PENDRAGON: THIS GREEN AND PLEASENT LAND

Aufmerksame Blogleser/innen wissen, der Schreiberling hat seine Liebe zu einer für ihn neuen Band namens PENDRAGON auf der LORELEY im Sommer 2024 entdeckt.

Hiermit eröffnet der Schreiberling eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ausgesuchten PENDRAGON Texten. Den Anfang macht ein astreiner, ein geradezu prophetischer Protestsong von PENDRAGON aus dem Jahr 2011 mit dem Namen THIS GREEN AND PLEASENT LAND in dem im Kern behauptet wird, man dürfe seine Meinung nicht mehr sagen.

Ohne die einzelnen Musiker von PENDRAGON in irgend einer Weise herab setzten zu wollen, Sänger und Gitarrist NICK BARRETT ist seit Jahrzehnten der Kopf des Ganzen, bestimmt die musikalische Richtung der Band und schreibt deren vorzügliche Texte.

Nick Barrett, PENDRAGON

Es gibt, so ist zu vermuten, nur wenige Musiker die ihr Instrument (in diesem Fall eine wahrhaft spielfreudige elektrische Gitarre) und ihr exzellentes Hirn (für den Text) so zusammen bringen, das das Arbeitsergebnis eines solchen Menschen sehr wertvoll für seine Umwelt wird. Dem Schreiberling fällt in dieser Königskategorie auf Anhieb eigentlich nur DAVID GILMOUR, PRINCE und der leider viel zu früh gestorbenen GARRY MOORE ein.  

Und seit der LORELEY 2024 eben NICK BARRETT.

Der Mann, nur wenig älter als man selbst, schafft es Zeit seines Schaffens, nicht nur emotional packende Harmonien in fantastisch guter Musik zu verdichten, sondern auch noch kluge Texte dazu zu schreiben und höchstpersönlich absolut überzeugend vorzutragen. Texte, die einen, wenn man denn wirklich zuhört, sehr, sehr tiefgründig zum Nachdenken, zum DARÜBER nachdenken anregen.

Unerklärlich das der Schreiberling diesen Song bisher nicht kannte. THIS GREEN AND PLEASENT LAND von PENDRAGON (erschienen auf der LP PASSION, 2011) ist musikalisch eine absolute Glanzleistung und textlich so brutal hart im Ausdruck der gefühlten Wahrnehmung unserer westlichen Gesellschaft, das einem Angst und Bange wird, wenn man seinen Gedanken ausweglos ernsthaft folgt.

2011. Aus völlig anderen Gründen das schwierigste Jahr im Leben des Schreiberlings.

Der Schreiberling versteht, was der Künstler mit THIS GREEN AND PLEASEN LAND sagen will. Dem Schreiberling sehr nahe stehende Menschen und einzelne Nachbarn denken mittlerweile genau so. Der Schreiberling sympathisiert durchaus mit den in diesem Lied getroffenen Aussagen. Doch er weigert sich hartnäckig diese als gegeben, als für immer manifestiert, als unabänderlich hinzunehmen.

Denn es ist (noch lange nicht) nicht so!

Wir ALLE im Westen können sagen, was wir wollen. Punkt.

Wir im Westen leben nun mal in der schwierigsten aller bekannten Gesellschaftsformen. Kein großer langfristiger Plan, kein großer Bestimmer, auf & ab, vor & zurück bestimmen unseren Fortschritt. Ein wirklich kluger OTTO Manager (Dr. Rainer Hillebrand) sagte einmal in einem Vortrag: „Wir irren uns nach oben“. Oben, da sind wir global betrachtet ohne jeden Zweifel mit unserer westlichen, super komplizierten Gesellschaftsform.

Und dennoch beschleicht uns alle mit zunehmenden Alter offenbar das Gefühl, das wir nicht oben bleiben werden. Das alte, wertvoll im Sinne des Wortes, Werte nichts mehr zählen, das das mühevoll erreichte durch „die Jugend“ und/oder „die da oben“ verspielt wird.

Nur so lässt sich NICK BARRETTS Text zu THIS GREEN AND PLEANSENT LAND verstehen.

Nick Barrett, PENDRAGON

Hier zunächst eine mit maschineller Hilfe angefertigte eigene Übersetzung von THIS GREEN AND PLEASENT LAND:

==================== SCHNIP / SCHNAP =======================

(01) Unser Land besteht aus den gepflasterten Gassen von London,
(02) den Täler von Wales, den Gezeiten von Devon.
(03) Aufgebaut auf hart erkämpfter Freiheit, Ehre und Stolz.

(04) Es scheint verrückt zu sein,
(05) wir sind wieder hilflos wie Babys geworden.
(06) Warten nur auf jemanden oder etwas,
(07) das uns beim geringsten Schmerz aus der Patsche hilft.

(08) Mein Großvater Michael Barrett bekam einen Granatsplitter in den Hals.
(09) Onkel Ken war Pfarrer in Burma und kam als lebendes Wrack zurück.
(10) Onkel John war ein Major in der Armee und strandete an der Küste von Dünkirchen.

(11) Ihre Aufopferung kann ich nicht begreifen.
(12) So viele haben sich selbst aufgegeben
(13) und am Ende werden so viele fallen.

(14) Es ist nicht mehr legal zu sagen, was ich denke,
(15) weil ich nicht an die Gesetze der Scharia glaube.
(16) Aber ich kann ehrlich sagen, dass wir alle unsere Werte verschwenden!

(17) Können wir bitte diesen ganzen Wahnsinn stoppen, bevor es zu spät ist?
(18) Niemand übernimmt Verantwortung, aber jeder will ein freies Leben auf dem Silbertablett.
(19) Man kann die Tür schließen, das Licht ausschalten,
(20) seinen Kopf tief in den Sand stecken.
(21) Doch der Niedergang weht über dieses grüne und angenehme Land.

(22) Ist das wirklich das wohin unsere Leidenschaft geht?
(23) Ist das wirklich das wohin unsere Energie fließt?

(24) Ich erwachte am Weihnachtstag,
(25) aber Weihnachten ist ein Wort, das ich nicht mehr sagen darf.

(26) Ist das wirklich das wohin unsere Leidenschaft geht?
(27) Ist das wirklich das wohin unsere Energie fließt?

(32) Die Krankenhäuser sind nur noch ein weiteres Geschäft,
(33) wie auch die Gerechtigkeit und die Gesetze unseres Landes.

(34) Ein alter Kriegsheld erfriert allein in seiner Wohnung,
(35) während Brutish Gas und ihre Aktionäre immer reicher und fetter werden.

(36) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(37) Ist das wirklich das wohin unsere Leidenschaft geht?
(38) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(39) Ist das wirklich das wohin unsere Energie fließt?

(40) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(41) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(42) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(43) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!

(44) Jeder hört, aber niemand hört zu,
(45) Empathie, oh Empathie, oh, oh!
(46) Die Robotermenschen mit Roboterantworten,
(47) die Invasion der Leichendiebe ist endgültig da.
(48) 10:58 Wootton Bassett, jeden Dienstag fliegt dieses Flugzeug direkt über meinen Kopf,
(49) weil ich keine Medikamente gegen Nierenkrebs bekomme, liegt mein Leben in den Händen von etwas namens „Nett, wie nett“

(50) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(51) Ist das wirklich das wohin unsere Energie fließt?

(52) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(53) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(54) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!
(55) Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg!

(56) Nimm nur was Du brauchst!
(57) Nimm nur was Du brauchst!
(58) Nimm nur was Du brauchst!
(59) Nimm nur was Du brauchst!

(60) Nimm nur was Du brauchst!
(61) Nimm nur was Du brauchst!
(62) Nimm nur was Du brauchst!
(63) Nimm nur was Du brauchst!

==================== SCHNIP / SCHNAP =======================

Diese Übersetzung drückt, so glaubt der Schreiberling ohne jede einzelne Zeile tatsächlich zu durchdringen, schon sehr gut aus, worum es NICK BARRETT 2011 ging.

Dreizehn Jahre später ist dieses sehr ungute Gefühl in unserer westlichen Gesellschaft nicht verschwunden, sondern eher noch viel stärker geworden. Doch statt frontal dagegen anzugehen und gemeinsame Lösungen zu finden, suchen offenbar viele einfach nach „dem starken Mann“ der alles wieder in Ordnung bringen würde während wir uns komfortabel zurück lehnen können.

Doch „starke Männer“ hatten wir in unserer europäischen Geschichte schon genug, das Ergebnis war jedes Mal katastrophal.

PENDRAGON

Das absolut geniale an NICK BARRETTS Text zu THIS GREEN AND PLEASENT LAND sind aber wohl die zwei vermutlich fassungslos gestellten Fragen im Refrain:

(aa) Ist das wirklich das wohin unsere Leidenschaft geht?
(bb) Ist das wirklich das wohin unsere Energie fließt?

Genau das ist das Ding!

Sind die berechtigen Fragen zu LGBTQ, Gendern, Veggieday und (vor allem) Religion für die Mehrheit der Menschen in Europa wirklich Lebensbestimmend oder lenken sie uns nur ab von dem, was uns wirklich wichtig ist?

Sind das wirklich die Themen, in die unsere ganze Energie, unsere ganze Leidenschaft fließen sollte?

MARILLION hat fünf Jahre Später 2016 in „LIVING IN FEAR“ von „WHAT A WASTE OF TIME“ im Zusammenhang (u.a.) mit der BERLINER MAUER gesungen.

Genau darum geht es.

Es geht einfach um eine unglaubliche Zeitverschwendung auf unserem irrigen Weg nach oben oder viel besser auf unserem Weg nach vorne in eine Zukunft, die diesen Namen auch verdient.

Es hilft unserer Gesellschaft sicher nicht, einfach nur davon zu laufen, wie NICK BARRETT singt: „Nimm nur was Du brauchst und mach Dich auf Deinen Weg“. Der zweite (instrumental) Teil des Stückes klingt wie eine Wanderung über Stock & Stein, der Jodler am Ende assoziiert, man sei in der Schweiz angekommen. Wenn man das Jahre später geführte Interview mit ihm liest, kommt man zu dem Schluss, das er mittlerweile doch nicht so schwarz sieht, so schwarz fühlt, wie er damals sang. Das ist gut.

Unsere Gesellschaft lebt vom Diskurs, von der Diskussion, von 1.000  und mehr verschiedenen Meinungen und Ansichten. Dadurch ist unsere Gesellschaft stärker als jede Diktatur, jede Autokratie oder jede Monarchie dieser Welt.

Wenn wir uns von unseren (in der Anzahl ja tatsächlich SEHR WENIGEN real existierenden Menschen) Gegnern auf angeblich unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten und auf Spaltung der Gesellschaft reduzieren lassen, dann sind wir nur mal eben wieder kurz auf dem Holzweg.

Kein Problem.

Nur (etwas) Zeitverschwendung.

Wir irren uns nach oben.

Da ist nichts schlimmes dran.

Dauert länger, ist aber gerechter, nachhaltiger und folgerichtiger als alle anderen möglichen Wege.

Peter.

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