jemand mit Funkgerät und Pistole die Pässe sehen will. In sehr gutem Englisch werden wir darauf hingewiesen das wir hier tagsüber zwar stehen können, die Nacht aber im Hafen direkt am Polizeigebäude verbringen sollen. Die Gegend sei nicht „klar“ („its not clear here“). Was auch immer das genau bedeuten mag. Ein Blick auf die Landkarte genügt um zu verstehen was hier gemeint sein könnte. Von hier aus führt der kürzeste Seeweg nach Italien (Sizilien, Pantelleria, Lampedusa) und den werden Menschenschlepper für ihre miesen Geschäfte zu nutzen wissen. Aber wohl nicht in diesen Tagen. Der starke Nordost Wind bläst seit Tagen und wühlt das Mittelmeer gewaltig auf. Nicht ein Fischer verlässt den Hafen.

Nach gemeinsamen Abendessen in der Wagenburg vorholt sich die Reisegruppe wie angeordnet in den Hafen und findet dort auf Anhieb reichlich ebenen Stellplatz. Obwohl nun die Zeit des Fastenbrechens ist (erst nach Sonnenuntergang darf gegessen und getrunken werden) kommt ein Polizist vorbei und bittet um einen Zettel mit Namen, Passnummern und Nummernschildern aller Reisenden. Der ist schnell angefertigt und ins Büro gebracht. Die Nacht verläuft, wie bisher alle in Tunesien, äußert ruhig.

Peter.

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