Wenn man auf der Suche nach oberflächlichen „Problemlösungen“ im technischen Umfeld ist, sollte man sich mal um das Thema BLUETOOTH AUDIO CODEC kümmern.
[IRONIE OFF]
Man kann Tage damit verbringen annähernd identische Aussagen auf hunderten verschiedener Internetseiten zu lesen, ohne das eigentliche Problem zu lösen. Dafür hat man aber wenigstens jede Menge Werbung gesehen!
Und wie immer, wenn im Internet technische Probleme mit platten Dünnpfiff Erklärungen abgetan werden, muss man sich eben selbst durchbeißen um entweder zu einer Lösung oder wenigstens zu einem fundamentalen Erkenntnisgewinn zu kommen.
Und genau von letzterem handelt der nun folgende Beitrag.
Der Schreiberling ist geneigt, zunächst über „früher war alles einfacher“ zu referieren, doch das würde wie üblich deutlich zu weit führen. Nur so viel: Wollte man „früher“ Musik in guter Qualität hören brauchte man neben brauchbaren Geräten auch gute Kabel um die Geräte miteinander zu verbinden und das war es dann auch schon. Ach, wie herrlich einfach!
Früher ist also vorbei, jetzt wird Musik digital gehört und die Geräte werden selbstverständlich drahtlos miteinander verbunden. Handy mit Kopfhörer, Handy mit Lautsprecher, Handy mit Verstärker und so weiter.
Üblicherweise wird für diese Funkstrecke die „BLUETOOTH“ (BT) genannte Technologie verwendet. BT eignet sich für allerlei drahtlose Übertragungen, sehr oft wird sie für die Übertragung von digitalen Audioinformationen (also Ton, Musik) verwendet. Allerdings haben die Erfinder dieser Technik offen gelassen, wie genau die digitalen Audiodaten übertragen werden sollen und sogenannte „CODECS“ erfunden.
CODECS sind sozusagen die Verpackung der digitalen Audiodaten. Weil BLUETOOTH prinzipiell bedingt keine hohen Datenraten zulässt, müssen die CODECS die Daten nicht nur verpacken, sondern auch noch komprimieren, sollen sie auf einer drahtlosen BLUETOOTH Strecke übertragen werden.
Als die ganze Geschichte technologisch ins Rollen kam, hat man den einfachen SBC Codec („Low Complexity Subband Codec“) erfunden, damit jeder Hersteller diesen einfach selbst implementieren konnte und so die schnelle Verbreitung dieser Technologie sicher gestellt wurde. Daher verbindet sich im Grundsatz auch viele Jahre später immer noch jedes Handy mit einem Audioausgabegerät per BLUETOOTH -> SBC.
Außer, man will was besseres.
Denn der SBC CODEC kann nur maximal 345 kBit/s bei einer Abtastrate von 48 kHz an Daten übertragen.
Das derzeitige andere (obere) Ende wird mit dem CODEC LDAC bei 990 KBit/s und 96 kHz definiert. Anhand der Werte erkennt man schon: Deutlich mehr und mehr ist hier auch immer besser.
Jedenfalls wenn es das Ursprungsmaterial hergibt.
Üblicherweise wird es sich um MP3 Dateien handeln, nur Nerds nehmen FLAC. Deren Datenraten kann man sich mal ansehen, wichtig ist hier eigentlich erst mal nur der ultimative Maßstab einer Musik-CD mit unglaublichen 1.411 kBit/s. Das war „früher“!
Klar, wenn der Ursprung schon schlecht ist, dann macht der verwendete BLUETOOTH AUDIO CODEC am Ende auch keinen Unterschied. Wobei man sich natürlich auch fragen könnte, ob es wirklich so richtig schlau ist, wenn jede beteiligte Softwareroutine lustig auf den Audio Dateien herum komprimiert, dekomprimiert oder was auch immer?
Doch gerade bei komplexer, dichter und/oder vielschichtiger Musik entstehen bei ihrem digitalen Abbild Berge von Daten, die möglichst unbeschnitten, möglichst wenig verlustbehaftet in der Audiodatei gespeichert werden müssen, will man nicht hörbare Klangeinbußen hinnehmen.
Ein sichtbares Beispiel für diese Problematik gibt es in der digitalen Bildverarbeitung beim streamen von Filmen. Egal in welcher Qualität ein Video gestreamt wird sieht man bei sehr dunklen Bilder immer Artefakte von unterschiedlichen schwarztönen statt einem homogenen Bild. Gleiches Problem: Berge von Daten müssen übertragen werden, vernünftig schafft das derzeit nur eine UHD BluRay, also, man ahnt schon was jetzt kommt: KABELGEBUNDEN!
Nun, hat man vernünftig komprimierte Musikdateien auf seinem Computer und steckt einen kabelgebunden Kopfhörer an, kann nichts mehr schief gehen.
Doch Verbindet man sich via BLUETOOTH zu irgendwas und nimmt den SBC Codec, dann kann man sich recht schnell über miesen, breiigen Sound aufregen, achtet man denn tatsächlich auf die Musik und lässt sie nicht nebenher vor sich hin plätschern.
Viele „schlaue Füchse“ meinen, das stört doch keinen großen Geist! Leute, die bei YOUTUBE in Sauschlechter Qualität ihre Musik hören mag das also nicht treffen. Doch kauft man sich auch im Jahre 2024 seine CD´s noch selbst und digitalisiert diese für den Eigengebrauch, wird der falsche BLUETOOTH AUDIO CODEC schnell ärgerlich.
Das wissen auch die Unternehmen, die sich mit solchen Themen beschäftigen. SONY hat mit LDAC schon mal ordentlich vorgelegt, QUALCOM mit aptX und aptX HD Alternativen angeboten.
Und das führt nun in diesen modernen Tagen zu einem gewissen Chaos zwischen Sender und Empfänger, zwischen Computer und Kopfhörer, zwischen Handy und Kopfhörer, Verstärker, Lautsprecher oder was auch immer.
Ganz offenbar ist es so, das der Empfänger bestimmt, welcher CODEC denn tatsächlich verwendet werden soll. Bei einem guten SONY Kopfhörer ist das natürlich immer LDAC. Doch wenn der Sender (z.B. Handy oder Windows PC) das nicht kann, fällt man eben auf SBC zurück, Hauptsache es ist was zu hören.

In der MICROSOFT Welt eines WINDOWS PC ist das schon echt blöd, aber immerhin lösbar. Denn MICROSOFT bietet in WINDOWS tatsächlich standardmäßig nur SBC an. Doch man kann für nur 8,50 € einen tollen AUDIO Treiber mit Namen „Alternative A2DP Driver“ von der Firma „Luculent Systems“ kaufen. Die namensgebende Abkürzung „A2DP“ ist hier echt verwirrend und steht für „Advanced Audio Distribution Profile“ – kann man aus Vereinfachungsgründen getrost wieder vergessen. Wichtig ist nur, das dieser Treiber WINDOWS ertüchtigt, alle (!) gängigen BLUETOOTH AUDIO CODECS zu verwenden, also „SBC“, „AAC“, „aptX“, „aptX HD“, „aptX Low Latency“ und „LDAC“.
In der ANDROID Welt ist das leider viel, viel komplizierter, weil absolut undurchschaubar und auch nicht lösbar. Grundsätzlich definiert GOOGLE als ANDROID Hersteller welche BLUETOOTH AUDIO CODECS auf dem Gerät zur Verfügung stehen sollen. Offiziell soll z.B. bereits seit ANDROID 8 LDAC unterstützt werden.
Das zweifelhaft spaßige daran ist, das es auf einigen ANDROID Geräten auch funktioniert, auf anderen aber nicht.
Auch hier gibt es wieder „schlaue Füchse“, die das Problem vom ANDROID Sender auf den Empfänger schieben mögen. Tatsächlich ist es aber so, das viele Empfänger (Kopfhörer, Lautsprecher, Bluetooth-Empfänger vor analogen Verstärkern) längst modernere Codecs als „SBC“ unterstützten und die Probleme schlicht auf der Sendeseite liegen.
Sucht man im Internet nach den Ursachen, wird es hier nur noch diffus. Mal ist von Patentrechten die Rede, mal von US Sanktionen, mal von Softwarefehlern, mal von Anwenderdummheit.
Somit muss jeder selbst heraus finden, was genau seine Geräte unterstützten.
Und das macht man dann mal so:
1) ANDROID Handy
2) Einstellungen
3) BLUETOOTH
4) Gerät (z.B. Kopfhörer) verbinden, dann rechts auf das Zahnrad. Taucht dann dort irgendwas von HD Codec und einer der oben genannten Codec-Namen auf, hat man keine Probleme.

Ist dem nicht so, fängt das Theater an:
Man kann kurz noch mal versuchen, ob man in den Entwickleroptionen von ANDROID (Einstellungen -> Über das Telefon -> Irgendwo die „BUILD-Nummer“ der ANDROID Version finden, diese sieben mal anklicken, bis man die Entwickleroptionen frei geschaltet hat, dann darin runter scrollen und die BLUETOOTH Optionen ansehen).
Sieht man dort keinen der genannten CODECS hat man schon verloren.
Sieht man dort einige, kann sie auswählen und bleibt diese Auswahl nach Verlassen der Entwickleroptionen auch erhalten (prüft man in dem man einfach noch mal hinein geht) dann hat man vermutlich gewonnen.
Bleibt die Auswahl nicht erhalten, kann man dem Gerät nur noch die Kugel geben. Denn „eigentlich“ kennt das Gerät ja die besseren Audio Codecs, kann sie aber aus irgendeinem Grund nicht anwenden
Was für ein Schrott.
Und was für ein Lotteriespiel, will man sich ein neues ANDROID Handy, Tablett oder was auch immer kaufen. Kann sein, es funktioniert, kann sein, es funktioniert nicht. GOOGLEt man dieses Problem findet man erschreckend viele neue Geräte, bei denen es Probleme gibt. Der Knaller: Kommt dann irgendwann ein ANDROID Update auf das Gerät, kann es gut sein das damit die besseren Codecs aus unbekannten Gründen verloren gehen. Grundsätzlich sieht ANDROID keinen Downgrade vor, das war es dann also.
Nun dachte der Schreiberling, das er dieses Problem mit Hilfe von LENOVO, dem Hersteller seines YOGA TAB YT-X705F lösen könne. Pustekuchen. Das „an sich“ schöne & gute Gerät taugt nicht für die Musikwiedergabe über BLUETOOTH. Den Allgemeinplätzen des Supports musste man erst mal einen massiven Test entgegen setzten, bis eingestanden wurde, das das Problem bei LENOVO liegt. Aber dennoch nicht gelöst werden wird, weil das Gerät ja „schon“ zwei Jahre alt ist.
Den Beweis für das LENOVO Fehlverhalten mit folgender Testmatrix geführt:
a) Beteilige Geräte:
a.1) Sender:
a.1.1) LENOVO YOGA TAB YT-X705F mit ANDROID 10 (YT)
a.1.2) ULEFONE ARMOR 12 5G mit ANDROID 11 (125G)
a.1.3) ULEFONE ARMOR X11 PRO mit ANDROID 12 (X11)
a.1.4) GIGASET GX6 mit ANDROID 13 (GX6)
a.1.5) DELL 7424 Notebook mit WINDOWS 10 und Alternative A2DP Driver von Luculent Systems (WIN)
a.2) Empfänger:
a.2.1) 1Mii DS500, unterstützt alle bekannten Codecs (SBC, AAC, LDAC, aptX, aptx HD, aptX Low Latency) (DS500)
a.2.2) SONY WH-XB910N unterstützt nur SBC und LDAC (HWX)
a.2.3) CREATIVE IROAR GO unterstützt nur SBC und AAC (GO)
b) SetUp:
Bei allen ANDROID Geräten sind die Entwickleroptionen aktiviert. Das DS500 hat ein Display welches den aktiven Codec und die verwendete Datentransferrate anzeigt.
c) Ergebnisse:
c.1) LDAC:
X11, 125G, GX6 und WIN verbinden sich zum DS500 und HWX mit LDAC und funktionieren einwandfrei.
c.2) YT:
YT bietet alle bekannten Codes in den Entwickleroptionen an, vergisst diese aber sofort wieder bei Verlassen der Entwickleroptionen. YT verbindet sich zu allen Empfängern nur mit SBC, aber das wenigstens funktioniert einwandfrei.
c.3) WIN:
Verbindet sich mit HWX über LDAC. Verbindet sich zum DS500 mit jedem (allen) ausgewählten Codec und funktioniert einwandfrei. Verbindet sich mit GO über SBC und funktioniert einwandfrei. Verbindet sich mit GO über AAC funktioniert aber nicht (stille).
d) Einschätzung:
Es wird so sein, das die Empfänger im Protokoll der Verbindungsaufnahme den Codec auswählen. Da aber das DS500 und der HWX mit **JEDEM** Sender außer dem YT über LDAC funktionieren, muss das Problem ja wohl am LENOVO YOGA TAB YT-X705F liegen denn dieses akzeptiert nur SBC.
Ich habe leider kein anderes ANDROID 10 Gerät im Zugriff um letzte Gewissheit darüber zu erlangen, ob es vielleicht nicht doch „nur“ an ANDROID 10 liegt. Da aber LENOVO eine eigene ANDROID 10 Version für das YOGA TAB bereit gestellt hat, liegt das Problem meines Erachtens so oder so bei LENOVO.
Nochmal:
Einfach ein neues Gerät kaufen ohne es vorher ausprobiert zu haben ist ein Risiko. Und selbst wenn es bei Kauf funktioniert und der Hersteller noch ein, zwei, drei Jahre Updates hinterher schiebt, kann es gut passieren, das die guten CODECS einfach verloren gehen.
Was für ein Scheiß!
Im Ernst: Vielleicht ist ein Kabel doch eine Lösung?
Was die fortschrittlichen Kinder wohl zu so etwas rückständigem sagen?
Peter.

Hallo Peter, excellenter Artikel!
Hier noch eine Ergänzung: Nach Upgrade auf Android 14 verschwand bei meinem Nokia X10 bei den Entwickleroptionen beim Menüpunkt Bluetooth-Audio Codec komplett die Auswahl! Mein Kopfhörer von Sony kann aptx-HD und ldac, verband sich aber nun nur noch über aptx-HD. Im Menüpunkt Abtastrate und Bits pro Sample jeweils auf „Systemauswahl“ schalten, plötzlich war ldac wieder da!
Also ldac mit 32 bit und 96 kHz.
Gruß,
Olly
Hallo Oliver,
danke für die Ergänzung und das Lob! So lange die Einstellung zur Schnitzeljagd wird, geht es ja noch. Nur doof wenn sie gar nicht mehr möglich ist. Schon merkwürdig, diese Entwicklung. vg Peter.