Neben den drei Tagesberichten und dem PENDRAGON Spezialbeitrag hier eher eine Art Zusammenfassung des vierzehnten HRH Prog Festivals in GREAT YARMOUTH (UK) vom 17. bis 19. Oktober 2024.
OK, zu dieser Jahreszeit und in dieser Gegend verbieten sich Open Air Bühnen, aber ob die Disko des Campingparks PARKDEAN RESORTS VAUXHALL HOLIDAY PARK eine gute Bühne für Rockkonzerte bietet, kann nach in Augenscheinnahme wohl durchaus hinterfragt werden. Sehr ungünstiges Breite/Längen Verhältnis des Raumes, viel zu niedrige Deckenhöhe, die Bühnenscheinwerfer erfüllen fast niemals ihren Zweck. Oft hat man den Eindruck die Bands spielen im dunklen und das Publikum wird ausgeleuchtet.
Die bedauernswerte HEATHER FINDLAY haut sich an einem dieser sehr niedrig hängenden Scheinwerfer denn auch ordentlich den Kopf ein und stürzt zu Boden als sie ihr kleines Set aufbaut. Ob es wirklich hilft, die Teile danach mit gelben Warnband zu bekleben?
Direkt vor der Bühne etwa 40 mal 20 Stühle, dahinter Stehfläche und dahinter dann ein Podest für weitere Stühle, extra zu bezahlen. Auf dem Podest ist man allerdings schon recht weit weg von der Bühne, sehr unsinnig da zu sitzen.
Der Veranstalter „Dark Watch BVI Limited“ ist durchaus auch eine Erwähnung Wert. OK, immerhin gibt es einen Veranstalter, der sich ausschließlich um „special intrest“ Konzerte bemüht. Das ist schön.
Weniger schön ist das der Laden wohl aus steuerlichen Gründen in „Trident Chambers, PO Box 146 Road Town, Tortola, British Virgin Islands, VG1 110“ residiert. Hoffentlich werden wenigstens die auftretenden Musikern einigermaßen anständig bezahlt wenn schon im Heimatland keine Steuern gezahlt werden?
Oft hat man allerdings den Eindruck, das die Musiker hier nur spielen, um auf neue Veröffentlichungen oder den Verkauf von Fanartikeln hin zu weisen. Klar, das Geld für den eigenen Lebensunterhalt fällt auch bei Künstlern nicht vom Himmel und von irgendwas müssen sogar diese leidenschaftliche Musiker leben, wollen oder müssen sie sich ausschließlich ihrer Musik widmen. Nur ist dabei die Grenze zur Selbstprostitution schnell überschritten.
Finden im übrigen auch Tony und Steve.
Am ersten Tag saßen wir nebeneinander auf den Stühlen des hinteren Podests, zufällig dann am nächsten Tag in der zweiten Reihe direkt vor der Bühne. Die beiden scheinen dicke Freunde zu sein und nahezu jede Band auf dem Festival zu kennen. Und obwohl sie PENDRAGON auch sehr gut finden, gehen sie am zweiten Abend dann später lieber zur Nebenbühne um THE HAYLEY GRIFFITHS BAND zu sehen. Selektiver Musikgenuss. Tony zeigt sich am dritten Tag ein wenig besorgt das dem Schreiberling nicht so viel gefällt und ist dann doch erleichtert zu erfahren das eben jener bereits fünf neue CD´s käuflich erworben hat.
Später ergibt sich ein Gespräch mit Lindsey. Ob der Schreiberling denn der Deutsche sei, den NICK BARRETT gestern erwähnt hätte. Jawohl. Lindsey war vergangene Woche in MÜNCHEN um den seiner Meinung Besten Deutschen Gitarristen live zu sehen: AXEL RUDI PELL sagt dem Schreiberling tatsächlich was, denn ein neuer Freund ist Hardcorefan und wollte dessen Musik schon immer mal in die Ohren des Schreiberlings bringen.
Nun, das hat bisher noch nicht geklappt.
Lindsey gefällt auch nicht alles auf diesem Festival. Dabei ist er extra aus Schottland mit Bahn und Bus angereist und braucht für die Rückfahrt am Sonntag voraussichtlich den ganzen Tag. Zehn Jahre älter sieht er milde darüber hinweg, das der Schreiberling keine seiner Heldenbands vergangener Jahre kennt.
Vielleicht sind es diese Begegnungen mit anderen Männern fortschreitendes Alters die der Musik wegen weite Wege in Kauf nehmen, die den Schreiberling aktuell so faszinieren. Menschen, die man sonst nie kennen gelernt hätte. Erlebnisse, Eindrücke und Einblicke, die man nicht gewonnen hätte, bliebe man zu Hause auf dem Sofa. Als unbedingter Liebhaber von progressiver Rockmusik ist man zwar nicht per Definition einsam, aber gleichgesinnte Menschen trifft man in der Tat eher selten. Massiv hingegen auf solch einschlägigen Festivals. Um so bedauerlicher, das WiV ENTERTAINMENT die NIGHT OF THE PROG auf der LORELEY nicht mehr ausrichten möchte.
Klassiker:
In der eigenen Bubble fühlt man sich halt am wohlsten. Bestätigung von Gleichgesinnten tut gut. Gemeinsam für oder gegen eine Sache sein, gemeinsam gutes erleben. Ob das nun um Musik geht, Filme, politische Überzeugungen oder freie Meinungsbekundung.
Durch das immer fragwürdiger werdende Internet findet in diesen Tagen jeder seine Blase, fühlt sich da wohl und lässt unbewusst irgendwann nichts anderes mehr zu. Keine andere Musik, keine andere Meinung.
Dabei ist es bei Musik doch so einfach. Diese kleinteilige Einteilung in eine Million verschiedene Stilrichtungen ist doch nur was für bescheuerte Erbsenzähler die keine eigene Emotionen haben.
Es gibt tatsächlich nur zwei Arten von Musik:
Die eine, die einen nach wenigen Sekunden so packt das man krampfhaft nach dem Lautstärkeregler sucht um voll aufzudrehen und die andere, die man so über sich ergehen lassen kann, darf und/oder muss. Und selbst bei letzterem kann es durchaus mal passieren das man völlig überrascht was neues tolles entdeckt und erkennt, das der eigene Tellerrand nicht das Ende der Welt ist, das das eigene Erfahrungsgefängnis nicht notwendiger Weise mit zunehmenden Alter immer enger werden muss, das andere Meinungen durchaus wertvoll sind. Nur durch Kontroversen entwickelt sich die Welt weiter.
Auf Musik gemünzt: Vermutlich waren daher die wahren Rockbands vergangener Tage auch so besonders erfolgreich. Zwischen Musikern muss es auch mal krachen. Blöd nur, das es bei den meisten Bands zu viel gekracht hat und hervorragende Musiker schließlich getrennte Wege gingen.
Nun denn, zurück zum HRH Prog Festival.
Auch wenn man jede genauere Einteilung von Musik in Kategorien verweigert, ist die Bezeichnung „Prog“ für dieses Festival schon eindeutig ein Etikettenschwindel. Zu viele einfache Rockbands aus vergangenen Tagen, zu viel ähnliche Musik. Und insgesamt vielleicht einfach auch zu viel Musik in drei Tagen: 4+10+14=28 Bands, wer soll die alle verarbeiten?
Das Personal war jederzeit extrem freundlich und hilfreich. Beim CheckIn war sogar schon der Weg zum Stellplatz in die Übersichtskarte eingezeichnet. Es gab eigentlich auch Security, aber hätten in unserem Land wohl schnell ihren Job verloren. Keinerlei Untersuchung auf unerlaubte Gegenstände oder gar Waffen. Erst daran merkt man, wie sich unsere einstmals sehr freie Gesellschaft Stück für Stück zurück entwickelt und die sehr wenigen Idioten dieser Welt uns langsam aber sicher einpferchen.
Eine Eintrittskarte kostet 100 Pfund, nicht zu viel verlangt. Vielleicht, eher höchstens, 1.000 Besucher. Plus Umsatz aus Übernachtung, Getränke, Verpflegung und Fanartikel. Gar kein so kleines Geschäft. Nach diesem Muster veranstaltet „Dark Watch BVI Limited“ noch einige andere Events übers Jahr. Das Programm für das HRH Prog Festival 2025 ist denn auch schon bekannt. Topband ist dann ASIA, eine, für eine ganz kurze Zeit mal wenigstens, absolute Supergroup aus dem vergangenen Jahrhundert. Kein Grund, hier noch mal hin zu kommen. Mal sehen, was in späteren Jahren noch so aufgeboten wird?
Auch wenn sich vielleicht ein leicht negativer Eindruck beim Lesen dieser Zeilen ergeben mag: Das HRH Prog Festival war ein wirklich guter Ausflug, die noch junge Liebelei zu PENDRAGON konnte bestätigt werden und zwei neue Bands wurden auch noch entdeckt.
Gar nicht mal so schlecht!
Peter.